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Eisiges Blut

Eisiges Blut

Titel: Eisiges Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Masello
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als er zur Tür ging und leise sein Ohr an das Holz legte. Er wusste, dass sich dahinter zwei kleine Räume verbargen, ein Vorraum mit einigen Möbelstücken aus Ahorn sowie ein Schlafzimmer mit einem gewaltigen Himmelbett. Aus dem hinteren Zimmer vernahm er Fitzroys dröhnende Stimme, und dann das leise Schluchzen des Mädchens.
    »Du wirst!«, sagte Fitzroy mit erhobener Stimme.
    Das Mädchen schrie erneut auf, nannte ihn wiederholt Sir und klang, als würde sie sich langsam und argwöhnisch durch das Zimmer bewegen. Eine Vase oder Flasche fiel auf den Boden.
    »Dafür werde ich nicht zahlen!«, rief Fitzroy. Sinclair hörte das Zischen einer Peitsche, die die Luft zerschnitt, und einen weiteren Schrei.
    Er stieß die Tür auf und rannte durch den Vorraum ins Schlafzimmer. Ein barbrüstiger Fitzroy stand in weißen Hosen in der Mitte des Raumes. Ein Hosenträger hing lose herunter, den anderen hielt er in der Hand.
    »Copley, verdammt!«
    Das Mädchen war nackt und bedeckte ihre Blöße mit einem
blutigen Laken. Puder und Rouge waren in einer Flut von Tränen ihr Gesicht hinuntergelaufen.
    »Woher nehmen Sie die Frechheit, hier einzubrechen?«, sagte Fitzroy und ging zu seinen Kleidern, die er auf eine Polsterbank geworfen hatte. »Wo ist John-O?«
    »Ziehen Sie sich an und verschwinden Sie.«
    Fitzroy, dessen Bauch wie ein nasser Sack herunterhing, sagte: »O nein,
Sie
werden verschwinden!«
    Er fummelte in seiner Jacke herum und zog eine versilberte Derringer hervor, eine Waffe von der Sorte, wie ein Falschspieler sie vielleicht benutzen würde. Es hätte Sinclair nicht überraschen dürfen. Das Mädchen erkannte seine Chance und rannte an ihnen vorbei aus dem Raum.
    Der Anblick der Pistole minderte Sinclairs Entschlossenheit keineswegs, sondern stachelte ihn nur noch mehr an. »Sie mieser, fetter Feigling. Wenn Sie mit diesem Ding auf mich zielen, sollten Sie auch vorhaben, es zu benutzen.« Sinclair machte einen drohenden Schritt nach vorn, und Fitzroy wich bis zum Fenster zurück.
    »Das werde ich!«, kreischte er. »Ich werde schießen!«
    »Geben Sie mir die Waffe«, knurrte Sinclair und streckte eine Hand aus.
    Er machte einen weiteren Schritt nach vorn. Fitzroy schloss die Augen und drückte ab. Sinclair hörte einen lauten Knall, der Ärmel seiner Uniform wurde nach hinten gerissen und einen Augenblick später spürte er, wie etwas Nasses am Arm herunterlief. Er stürzte sich auf Fitzroy, Glas knirschte unter seinen Stiefeln. Fitzroy drosch mit der Pistole auf ihn ein, aber Sinclair gelang es, sie zu packen und ihm zu entwinden. Fitzroy wirbelte herum, auf der Suche nach einer Fluchtmöglichkeit, aber wo konnte er schon hin?
    Sinclair hörte John-Os schwere Schritte auf der Treppe. Fitzroy musste sie ebenfalls gehört haben.
    »John-O«, rief er, »hierher!«
    Siegesgewiss blickte er Sinclair an, doch dieser riss ihn in blinder Wut herum, packte ihn am Hosenboden, rannte mit ihm drei Schritte auf das geschlossene Fenster zu und schleuderte ihn durchs Glas. Fitzroy schrie vor Entsetzen, stürzte hinaus und landete mit einem gewaltigen Krachen und in einem Regen von zersplittertem Glas ein Stückchen tiefer auf dem Dach der Wagenauffahrt. Die Pferde einer darunter wartenden Kutsche wieherten vor Schreck.
    Wie versteinert stand John-O in der Tür zum Schlafzimmer, als Sinclair sich umdrehte. Sein blutdurchtränkter Ärmel baumelte lose an seiner linken Seite.
    »Bitte richten Sie Madame aus«, sagte er und schob sich an dem Jamaikaner vorbei, »sie möge mir die Rechnung des Glasers schicken.«
    Beklommen erwarteten Rutherford und Le Maitre zusammen mit mehreren anderen Gentlemen ihn am Fuß der Treppe.
    »Guter Gott, sind Sie angeschossen?«, rief Rutherford aus, als Sinclair die Treppe hinabstieg.
    »Wer war da?«, drängte Frenchie. »War das Fitzroy, dieser Schuft?«
    »Bringen Sie mich zu dem Spital, an dem wir vorbeigekommen sind«, sagte Sinclair. »Jenes in der Harley Street.«
    Rutherford und Frenchie machten verwirrte Gesichter. »Aber das ist für notleidende Damen«, wandte Rutherford ein.
    »Im Sturm ist jeder Hafen recht«, erwiderte Sinclair.
    Diese Nacht, dachte er, war vielleicht noch nicht ganz verloren.

9 . Kapitel 1 .Dezember, 11 : 45 Uhr
    Stundenlang wütete der Sturm und ließ erst am späten Vormittag des nächsten Tages nach. Der beschädigte Kommandoturm war aufgegeben und für den Rest der Reise abgeschottet worden.
    Dr.Barnes hatte dem Schiffsarzt geholfen, die Eis- und

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