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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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richtig? Wie sie Ihr Leben zerstört hat.«
    »Ja, genau. Früher war ich nie so depressiv.«
    In diesem Punkt hatte Bell seine Zweifel gehabt und hatte sie immer noch. Selbstmordgedanken spielten schon lange eine Rolle in Perrys Leben, er hatte schon mehrfach Antidepressiva genommen. Er hatte eine dominante Mutter, eine fähigere Schwester.
    »Haben Sie sich seitdem weitere Gedanken darüber gemacht, wie Sie das ändern könnten? Wie Sie sozusagen den Effekt verstärken könnten?«
    »Hören Sie mal«, sagt Perry, fast mit einem Lächeln. Fast. Perry hat in Dr. Bells Sprechzimmer noch nie gelächelt. »Wäre es nicht eigentlich Ihre Aufgabe, mir das alles auszureden?«
    »Oh, ich möchte Ihnen auf keinen Fall etwas einreden. Meine Aufgabe ist es, Ihnen dabei zu helfen, die Muster zu erkennen, nach denen Sie handeln. Ihre Gefühle zu analysieren.Und Ihnen zu helfen, Alternativen zu diesen Mustern zu finden, mit denen Sie sich das Leben zu schwer machen.«
    »Sie meinen zum Beispiel das Muster, mir Frauen zu suchen, die mich dann sitzenlassen.«
    »Ja, das ist eines Ihrer Muster. Hart ausgedrückt, aber richtig.«
    »Und meine Angewohnheit, alles Gute, das sich mir bietet, kaputtzumachen. Das Stipendium, mein Studium und so weiter und so weiter.«
    »Auch das. Harte Worte, aber wahr.«
    »Wissen Sie, ich denke oft über etwas nach, was Sie mir vor langer Zeit mal gesagt haben. Als ich mit der Therapie angefangen hab. Sie sagten: ›Man kann Glück in der Arbeit finden. Oder man kann Glück in der Liebe finden.‹ Und einige wenige, meinten Sie, wie Filmstars oder so, könnten vielleicht in beidem ihr Glück finden.«
    »Und ich habe gesagt, es ist möglich, ja sogar gang und gäbe, dass man nur in einem dieser Bereiche sein Glück findet. Viele Menschen sind glücklich in ihrem Beruf, aber unglücklich in der Ehe. Oder umgekehrt. Und dennoch führen sie ein erfülltes Leben.«
    »Ja, richtig! Genau das haben Sie damals gesagt. Und Sie haben gesagt, dass es sehr schwer ist weiterzuleben, wenn man weder im Beruf noch in der Liebe glücklich ist. Und vor ein paar Tagen ist mir klar geworden, dass das haargenau auf mich zutrifft. Ich meine, genau darauf läuft es doch hinaus. Ich hab immer gern gelernt, aber ohne Margaret nach McGill zu gehen, sie hier in Algonquin Bay zurückzulassen, ist für mich absolut undenkbar. Das bedeutet, dass ich mein Studium und einen befriedigenden Beruf in den Wind schreiben kann.«
    »Also kein Glück im Beruf.«
    »Genau. Und dann gibt Margaret mir den Laufpass.«
    »Und kein Glück in der Liebe.«
    »Welchen Sinn hat es also für mich, weiterzuleben? Ich meine, wenn man’s mal ganz logisch betrachtet. Ich will ja nicht rumjammern oder Sympathie heischen oder so. Ich sage nur, dass mein Leben keinen Sinn mehr hat. Mir bleibt nichts mehr, woraus ich Glück schöpfen könnte. Für das Glück bin ich ein schwarzes Loch. Was hat es noch für einen Sinn, weiterzuleben? Ich leide doch nur noch.«
    »Auf diese Frage kann ich Ihnen keine Antwort geben, Perry. Das kann niemand. Jeder muss seinem Leben selbst einen Sinn geben. Ich meine, wenn Sie das wirklich wünschten, könnte ich Ihnen alle möglichen Gründe nennen, warum es sich für Sie lohnt weiterzuleben: Sie sind jung, Sie sehen gut aus, Sie sind intelligent, Situationen ändern sich, Wolken verziehen sich, Flutwasser zieht sich wieder zurück.«
    »Sie könnten es mir schönreden, meinen Sie. Und das will ich nicht.«
    »Nein.«
    »Ich will die Wahrheit.«
    »Ich weiß, dass Sie das wollen. Deswegen sage ich, dass Sie mir nicht vorkommen wie jemand, der zu ›feige‹ ist, etwas zu tun. Ich glaube, dass Sie zu allem fähig sind, was Sie sich vornehmen. Letztlich hängt es nur davon ab, ob ein Entschluss, den Sie gefasst haben, wirklich feststeht. Neulich haben Sie nicht abgedrückt, weil Sie nicht wirklich fest entschlossen waren, es zu tun. Margaret hätte gar nicht gewusst, dass es etwas mit ihr zu tun hat.«
    »Stimmt.« Perry sinkt noch tiefer in die Couch. »Nichts kommt bei ihr an, egal, was ich sage oder tue. Ist wahrscheinlich von Anfang an so gewesen. Aber eine Zeitlang hab ich mir eingebildet, es wäre anders. Da hab ich wirklich geglaubt, ich würde ihr etwas bedeuten. Da hatte ich das Gefühl, wirklich zu leben.«
    Während des langen Schweigens, das folgt, schiebt Perry die Hände zwischen die Knie und krümmt sich beinahe zusammen wie ein Embryo. Sein Blick wird leer, und sein Gesicht ist ein einziger Ausdruck der

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