Eiskalt in Nippes
Westhoven etwas sagen konnte, erzählte er von Krogmanns Besuch, ohne allerdings zu erwähnen, dass es sich bei Toni eigentlich um Antoinette handelte. Sollte die Kommission die Überraschung, wie er sie selbst eben hatte, auch haben.
„Ich wäre sowieso gleich zu dir gekommen, Arndt. So wie es aussieht, haben wir eine erste heiße“ – Westhoven klopfte auf Holz – „Spur.“
Arndt Siebert setzte sich und war ganz Ohr. Westhoven berichtete ihm vom gestrigen Anruf einer Erna Schmitz und vom gleichnamigen Unfallopfer.
„Das kann kein Zufall sein, Paul“, war Siebert sichtlich erleichtert über diesen ersten Ermittlungsansatz. „Halt mich bitte auf dem Laufenden“, er verließ Westhovens Büro.
Westhoven stand auf und ging hinüber zu Dember. Als er sein Büro betrat, legte dieser soeben den Telefonhörer mit den Worten „Vielen Dank schon mal für die Auskunft, ich melde mich wieder“, auf.
„Gut, dass du gerade da bist, Paul. Das war die Geschäftsführung des Seniorenstifts. So wie es aussieht, wohnt dort eine Erna Schmitz. Und bei dem Unfallopfer dürfte es sich um die gleiche Erna Schmitz handeln, die dort wohnt, ähem, gewohnt hat.“
„Hattet ihr in diesem Altenheim auch Plakate aufgehängt?“, wollte Westhoven wissen.
„Nein, das hatten wir nicht, denn…“
„Ich hatte doch gesagt, besonders in den Altenheimen“, unterbrach ihn Westhoven.
„Nur, dass dieses Altenheim in Wissen im Westerwald liegt“, ergänzte Dember seinen vorherigen Satz. „Aber sie hat trotzdem das Fahndungsplakat gesehen, denn sie war gestern im ‚oldenen Kappes‘. Und weißt du, wer sie dort hingefahren hat? Katharina Oehmchen von der Taxe 1022.“
„Was hast du noch rausgefunden, Heinz?“
„Von der Verwaltung des Seniorenheims habe ich erfahren, dass sie eine Tochter hat. Diese Tochter wohnt ebenfalls in Wissen an der Sieg.“ Er machte eine kurze Sprechpause.
„Wo ist eigentlich Jochen?“, wollte Westhoven plötzlich wissen.
„Keine Ahnung, ich dachte, der wäre schon mit einem Auftrag unterwegs.“
„Nee, ist er nicht“, konterte Westhoven garstig. „Kümmere du dich weiter um Erna Schmitz, ich versuch mal, Jochen aufzutreiben.“ Er ging wieder in sein Büro.
Er versuchte, Jochen Gerber auf seinem Mobiltelefon anzurufen, erreichte aber nur die Mailbox. Es war besetzt. Nach mehreren vergeblichen Versuchen hörte er endlich ein Freizeichen.
Nach mehrmaligem Klingeln meldete sich dieser ruhig. „Gerber.“
„Jochen, hier ist Paul. Wo steckst du? Wir haben hier eine heiße Spur“, klang Westhovens Stimme ziemlich vorwurfsvoll.
„Sorry, Paul. Ich musste meine Mutter trösten. Ich habe stundenlang mit ihr telefoniert. Sie war kaum zu beruhigen, weil es meinem Vater letzte Nacht so schlecht ging. Er hat meine Mutter ständig gefragt, wer sie denn sei und was sie in seinem Zimmer zu suchen habe. Sie ist völlig deprimiert, und ich musste sie seelisch aufbauen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie aufreibend das alles für mich ist und wie viel Kraft mich das kostet. Hoffentlich werde ich nicht so.“
„Tut mir wirklich leid, Jochen. Aber ich muss jetzt trotzdem wissen, ob du noch kommst. Wir müssen dringend mehrere Spuren abklären. Sonst frage ich Arndt nach einem Ersatz für dich“, hatte Westhoven nur die nächsten Ermittlungsschritte vor Augen.
„Jetzt werde mal nicht komisch, Paul. Hab ich dich schon mal im Stich gelassen? Ich bin gleich da und mach das schon. Bis gleich“, beendete Gerber ärgerlich das Telefonat.
Erleichtert rief Westhoven über den Flur zu Dember, dass Gerber unterwegs sei.
Um 11.45 Uhr ging Gerber mit erhobener Hand grüßend an Westhovens Büro vorbei. Seine Jacke zog er schon auf dem Gang aus und warfdiese wie immer mit einem eleganten Schwung auf den Besucherstuhl in seinem Büro.
Mit wenigen Klicks auf der Tastatur buchte er sich im elektronischen Zeiterfassungssystem an seinem Computer ein. Er überprüfte den Posteingang im Outlook und fand dort nur E-Mails, die im aktuellen Fall sicher nicht weiterhelfen konnten. Danach ging er zum Geschäftszimmer und schaute in sein Fach. Dort lag ein Umschlag von der Personalstelle. Sofort riss er den Umschlag auf und las die Verfügung: „…werden Sie auf eigenen Wunsch am nächsten 1. nach Hamburg versetzt.“
Gerber ging mit der Versetzungsverfügung sofort zu Westhoven und teilte ihm den Inhalt mit.
„Was? Das heißt ja dann, du hast heute deinen vorletzten Tag hier“, war Westhoven sichtlich
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