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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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nachdem ich schon angenommen war und meine Studiengebühren und mein Ticket und alles bezahlt waren, hat sie’s sich anders überlegt. Ich wusste, dass irgendwas mit der Gleichung nicht stimmte. Ich wusste es schon, bevor sie ihren Rückzieher gemacht hat. Ich wusste einfach, dass es nicht so gut laufen konnte. Und ich hab Recht behalten. Ich hab die richtige Lösung rausgefunden. Ich konnte bloß nicht wissen, wie ich sie rausfinden würde.«
    »Das ist hart, Perry«, sagte Burke. »Das ist ein echter Hammer. Aber weißt du, es könnte gar nicht schaden, wenn du dir ein bisschen Zeit lassen würdest, um drüber wegzukommen.«
    Der Mann reagierte nicht.
    »Ich wollte an der McGill studieren. Die hatten mir ein Stipendium angeboten, das alle meine Studiengebühren abgedeckt hätte. Ich hätte nur meine Bücher bezahlen und mich selbst verpflegen müssen, und jetzt kann ich das alles in den Wind schreiben. Es war ja gar nicht so, dass sie keine Lust hatte, nach Montreal zu ziehen. Das war nicht das Problem. Sie hat mich sitzen lassen, weil sie mit einem Typen schlief, den ich für meinen Freund gehalten hatte. Sagen wir, mein Freund ist Z. Stanley, mein sogenannter Freund.«
    Burke hatte vielleicht angenommen, er würde Fortschritte machen, indem er den Kerl dazu brachte, über sich und seine Probleme zu sprechen. Aber Perry redete einfach mechanisch daher, ohne jedes Gefühl. Er quakte sich durch die Algebra seiner Leidensgeschichte und war durch nichts abzulenken. Redete, als sei sein Leben nichts anderes als eine mathematische Gleichung. Die Kälte in seiner Stimme, die absolute Emotionslosigkeit ließen Burke erschaudern.
    »Mein Gott, Perry, das wird ja immer schlimmer. Kein Wunder, dass du so fix und fertig bist. Das würde jedem so gehen. Du musst dir ein bisschen Zeit für dich nehmen, Junge. Eine Auszeit, damit du dich von diesen Schicksalsschlägen erholen kannst.«
    »Auszeit. Ich hätte mein Studium schon vor Wochen antreten müssen. Jetzt ist mein Platz weg. Und meine Freundin …«
    »Wie heißt sie?«
    »Margaret. Aber alle nennen sie Peg.«
    »Margaret. Ein irischer Name.«
    Der Junge hörte nicht zu.
    »Die vögelt überall rum«, sagte er, als hätte er das noch nicht erwähnt. »Das bringt einen neuen Vektor in die Gleichung. Sie hat mich schon lange betrogen. Hinter meinem Rücken. Sie sagt, nein, vorher war nichts. Ich kann’s nicht beweisen, aber ich weiß, dass sie lügt. Es ist so ein Gefühl. Alles ist erlogen.«
    Der Junge müsste eigentlich jetzt in Tränen ausbrechen, aber er hat so eine tonlose Stimme, so eine Es-ist-alles-vorbei-Stimme. Bis auf einen Trockner an der hinteren Wand, der immer noch vor sich hin poltert, stehen inzwischen alle Maschinen still. Burke hört mehrere Wagen vorfahren: Endlich kommt die Verstärkung. Plötzlich hat er eine Eingebung, einen Geistesblitz, der einem Mann von der Spurensicherungangemessen war. Er macht eine ausschweifende Geste, die den ganzen Waschsalon einschließt.
    »Hast du sie hier kennengelernt, Perry? Kann es sein, dass du und Margaret euch hier zum ersten Mal begegnet seid?«
    »Eins
plus«,
sagt der Junge grinsend.
    Treffer!, denkt Burke. Endlich kommen wir weiter. Und als ihm dieser Gedanke gerade durch den Kopf geht, dreht Perry die Schrotflinte blitzschnell um, so dass die Läufe sein Kinn berühren, und drückt ab.

12
     
    W as die Arbeit eines Kleinstadtpolizisten interessanter und zugleich frustrierender macht als den Job der Kollegen in der Großstadt, ist der Umstand, dass ein Detective sich mit jeder Art von Verbrechen beschäftigen muss. In einer kleinen Stadt gibt es keine Spezialisten für Gewalt-, Drogen- oder Einbruchsdelikte, hier übernimmt jeder den Fall, den der Detective Sergeant ihm überträgt. Da Cardinal noch wegen des Trauerfalls beurlaubt war und McLeod und Burke gerade ihren freien Tag hatten, bedeutete das, dass Lise Delorme zusätzlich zu ihrer Suche nach einem Kinderschänder jetzt schon wieder einen Selbstmord bearbeiten musste – diesmal in einem Waschsalon, wo es nach Fusseln, heißem Metall und Seifenlauge roch.
    Aber Delorme konnte auch das Blut riechen. Es war zusammen mit reichlich Gehirnmasse bis an die Decke gespritzt, und die Waschmaschinen, gegen die der Mann gefallen war, waren vollkommen mit Blut beschmiert. Die Blutlache auf dem Boden war bereits dunkel und halb geronnen.
    »Heiliger Strohsack«, sagte Szelagy. »Was könnte wohl die Todesursache gewesen sein?«
    Neben Ken Szelagy zu stehen war,

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