Eiskalt Entflammt
waren sie wieder nach New Jersey gekommen? War das alles wirklich geschehen? Ihr wurde schwindelig, doch dann blitzten kleine Erinnerungsfetzen in ihren Gedanken auf. Emmet hatte eine kleine Business Maschine organisiert, während Elias sich um ihre Wunden gekümmert hatte. Er war während des ganzen Flugs an ihrer Seite geblieben. Die Schmerzmittel hatte sie sich teilnahmslos spritzen lassen. Auch wenn ihr Zustand die ganze Zeit zwischen Schlaf und Apathie geschwankt hatte, seine Präsenz war ihr in Erinnerung geblieben. Ihre Gedanken waren noch verschwommen, sie wusste weder , welche Zeit es war, noch wie lange sie so neben sich gestanden hatte. Wie auch immer das Team es geschafft hatte, sie hatten sie nach Hause geflogen. Gott sei Dank. Sie hob die Decke und sah, dass die schlimmste Wunde genäht worden war. Gute Arbeit, aber eine Narbe würde auf jeden Fall zurückbleiben.
Als sie sich aufsetzte, schmerzte ihr ganzer Rücken , und sie erinnerte sich an die Peitschenhiebe, Garcias fieses Gesicht und seinen Ü belkeit erregenden Geruch. Ihr wurde schlecht, sie musste würgen und humpelte wankend ins Bad. Aus dem Spiegel starrte ihr ein fahles, fremdes Gesicht entgegen . Sie war unglaublich bleich, doch ihr Rücken sah noch weitaus beschissener aus. Mit fast krankhafter Präzision hatten Garcias Hiebe ein Muster in ihr Fleisch getrieben. Sie schluckte schwer und biss sich auf die Lippe , um die nahenden Tränen zurückzuhalten.
*
Scar saß mit den a nderen draußen am Feuer. Er hatte darauf bestanden, dass sie alle direkt vom Flughafen zu seinem Haus nach New Jersey fuhren. Er wusste, dass Lou einen Platz brauchte, an dem sie sich wohlfühlte , und er hoffte, dass sein Zuhause ihr so etwas bieten könnte. Sie hatten alle ein wenig Ruhe nötig , und hier war erst mal genügend Platz. Jules saß ihm am Feuer gegenüber und starrte ihn plötzlich eindringlich an. „Sie ist jetzt wach und auf den Beinen.“
Daran hatte er sich längst gewöhnt, Jules sah öfters Dinge, die noch nicht geschehen waren , und hatte ihnen so einiges voraus. Er stand auf und lief ins Haus. Wie man mit äußeren Wunden umging, wusste er. Doch vor dem, was Garcia Lous Psyche angetan hatte, graute ihm.
Als er oben angekommen war, hörte er, dass Wasser lief. Er öffnete die Badezimmertür und fand Lou unter der Dusche. Sie saß mit Unterwäsche auf dem Boden der ebenerdigen großen Dusche und ließ das Wasser über sich strömen. Ihre Augen waren geschlossen, sie hielt das Gesicht direkt nach oben in den Wasserstrahl.
Nachdem er die Tür geschlossen hatte, beobachtete er sie einen Moment. Sie sah unglaublich verletzlich aus , und dennoch war sie das Schönste, was er je gesehen hatte. Weil sie lebte. Ihr geschundener Körper ließ kleine rote Flüsse über die Kacheln gleiten , aber es schien fast so, als würde etwas aus ihrem Inneren strahlen. Er setzte sich zu ihr unter die Dusche, vollständig bekleidet . Er saß einfach vor ihr und war glücklich, dass sie da war. Als er schon eine Weile stumm vor ihr gesessen hatte, öffnete sie die Augen und sah ihn an. Obwohl das Wasser warm war, zitterte sie. Sie legte das Kinn auf die angezogenen Knie und schwieg. Sie hatte geweint. Wahrscheinlich weinte sie immer noch. Er ließ ihr noch einen Moment, bevor er aufstand und die Dusche abstellte. Als er sie behutsam in ein Handtuch wickelte und zurück zum Bett trug , fühlte sich ihr Körper an wie eine leblose Puppe. Die Striemen auf ihrem Rücken würden feine Risse hinterlassen. Wie gern hätte er ihre zukünftigen Narben auf sich genommen. Er nahm eine Tinktur und begann , die Wunden damit einzustreichen, Lou ließ es geschehen. Wieder zog er Schmerz von ihr ab. Seine Hand lag auf ihrer Schulter, er öffnete seinen Geist und stellte sich einen Tunnel vor. Durch den floss all ihr Leiden direkt in seinen Körper. Es brannte nicht, es fühlte sich sogar lindernd an.
„Du musst das nicht tun.“
Doch, genau das musste er. Aber er spürte, wie verletzt sie war. Auch von ihm. Behutsam drehte er sie um und sah sich die Wunde auf ihrem Becken an.
„Damit wirst du mir keine Konkurrenz machen.“ Er versuchte ein schiefes Lächeln. Erst dachte er, sie würde es erwidern, doch dann füllten sich ihre Augen mit Tränen.
Verzweifelt nahm er ihr Gesicht in beide Hände. „Es wird heilen, Lou. Alles wird gut.“ Er wollte sie beruhigen, ihr das Gefühl geben, dass sie in Sicherheit war. O Gott, er hatte fürchterliche Angst um sie gehabt. Es
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