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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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nickte lächelnd. Er warf einen Blick an die Decke, dann sah er wieder den Mann an. Er versuchte sich zu erinnern, was er auf dem Polizei-College in Aylmer über Blickkontakt mit verwirrten Personen gelernt hatte. Manche fühlten sich davon bedroht, andere ließen sich dadurch beruhigen. Da er nicht mehr wusste, was für welchen Fall galt, probierte er es mit ein bisschen von beidem.
    »Ich hab heute frei«, sagte Burke. »Und jetzt geben Sie mir Ihre Flinte, mit dem Kolben voraus.«
    »Nein, das mach ich nicht.«
    Die Leute im hinteren Teil des Raums hatten immer nochnichts bemerkt. Wenn Burke dafür sorgen konnte, dass sie den Waschsalon verließen, konnte er ebenfalls gehen und dafür sorgen, dass niemand hineinging, bis seine Kollegen eintrafen. Wo zum Teufel blieben die eigentlich?
    »Hören Sie«, sagte Burke. »Ich werde die anderen Leute bitten, sich zu verziehen. Diese Flinte macht mich ein bisschen nervös, wir wollen doch nicht, dass sie aus Versehen losgeht und jemand verletzt wird, oder?«
    »Meinetwegen. Schicken Sie sie raus und dann machen Sie auch, dass Sie verschwinden.«
    »Hallo, Sie da!« Es war so laut im Raum, dass Burke fast schreien musste. »Hallo, Sir! Ma’am!« Er hielt seinen Polizeiausweis hoch, als könnten die Leute aus der Entfernung etwas darauf erkennen. »Sir? Ma’am? Ich bin Polizist. Ich muss Sie bitten, den Waschsalon zu verlassen. Bitte gehen Sie nach draußen und halten Sie sich vom Gebäude fern.«
    »Was soll das?«, erwiderte der Mann. »Meine Sachen sind gleich trocken.«
    »Gehen Sie einfach nach draußen, Sir. Ich muss das Gebäude sichern.«
    Laut vor sich hin schimpfend hob der Mann einen Rucksack und eine Flasche Eistee vom Boden auf und folgte der Frau, die Burkes Aufforderung bereitwillig beherzigt hatte, nach draußen.
    Burke drehte sich wieder zu dem Mann mit der Flinte um. Eigentlich war der Kerl fast noch ein Junge.
    »Noch einmal: Würden Sie mir bitte Ihre Waffe geben? Kolben voraus.«
    Anstatt zu antworten legte der Mann eine Patrone ein. Burke rutschte das Herz in die Hose.
    »Hören Sie.« Er hob beide Hände. »Ich bin unbewaffnet. Ich hab Ihnen ja schon gesagt, heute ist mein freier Tag. Legen Sie einfach die Waffe weg, dann können wir uns unterhalten.«Unterhalten?
Unterhalten?
Ich bin schon froh, wenn ich auch nur einen vernünftigen Satz zustande bringe, dachte Burke.
    »Gehen Sie raus«, sagte der Mann mit dieser entenhaften Stimme. »Ich hab nicht vor, irgendeinem was anzutun. Nur mir selbst.«
    »Dann sagen Sie mir wenigstens Ihren Namen. Ich meine, wir werden Sie schließlich identifizieren müssen.«
    »Perry«, sagte der Mann. »Perry Dorn.«
    »Ich heiße Larry«, sagte Burke. »Perry und Larry, ist das nicht ein Ding?« Verbündung nannte sich das. Dem Gegenüber eine Möglichkeit der Identifizierung bieten. Wenn er sich eine Zigarette anzündet, zünde dir ebenfalls eine an. Wenn er Pizza essen will, frag ihn, ob er sie mit dir teilt. Mit Verbündung konnte man eine Menge erreichen. Es führte dazu, dass der andere einen als menschliches Wesen akzeptierte, einen sympathisch fand. »Und wo wohnst du, Perry?«
    »Woodruff Avenue. Dreihunderteinundvierzig Woodruff.«
    »Ah ja. Das Gebäude neben dem ehemaligen Bahnhof? Sieht recht gemütlich aus.«
    »Es ist ein Loch.«
    »Wirklich? Würde man von außen gar nicht sagen.«
    »Tja. Erstaunlich, was man von außen alles nicht sieht.«
    »Stimmt«, sagte Burke. »Das stimmt allerdings. Erzähl mir doch ein bisschen von dir. Du wirkst auf mich wie ein zäher Bursche. Wie einer, der was wegstecken kann. Was ist los, Perry? Was hat dich denn so umgehauen? Dein Job? Deine Freundin?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. Angewidert zog er einen Mundwinkel hoch.
    »Wenn ich’s Ihnen sage, verschwinden Sie dann und lassen mich in Ruhe?«
    »Ich kann nicht gehen, solange du mir deine Flinte nicht aushändigst, Perry. Ich würde richtig Ärger kriegen, wenn ich das täte. Aber willst du’s mir nicht einfach erzählen?«
    Der Mann blinzelte mehrmals. Schweiß stand ihm auf der Stirn und lief ihm in die Augen. Es war warm im Waschsalon, aber nicht heiß.
    »Eine Gleichung mit einer Unbekannten. Keine Freundin, kein Job, das sind die gegebenen Werte. Sagen wir, X ist Student. Ehemaliger Student. Ich wollte für mein Hauptstudium an die McGill University gehen. Aber ich wollte nur gehen, wenn meine Freundin mitkäme. Sagen wir, Y ist meine Freundin. Exfreundin. Sie hatte gesagt, sie würde mitkommen, aber dann,

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