Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
einatmete. »Weil ich ihn nie geliebt habe.«
Er stand auf, um ihr zu folgen, als sie zur Tür ging, und hielt inne, als sie sich mit wildem, gekränktem Blick abrupt umdrehte. »Komm mir nicht nach. Fass mich nicht an. Ich will nicht, dass du mich anfasst.« Sie wirbelte mit flatternden Hemdzipfeln herum.
Max hob zum Zeichen seiner Niederlage die Hände. »Caroline, warte. Bitte.«
Sie blieb mit abgewandtem Rücken stehen. »Warum?«
»Es tut mir Leid.«
Widerstrebend drehte sie sich um. »Es tut dir Leid«, wiederholte sie bedächtig. »Das ist nett. Es tut dir Leid, dass du mir vorgeworfen hast, so seicht, so heuchlerisch zu sein, dass ich dich nach deinen Narben beurteile? Hast du denn nichts von dem gehört, was ich dir gestern Abend erzählt habe? Verdammt noch mal, Max. Denk doch mal für einen Augenblick auch an jemand anderen als an dich.« Sie wandte ihm den Rücken zu und ließ sein Hemd zu Boden gleiten.
Ihm wurde übel, als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt, und ein bitterer Geschmack in seiner Kehle ließ ihn beinahe würgen. Er sank auf die Bettkante nieder, ohne es recht zu merken. Ihr Rücken …
»Caroline.« Ihr Name entrang sich mühsam seiner Brust. Er fühlte sich, als würden ihm gleichzeitig das Herz und sämtliche Nerven aus dem Leib gerissen. Saß da und war unfähig, sich zu rühren. »Mein Gott.«
»Wollen wir unsere Narben vergleichen, Max?«, fragte sie mit ruhiger Stimme. »Ich schätze, dabei würde ich gewinnen.«
Chicago
Sonntag, 18. März, 9:00 Uhr
Das Klingeln des Telefons riss Winters aus einem angenehmen, leichten Schlaf. Er wälzte sich herum, streckte sich und sah zu, wie Evie mit geschlossenen Augen nach dem Telefon neben ihrem Bett tastete.
Jüngere Frauen hatten durchaus ihre Vorteile.
Wenn sie auch nicht besonders früh aufstanden, waren sie doch zumindest … einfallsreich.
Evie schaffte es, den Hörer ans Ohr zu heben. »Hallo?« Sie hielt inne und runzelte die Stirn. »Sie ist nicht hier. Warte, Caroline! Was ist los?« Wieder folgte eine Pause. »Weil du weinst, deswegen frage ich. Was ist los?«
Winters wurde hellhörig, als der Name fiel. Anscheinend hatte die kleine Mary Grace keinen sehr vergnüglichen Tag gehabt.
»Sie hat gestern Nacht gearbeitet«, sagte Evie. »Sie kommt frühestens in einer Stunde nach Hause.« Sie drehte sich um und warf ihm ein flüchtiges Lächeln zu. »Versuch’s über ihren Pieper. Caroline, warte.« Sie rollte sich herum, richtete sich auf und hielt den Hörer mit beiden Händen fest. »Leg nicht auf. Hör zu, wegen Freitag. Ich möchte mich entschuldigen für das, was ich gesagt habe. Ich möchte, dass du mit Max glücklich wirst.« Evie verzog das Gesicht und hielt den Hörer weit von ihrem Ohr ab. Bevor sie auflegte, blickte sie ihn skeptisch an.
»Worum ging’s denn?«, fragte Winters mit einem angemessenen Anteil von Interesse in der Stimme.
Evie warf einen letzten ratlosen Blick auf das Telefon und wandte sich dann achselzuckend Winters zu. »Das war Caroline, du weißt schon, die Freundin, mit der ich Streit hatte. Ach ja, natürlich kennst du sie, du hast ja ihren Wasserhahn repariert.« Sie verdrehte die Augen und lachte über sich selbst. »Wie dumm von mir. Wie auch immer, sie sucht jemanden, der sie zu ihrer Wohnung fährt.« Sie verzog die Lippen. »Sie hatte Streit mit Max. Ziemlich heftig, wie mir scheint. Sie hat gesagt, ich könnte ihn gerne haben.« Mit einem Grinsen blickte sie auf ihn herab. »Ein wenig zu spät, wie?«
Winters erwiderte ihr Lächeln, während sein Verstand bereits auf Hochtouren arbeitete. Er musste vor Caroline in ihrer Wohnung sein. Er wollte sie unbedingt dort erwarten. Wenn sie Streit gehabt hatten, würde der große Kerl mit dem Stock nicht bei ihr sein. Das war die Gelegenheit, auf die er gewartet hatte. »Hör zu, Schätzchen, ich muss jetzt gehen. Deine Mitbewohnerin kommt bald nach Hause, und …« Er wälzte sich aus dem Bett, und sie zog ihn spielerisch zurück.
»Uns bleibt noch eine Stunde, Mike. Mit sechzig ganzen Minuten können wir noch eine Menge anfangen. Außerdem holt Dana Caroline ab und kommt erst nach elf nach Hause. Komm schon, heute ist Sonntag. Sag jetzt nicht, du arbeitest auch am Sonntag.«
Nicht gerade sanft löste Winters ihre Hände von seiner Taille. »Ich muss wirklich gehen, Evie. Ich ruf dich dann später an.« Er stand auf und begann, sich anzukleiden. Sie folgte ihm, nahm seine Jacke von einer Stuhllehne und
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