Eiskalt in Nippes
Ermittler.
Sie erklärte Herrn Nußscher das Anliegen, legte auf und sagte, dass der Chef sofort käme.
„Frau Magliaso, entschuldigen Sie bitte, so häufig ist Ihr Name ja nicht. Kennen Sie einen Herrn Magliaso bei der Kölner Polizei?“
„Ja, mein Sohn Bernd. Er ist noch in der Ausbildung und möchte einmal ihr Kollege werden.“
Einen Moment später erschien ein etwa 60-jähriger Mann im braunen Tweedjackett und stellte sich vor: „Guten Tag die Herren. Mein Name ist Nußscher, ich leite dieses Seniorenheim. Wie ich eben hörte, möchten Sie einen Blick in das Apartment einer unserer Bewohnerinnen werfen.“
„Mein Name ist Gerber, das ist mein Kollege Dember. Wir sind von der Mordkommission Köln. Eine Ihrer Bewohnerinnen, Frau Erna Schmitz, ist gestern Morgen Opfer eines Verkehrsunfalls geworden.“
„Und warum kommt dann die Mordkommission?“, unterbrach Herr Nußscher.
„Um Ihre Frage zu beantworten: Wir ermitteln zurzeit in einem Tötungsdeliktin Köln-Nippes. Frau Schmitz hatte vor ihrem Unfall versucht, mit uns Kontakt aufzunehmen. Wie es aussieht, hatte sie eventuell Hinweise für uns. Und diese Hinweise konnte sie uns nicht mehr geben. Wir versuchen festzustellen, worum es sich gehandelt haben könnte, und dafür müssen wir ihr persönliches Umfeld untersuchen. Vor allem erst mal ihre Wohnung.
„Brauchen Sie dafür nicht eine Erlaubnis?“, fragte Herr Nußscher.
„Sie meinen sicher einen Beschluss vom Gericht. Grundsätzlich haben Sie da Recht, aber mit dieser Maßnahme greifen wir in kein Grundrecht mehr ein, denn Frau Schmitz ist tot. Und wir wollen schnellstens Hinweise finden, die uns in diesem Fall und in unserem Fall weiterhelfen könnten. Außerdem wären Sie als Zeuge dabei“, klärte Gerber auf.
„In Ordnung, kommen Sie. Wir müssen in die erste Etage. Zu Fuß oder mit dem Aufzug?“, fragte er.
„Über die Treppe“, antwortete Gerber spontan. Dember konnte das Wort „Aufzug“ gerade noch herunterschlucken.
Herr Nußscher öffnete mit seinem Generalschlüssel die Tür des Apartments Nummer 11 von Erna Schmitz. Das Apartment sah äußerst aufgeräumt und unauffällig aus.
Auf der Weichholzkommode im Wohnzimmer stand das Foto einer jüngeren Frau, die der Toten wie aus dem Gesicht geschnitten war. Dember nahm den Rahmen hoch und las die Widmung auf der Rückseite vor: „Für die beste Mama der Welt.“ „Das ist Frau Meierbrink, die Tochter von Frau Schmitz. Sie besucht ihre Mutter regelmäßig. Sie wohnt hier ganz in der Nähe.“
„Ach, schauen Sie mal hier“, hob Herr Nußscher die 7-Tage-Tablet-tenbox vom Wohnzimmertisch. „Seit gestern Morgen ist keine Tablette mehr entnommen worden.“
Gerber nickte: „Tja, dann gibt’s wohl auch hier keinen Zweifel mehr.“
„Haben Sie in einer Kartei die Erreichbarkeit von Frau Meierbrink?“, wollte Dember wissen.
„Selbstverständlich, wir haben von jedem unserer Bewohner die Erreichbarkeit der nächsten Angehörigen in den Akten und in einer Datei. Wir müssen doch wissen, wen wir bei Krankheit oder Ableben benachrichtigen müssen. Ich werde Frau Magliaso sagen, dass sie Ihnen die Adresse und die Telefonnummer heraussucht.“ „Ach, Herr Nußscher“,wandte sich Gerber zu ihm. „Können Sie feststellen, wen Frau Schmitz von hier aus angerufen hat?“; gleichzeitig drückte er die Wiederwahltaste des altmodischen Telefons mit offensichtlich defektem Display, denn eine Nummer konnte er nicht sehen. Das Freizeichen wurde nach einiger Zeit vom typischen Besetztzeichen abgelöst.
„Tut mir leid, meine Herren, aber das ist keine Telefonanlage wie im Krankenhaus, sondern unsere Bewohnerinnen und Bewohner legen Wert auf größtmögliche Eigenverantwortlichkeit. Ich kann Ihnen nicht sagen, wohin von hier aus angerufen worden ist“, erklärte Herr Nußscher. „Kann ich denn schon mal in mein Büro gehen oder brauchen Sie mich hier noch? Ich muss noch ein paar wichtige Telefonate mit Interessenten führen. Sie finden mich unten in meinem Büro in der Verwaltung.“
„Kein Problem, wir sind hier sowieso gleich fertig. Das Apartment ist ja überschaubar und hat nicht die Größe einer Turnhalle“, gab Dember zur Antwort.
„Wenn Sie die Wohnung verlassen, ziehen Sie die Tür bitte einfach ins Schloss“, verabschiedete sich der Chef der Seniorenresidenz.
Gerber öffnete die Schublade der Weichholzkommode, fand aber nichts außer einem alten Telefonbuch und einem Besteckkarton, der mit schwarzem Samt umhüllt war.
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