Eisiges Feuer (German Edition)
nicht helfen. Sollten ihnen Soldaten entgegen kommen, würden sie kontrollieren, wer dort wanderte.
Kirian trat einen Schritt zurück und zog ein rotes Tuch aus einer Tasche. Das Klirren von Metall war deutlich zu hören, wer immer dort kam, war gerüstet und bewaffnet.
„Freiherr von Hyula“, seufzte Lys, als die Gruppe in Sicht kam. „Er hasst mich.“ Langsam zog er sich die nutzlose Kapuze vom Kopf und griff nach seinem Schwert.
Kirians Gedanken rasten. Eine Faust schien sein Innerstes zusammenzudrücken, als er blitzschnell alle Möglichkeiten durchspielte. Lys würde gegen rund zwanzig schwer bewaffnete Reiter keine drei Herzschläge überleben. Flucht war ausgeschlossen. Während er noch kühne Pläne in Sekundenbruchteilen entwarf und wieder aufgab, schob er das Tuch über seinen Arm.
Der stämmige, graubärtige Mann, der die Gruppe anführte, zügelte plötzlich sein Pferd und starrte auf die beiden einsamen Gestalten vor sich.
„Bei allen Dämonen des Schattenreichs, Lyskir von Corlin! Halb Onur sucht Euch, und Ihr steht hier wie vom Himmel geschickt vor mir!“, rief er zu ihnen herüber. Seine Begleiter zogen augenblicklich die Schwerter und setzten sich in Bewegung. Bevor Lys zu einer passenden Erwiderung ansetzen konnte, holte Kirian mit der Hand aus. Sein Hieb traf Lys so hart im Nacken, dass er bewegungsunfähig zu Boden sackte. Nur weil Kirian sofort zugriff, konnte er Lys davor bewahren, sich das Gesicht einzuschlagen. Binnen eines Momentes vergewisserte er sich, dass Lys noch lebte, lediglich stark benommen war, dann ließ er ihn langsam los und riss den Arm mit dem Tuch in die Höhe.
„Hoi! Ich bin nur sein Beschützer, aber nich’ wahnsinnig!“, brüllte er den überraschten Angreifern zu.
Freiherr von Hyula ritt zu ihnen und musterte Kirian von oben bis unten.
„Warum zieht der Corlin mit nur einem einzelnen Söldner durch die Lande?“, fragte er misstrauisch.
„Woher soll ich’n das wissen? Bin schon lange im Geschäft und hab überlebt, weil ich keine Fragen stelle.“
„Ist er tot?“
„Nee. Hab aufgepasst, edler Herr. Wusst’ ja nich’, wie Ihr den wollt. Umbringen kann man immer, wieder auferstehen lassen nich’. Der schnauft und is’ unverletzt, ich schwöre!“ Kirian zerrte Lys brutal in die Höhe, der zwar sofort wieder zusammensackte, aber dann schwankend auf den Knien verblieb. „Seht, dem is’ nur schlecht. Vielleicht kotzt er gleich, aber daran stirbt es sich nich’. Soll ich das für Euch ändern, Herr?“
Der Freiherr nickte einem seiner Begleiter zu, der vom Pferd sprang und Lys’ Schwert und die anderen Waffen an sich nahm, danach begann er, dem jungen Mann die Hände vor dem Körper zu fesseln.
„Binde ihn an deinen Sattel, Gand, den Genuss, ihn gedemütigt zu sehen will ich möglichst lange auskosten“, befahl der Adlige mit triumphierend glitzernden Augen. Dann wandte er sich wieder Kirian zu.
„Hab ich dich nicht schon mal gesehen?“
„Jeder hat mich schon gesehen!“ Kirian verbeugte sich mit großer Geste. „Von Zalgron bis Rashmind hab ich jede Taverne und jeden Puff besucht und schon zahllosen Herren gedient. Gegen die Rombruger war ich dabei, als Rotznase gegen die Falkner, die Eisenkriege hab’ ich mitgemacht, und seht, ich lebe.“
„Weil du deine Herren verrätst und feige im Stich lässt?“ Einer der Bewaffneten spuckte verächtlich aus.
„Nee, weil ich weiß, wann ein Kampf sinnlos is’. Hätt’ natürlich mit dem da gegen euch antreten können, aber dann wär’n wir jetz’ beide tot, und vielleicht zwei oder drei von euch. Wenn man’s so sieht, hab ich ihm und ein paar von euch das Leben gerettet. Ihr könntet Euch ruhig dankbar zeigen!“
Verblüfft starrten alle ihn an. Dann lachte der Freiherr und zerrte einen Beutel hervor.
„Hier, zwei Bronzestücke für dich. Da du alt und fett werden willst, weißt du sicher auch, wann man schweigen und verschwinden muss?“
„Absolut.“ Kirian verneigte sich ein weiteres Mal, steckte das Geld ein und spazierte pfeifend zwischen den Pferden hindurch, so gelassen und selbstbewusst, als wäre er der Herr der Straße. Schon bald war er außer Sicht verschwunden.
„Komischer Kerl. Vielleicht hätte ich ihn anheuern sollen, was denkst du, Gand?“
Der Soldat hatte inzwischen Lys auf die Beine gezwungen und band dessen Fessel um den Sattelknauf. „Hm, ich seh den lieber von hinten, Herr. Söldner sind ein Volk für sich, loyal nur so lange, bis ihnen jemand mehr
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