Eiskalt Entflammt
Fontäne voller kleiner Tropfen in der Luft zurück. Dann schlug ihr Kopf neben Elias auf der Erde auf. Ein dumpfes Geräusch. Das Blut seiner Mutter bildete eine Lache im Gras. Er sah direkt in ihre toten Augen. Er weinte nicht, er schrie nicht. In diesem Moment verlor er einen Teil seiner Seele. Das Blut floss auf ihn zu und bildete einen roten Steg zu ihr. Alles erstarb, kein Ton war mehr zu hören, nur noch Kälte und ihr Blut.
Lou sackte schluchzend zusammen. Sie weinte. Elias hatte ihr Dinge gezeigt, die er selbst beinahe nicht überlebt hatte. Ihr Zittern ließ ihren ganzen Körper beben.
Mit einem Mal wurde sie sich ihrer wieder gewahr und schnappte nach Luft. Sie hielt sich die Hände vors Gesicht, zog die Knie an ihren Körper und kauerte sich in die hinterste Ecke der Kajüte.
Er hatte sie zu Tode erschreckt und sie fühlte sich benommen vo r Schmerz. Da war so viel Trauer für den kleinen Jungen, der er einmal gewesen war. O Gott. Dass ihre Reaktion ihn nur noch mehr darin bestärkte, sich selbst für ein Ungeheuer zu halten , war klar. Er stand im Halbdunkel vor ihr und starrte auf seine Hände. Sie konnte den Hass, den er bei seinem eigenen Anblick empfand, spüren.
„Elias.“ Sie hauchte seinen Namen, während ihre Hand immer noch über ihre Wange strich. Der Eindruck des Blutes war noch klamm zu spüren. „Elias.“ Noch einmal flüsterte sie seinen Namen, aber er schien weit weg.
Er stand da, starrte seine zu Fäusten geballten Hände an, und hasste sich. Sie setzte sich ein wenig aufrechter, damit sie nicht mehr so bemitleidenswert aussah. „Du bist damals nicht gestorben, ich habe dich gefühlt, du hast Wärme in dir.“ Sie wusste nicht, ob sie zu ihm durchdrang.
„Du wirst kein Leben mehr bei mir finden. Nur Kälte und Tod.“ Langsam hob er den Kopf und sah sie an. Einen Augenblick lang sah sie den Blick des kleinen Jungen in seinen Augen wider ge spiegel t .
Dann wieder hasserfüllte Entschlossenheit. „Von dem, was du gerade erlebt hast, gibt es noch viel mehr in mir. Halt dich besser von mir fern.“ Er drehte sich auf dem Absatz um und ging.
Halt. Stopp. „Was war dann das mit uns?“
Er verharrte einen Moment , und sie konnte sehen, wie sich sein Körper anspannte. „Was passiert ist, tut mir leid.“
Nein. Bitte nicht. Lou konnte sein Gesicht nicht sehen und wollte nicht wahrhaben, was er da gerade gesagt hatte.
„Meinst du das gerade eben , oder da s s du mit mir geschlafen hast?“
Er blieb ihr die Antwort schuldig, verließ die Kajüte und ließ sie zurück. Sie saß da und konnte nichts gegen die Tränen tun, sie kamen von ganz allein. Die Verzweiflung betäubte sie. Das konnte alles nicht wahr sein. Sie fühlte sich schmutzig, als ob er sie einfach weggeworfen hätte. Dabei konnte sie ihm nichts vorwerfen, sie hatten sich beide angreifbar gemacht , und seine Barriere war stärker als ihre. Diesmal hatte er den Schmerz nicht von ihr abgezogen, sondern er hatte ihn gegen sie eingesetzt. Um sie von sich zu stoßen und ihr Angst zu machen. Das hatte er auch geschafft. Ihre Verbindung hatte den Teil in ihm, der das Fühlen verlernt hatte , gestärkt und gleichzeitig aber auch etwas anderes erschaffen. Es war, als ob zwei Wesen in ihm kämpften , und beide eine eigene Gabe für sich beanspruchten. Sie spürte, dass Elias sie begehrte und ihr all den Kummer und Schmerz nehmen wollte.
Aber Scar hatte Angst, seine Hälfte wollte gefühllos bleiben. Taub und kalt sein, um überleben zu können. Er wollte ihr lieber Schmerz zufügen, bevor er Hoffnung zuließ. Gerade hatte Scar gewonnen , und Elias schien weit weg zu sein. Sie hatte ihn verloren, weil er sich in seiner grausamen Erinnerung versteckte , und nur er konnte steuern, was sie zu sehen bekam. Die Wellen ließen das kleine Boot tröstend wanken, aber sie konnte nicht aufhören zu weinen.
*
Scar hatte erreicht, was er wollte. Der Strom hatte sich umgekehrt, sie hatte begriffen. Seitdem sein Vater durchgedreht war und seine Mutter auf diese bestialische Weise getötet hatte, war einzig die vernarbte, kaltblütige Seite in ihm an der Macht gewesen. Das war das Erbe, das er zu tragen hatte. Die emotionale Taubheit und die Narben auf seiner Haut. Sein Vater hatte auch ihn beinahe getötet. Und damit durch den Schock diese Blockade, diesen Schutzmechanismus in ihm ausgelöst . Eine gefühllose Hülle, der perfekte Killer. Warum sein Vater zum Mörder geworden war, hatte er nie erfahren. Aber er konnte sich an
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