Eisiges Feuer (German Edition)
Leiche wird man mich nicht allzu reich entlohnen!“
Ich weiß noch nicht wie, aber du wirst dafür bezahlen! Lys beschloss, sich ohnmächtig zu stellen und kippte seitlich weg. Den Soldaten war es gleichgültig, ob er tapfer und aufrecht alles ertrug, wie ein Wickelkind heulte oder bewusstlos war, also wozu weiter anstrengen? Grobe Hände fingen ihn auf, jemand warf ihn sich über die Schulter. Nicht gerade bequem, aber so musste er wenigstens nicht selbst laufen.
„Na, bring mal einer Wasser und was zum Anziehen für die Rotznase hier. Is’ ja alles an dem kaputt“, befahl der Mann, der ihn trug.
„Kein Wunder, mit dem hat der Herr ja auch die Straße gefegt. Sag, Gand, du weißt doch mehr als wir. Was will der Sorala von dem Fürstenbengel?“
„Der Graf will gar nichts, soweit ich weiß, ist nur ’ne Spielfigur für irgendwen Höheres. Wie üblich eben. Mehr weiß ich auch nicht.“
Zu schade …
Irgendwann verlor Lys tatsächlich das Bewusstsein, als die Schmerzen sich plötzlich mit aller Macht zurückmeldeten. Wann immer er in den folgenden Stunden erwachte, schreiend unter der groben Pflege der Soldaten, und später, als er angekettet in einem dunklen, nassen Verlies lag, hatte er nur noch einen Gedanken: Kirian, gib mich nicht verloren …
Alles war ruhig in der Festung von Hyula. Die Wachposten versahen gelangweilt ihren Dienst, alle übrigen schliefen zu dieser späten Stunde. Niemand sah den Schatten, der die glatten Mauern hochkletterte, als wäre es ebener Boden, bis er plötzlich durch ein angelehntes Fenster in den oberen Stockwerken verschwand.
Kirian frohlockte, als er sah, wo er sich befand, nämlich genau dort, wo sein Ziel gewesen war: in einer Schreibstube. Er griff sich Pergament, Feder und Tinte, und schrieb im schwachen Licht des Mondes einige Zeilen, löschte alles mit Sand ab und wartete ungeduldig, bis er das Schriftstück einrollen konnte. Dann nahm er einige wichtige Gegenstände an sich – eine Kerze, ein Wappensiegel, eine neue Schreibfeder – die er teilweise nur durch Tasten in dem dunklen Raum finden konnte, und schlich sich hinaus auf den Gang. Bartolos musste in den obersten Gemächern zu finden sein, da war er sich sicher. Mehrmals verharrte Kirian auf seinem Weg, wenn aus einem Raum Geräusche klangen, einmal auch, als er etwas Weiches an seinem Bein spürte
und sich gerade noch daran hindern konnte, eine Katze umzubringen.
„Nun lauf schon, ich bin keine Maus“, flüsterte er ihr zu. Sie kletterte mit eingezogenen Krallen an ihm hoch und maunzte beleidigt, als er sie nach ein paar Streicheleinheiten zu Boden schubste. „Nun lauf, du Hübsche. Heute Nacht bin ich selbst auf der Jagd!“
Das Schlafgemach des Freiherrn war leicht zu finden, er hatte die Tür mit seinem Wappen schmücken lassen, ein Bär und ein Keiler auf grünem Grund. Lautlos wie ein Schatten huschte Kirian hinein, schloss die Tür sorgfältig ab, dann galt seine ganze Aufmerksamkeit dem schlafenden Mann dort im Bett.
Bartolos hatte allerdings Gesellschaft, wie im schwachen Licht des ersterbenden Kaminfeuers sichtbar wurde – eine Frau schlief an seiner Seite. Seufzend suchte Kirian nach einem zusätzlichen Stück Stoff, nahm schließlich ein leichtes Unterkleid vom Boden auf, das offensichtlich der Frau gehörte. Noch bevor die junge Dame erwachen und aufschreien konnte, hatte Kirian ihr einen Knebel in den Mund gestopft, das Unterkleid so über den Kopf gezogen, dass sie nichts mehr sehen konnte, und zerrte sie aus dem Bett. Auf dem Boden fesselte er sie rasch und beugte sich dann über sie.
„Ganz ruhig. Versucht erst gar nicht, Euch zu befreien, macht Euch am Besten unsichtbar. Wenn ich vergesse, dass Ihr da seid, umso besser für Euch! Mein Ziel ist Euer Gefährte, Ihr habt nichts vor mir zu befürchten, wenn Ihr mir nicht in die Quere kommt.“
Ihr leises Keuchen und Stöhnen verstummte bei seinen Worten, sie lag still, auch wenn sie zitterte. Kirian legte ihr eine Hand auf den Kopf. „Wenn Ihr atmen könnt, nickt einmal. Danach möchte ich Euch vergessen!“
Sie nickte, beruhigt richtete Kirian sich auf, lauschte auf die Bewegungen des Mannes, doch der schlief weiterhin tief und fest. Er warf eine Decke über die Frau und widmete sich dann seinem wahren Opfer.
Bartolos, Freiherr von Hyula, schrak aus tiefem Schlaf und fand sich in einem Albtraum wieder: Jemand hockte auf seiner Brust, ein Tuch war um seinen Hals geschlungen und wurde mit gnadenloser Kraft zugezogen. Er
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