Eiskalt in Nippes
irritiert.
„Sieht so aus Paul, aber ich glaube, es ist gut so. Meine Eltern brauchen mich dringender.“ Seine Stimme klang plötzlich ziemlich angegriffen.
„Was soll ich sagen, Jochen? Es ist, wie es ist. Kannst du denn gleich mit Heinz zu diesem Seniorenheim fahren? Ihr müsstet dringend eine Spur abklären, Heinz kann dir alles auf der Fahrt dorthin erklären“, ging Westhoven zur Tagesordnung über.
Gerber stimmte schweigend zu und ging zurück in sein Büro.
„Du machst ja ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter“, frotzelte Dember und merkte aber sogleich, dass dies nicht der richtige Moment für Anspielungen war. Gerber reagierte nicht, sondern stieß nur ein unterdrücktes, nicht definierbares Atemgeräusch aus.
Wortlos zog er seine Jacke an und blickte auffordernd in Dembers Richtung: „Was ist jetzt, kommst du oder glaubst du an die Auferstehung? Wir haben eine Spur zu überprüfen und ich habe nicht viel Zeit“, blaffte er ihn schließlich an.
„Was ist denn mit dir los, hast wohl einen Testosteronüberschuss oder was?“, konterte Dember.
Gerber machte einen Schritt auf Dember zu und stand gerade mal eine Nasenlänge entfernt: „Pass auf Kollege, lass deine unqualifizierten Äußerungen mir gegenüber. Ansonsten lernst du in den letzten Stunden, die ich hier noch mit dir arbeiten muss, eine Seite von mir kennen, die dir nicht gefallen wird. Deine schnodderige Art kotzt mich nämlich schon lange an. Das Einzige, was du im Kopf hast, ist doch sowieso nur der nächste Rock, der vor dir nicht schnell genug auf den nächsten Baumkommt. Und jetzt komm“, drehte er sich herum und verließ das Büro.
Dember nahm seinen Aktenkoffer, sagte kein Wort und folgte Gerber ins Parkhaus. Dort stiegen sie in einen Smart und fuhren Richtung B 55.
Gerber blickte stur nach vorn und Dember demonstrativ aus dem Fenster der Beifahrerseite.
„Wo müssen wir denn überhaupt hin? Klär mich mal auf“, unterbrach Gerber das Schweigen.
„Das Seniorenheim ist in Wissen, oben an der Sieg. Ich glaube, das ist so am Ende des Oberbergischen Kreises. Das muss in der Nähe von Morsbach sein. Ich kenne mich da oben nicht aus. Ich habe hier die Adresse und gebe sie mal in das Navigationsgerät ein.“
Dember nahm den Vermerk, holte das Navigationsgerät aus dem Handschuhfach und gab die Adresse ein. Nach einer Dreiviertelstunde Fahrt in dem engen Smart erreichten sie die Ausfahrt Morsbach. Das Navigationsgerät zeigte noch immer 32 km als Entfernung nach Wissen an.
„Ich glaube kaum, dass das noch unser Hauptstellenbereich ist“, zweifelte Gerber.
Kurz vor Morsbach fuhren sie an einem Ortsschild „Rom“ und „Zum Skigebiet“ vorbei.
„Jetzt glaube ich gar nichts mehr“, stellte Gerber fest.
Und wirklich, kurz vor Wissen passierten sie das Schild „Kreis Altenkirchen, Rheinland Pfalz“.
„Mist!“, bemerkte Dember, „ab hier benötigen wir einen Dienstreiseantrag.“
„Mach keinen Blödsinn, Heinz. Jetzt können wir eh nichts mehr ändern. Du hättest dir nur nicht für diese Strecke so einen fahrenden Geschenkkarton andrehen lassen sollen. Ich glaube, mein Rücken bricht bald durch.“
„Jochen, ich wusste doch auch nicht, wie weit das ist.“
Nach einigen Minuten erreichten sie Wissen und die Stimme des Navigationsgerätes gab ihnen die Anweisung:
„Biegen Sie nun links ab in Richtung Birken-Honigessen, in 300 m haben Sie ihr Ziel erreicht.“
Bei diesem Ortsnamen mussten beide schmunzeln, und die schlechte Stimmung zwischen den beiden schien sich ein wenig zu bessern.
Gerber parkte den Wagen direkt vor dem Eingang zum Seniorenheim, in dem Erna Schmitz laut Visitenkarte und den Daten ihres Personalausweises gewohnt haben musste.
Das Foyer war leer. Links standen einige Sessel und ein Tisch, geradeaus ging es zum Fahrstuhl und auf der rechten Seite prangte über einer Glastür ein Schild mit der Aufschrift „Verwaltung“. Hier klopften sie an die Tür, wiesen sich aus und fragten nach Erna Schmitz. Die Sekretärin, Frau Magliaso, hatte auch am gestrigen Tag Dienst gehabt und konnte sich daran erinnern, dass Erna Schmitz an diesem Morgen das Haus verlassen hatte. Heute hatte sie sie noch nicht gesehen.
„Wir müssten mal einen Blick in die Wohnräume von Frau Schmitz werfen. Meinen Sie, das geht?“, fragte Gerber.
„Das kann ich nicht entscheiden. Ich kann aber gern Herrn Nußscher anrufen. Das ist der Leiter unseres Hauses“, sagte Frau Magliaso und erhielt nickende Zustimmung der
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