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Eisiges Herz

Eisiges Herz

Titel: Eisiges Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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ihre Tochter. Wer sollte besser geeignet sein, ihre Arbeiten zu sichten?«
    »Ein Fotograf. Jemand, der die ganze Zeit mit ihr zusammengearbeitet hat. Ich finde einfach, du solltest dich erkundigen. Wenn es dann immer noch so aussieht, als wäre ich die am besten geeignete Person, um eine Ausstellung zu organisieren, dann bin ich gern dazu bereit. Es würde mir sogar großen Spaß machen.«
    »Catherine hat immer allein gearbeitet. Sie mochte es nicht, wenn jemand dabei war, während sie fotografierte. Oder wenn sie sich in der Dunkelkammer vergrub.«
    »Bitte, Dad, ruf einfach an und vergewissere dich. Wirwollen doch das tun, was ihrer Arbeit am besten gerecht wird.«
    »Also gut. Ich sag dir Bescheid, was dabei rausgekommen ist.«
    »Es überrascht mich ein bisschen«, sagte Kelly, während sie mit der Hand über den weißen Schubladenschrank fuhr, »dass Mom so gut organisiert war.«
    »O ja. Sie war unglaublich ordentlich und hat immer großen Wert darauf gelegt, alles rechtzeitig fertigzubekommen. Sie mag ihre Probleme gehabt haben, aber zerstreut war sie nicht.«
    »Sie hat alle ihre Kontaktabzüge hier in den Schubladen, säuberlich zusammen mit den Negativen nach Datum abgelegt. Und bei allen Abzügen steht die Negativnummer auf der Rückseite.«
    »Ja, sie konnte sich fürchterlich aufregen, wenn sie nicht genau das Bild fand, das sie suchte. Und von ihren Studenten hat sie auch stets verlangt, alles picobello in Ordnung zu halten. Schlamperei gab es bei ihr nicht.«
    Kelly berührte einen Aktenschrank mit dem Zeigefinger, eine unbedeutende Geste, die Cardinal an ihre Mutter erinnerte.
    »Sogar die neueren Sachen sind archiviert. Die Digitalfotos. Sie hat sie alle auf CDs gespeichert und die CDs durchnummeriert. Gott, ich wünschte, ich hätte ihren Ordnungssinn.«
    »Komisch. Catherine hat sich oft gewünscht, Malerin zu sein, so wie du. ›Manchmal würde ich am liebsten nur rumkleckern‹, hat sie mal gesagt. ›Fotografieren hat immer so was Klinisches. Diese ganze technische Ausrüstung kann einem wirklich lästig werden.‹«
    Kelly öffnete den Hochschrank in der Ecke. In den Regalen, auf denen Objektive und Filter säuberlich aufgereiht waren, befanden sich Lücken, wo die Utensilien fehlten, dieCatherine für ihr letztes – ihr allerletztes – Projekt benötigt hatte.
     
    Am Abend trug Kelly ihren kleinen Koffer zum Auto, und Cardinal fuhr sie zum Flughafen. Sie hatte ihm während der Beerdigung und der ersten beiden Wochen als Witwer beigestanden – was konnte er mehr verlangen? Er versuchte, ein Gespräch mit ihr zu führen, aber sie war in Gedanken bereits in New York. New York. Geografisch gesehen eigentlich gar nicht so weit weg, aber so wie es sich für Cardinal anfühlte, hätte sie genauso gut in Schanghai leben können.
    Er blieb mit ihr in der Wartehalle, bis sie durch die Sicherheitskontrolle gehen musste. Zum Abschied umarmte sie ihn und sagte: »Ich rufe dich bald an, Dad.«
    »Pass auf dich auf.«
    »Mach ich.«
    Cardinal fuhr langsam den Airport Hill hinunter, aber es war nicht langsam genug. Er wollte nicht nach Hause, wollte nicht zurück in die Stille, die ihn dort erwartete. Anstatt nach links auf den Highway 11 abzubiegen, fuhr er geradeaus in die Stadt.
    Er fuhr zur Main Street und von dort weiter zum See hinunter. Unter einem von Wolken verunstalteten Mond trabten Jogger am Ufer entlang, und Leute, die ihre Hunde ausführten, standen schwatzend in Grüppchen zusammen. Gedankenverloren setzte Cardinal seinen Weg fort in den westlichen Teil der Stadt und kurvte ziellos durch kleine Straßen. Ziemlich lächerlich, dachte er, sich nicht nach Hause zu trauen.
    Irgendwann kam er an Lise Delormes Haus vorbei, einem kleinen Bungalow am Ende einer ruhigen Straße in der Nähe der Rayne Street. Er sah, dass bei ihr Licht brannte, und fragte sich, was sie wohl gerade tat. Am liebsten hätte er angehaltenund an ihre Tür geklopft, aber was sollte er ihr sagen? Er wollte sich Delorme gegenüber nicht lächerlich machen.
    Aber was mochte sie gerade tun? Lesen? Fernsehen? Einerseits kannte er Delorme sehr gut, nach all den Fällen, die sie gemeinsam bearbeitet hatten. Sie verstanden sich prächtig, lachten viel. Andererseits hatte er keine Ahnung, wie sie ihre Freizeit verbrachte, wusste nicht mal, ob sie zur Zeit einen Geliebten hatte. Allerdings hatte er sie ein paarmal freundlicher als nötig mit Shane Cosgrove plaudern sehen.
    Es hätte ihm gutgetan, mit ihr zu reden in dieser

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