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Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Titel: Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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in ein kleines Haus, weit weg von Chicago, und sein eigener Puls dröhnte ihm noch lauter in den Ohren. Mit einem Gefühl der Übelkeit im Magen schaute sich Tom in seinem Zimmer um. Die alten Pokale auf seiner Kommode fielen ihm ins Auge. Er trat einen Schritt vor, und der Baseballschläger entglitt seiner plötzlich erschlaffenden Hand. Die Pokale waren neu geordnet. Nach dem Datum. Sie waren gereinigt und poliert worden. Sie fingen das Licht ein und glänzten wie Silber.
    »Oh Gott.« Er hörte sich selbst wimmern, schloss die Augen und betete, es möge nur ein Albtraum sein. Wünschte sich, sein Raum wäre wieder unaufgeräumt wie immer, sobald er die Augen aufschlug.
    Vergebens.
    Er
war hier gewesen. Hier, in dieser Wohnung, in der seine Mutter sich so sicher gefühlt hatte.
    Mom.
    »Ich hätte sie nicht allein lassen dürfen«, flüsterte er und lief zum Esstisch. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen. Der Deckel eines Mayonnaiseglases lag auf dem Tisch unter dem Fenster. Ihre Mutter benutzte den Tisch, um ihre Petunien in die Sonne zu stellen. Die Petunien lagen auf dem Boden, der Keramiktopf in Scherben. Er brauchte nicht nachzusehen, was sich in dem Deckel befand.
    In der stillen Wohnung hörte er das Echo seines krampfhaften Schluckens.
    In dem Deckel häuften sich Zigarettenkippen.
    Und neben den Petunien war der Teppich blutverschmiert.

Chicago
    Sonntag, 18. März, 19:00 Uhr
    Stille hatte sich in dem ganzen Raum ausgebreitet, während Max’ Familie versuchte, die Wahrheit zu begreifen, die er selbst noch immer nicht voll akzeptiert hatte. Cathy saß auf dem Sofa, den Kopf in die Polster zurückgelehnt, die Augen geschlossen, und schluckte immer wieder. Elizabeth weinte hemmungslos. David hockte auf der Sofakante, das Kinn auf ein Knie gestützt, das er an die Brust gezogen hatte, und versicherte Max mit stummen Blicken seiner vollen Unterstützung.
    Ma ergriff als Erste das Wort. »Oh Max«, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme. »Das arme Mädchen. Welch furchtbare Angst muss sie ausgestanden haben.«
    Peter räusperte sich. »Wir werden einen Anwalt hinzuziehen. Ich kenne einen, dem wir vertrauen können.«
    Diese Ankündung hatte eine Flut von Kommentaren zur Folge, und Max schluckte. Seine Augen brannten. Der bedingungslose Beistand seiner Familie war etwas unverhofft Kostbares inmitten dieser Hölle. Reue wegen der verschwendeten Jahre schnürten ihm das Herz ab, und das gewiss nicht zum ersten Mal.
    Er hob eine Hand, und das Stimmengewirr verstummte. »Caroline muss ihr Einverständnis dazu geben.«
    »Nun, dann ruf sie an, Max«, befahl seine Mutter.
    »Sie geht nicht ans Telefon, Ma«, erklärte David leise.
    Phoebe stand auf, die Hände in die Hüften gestützt. »Wieso bist du dann noch hier?«, fragte sie barsch. »Steig in dein schickes deutsches Auto und hol sie her.«
    Ein Lächeln spielte um Max’ Lippen. »Warum bin ich nicht selbst auf die Idee gekommen?«
    Phoebe Hunter verdrehte die Augen. »Und ich habe nicht einmal einen Doktortitel. Sag ihr, sie soll ihre Sachen packen und herkommen, Junge. Sag ihr, dass sie in unserer Familie herzlich willkommen ist.« Sie trat an den Sessel, in dem er saß, und strich ihm das Haar aus der Stirn. »Sag ihr, dass ich ihr meinen Jungen von Herzen gern gebe«, fügte sie mit einem heiseren Flüstern hinzu. Diese überaus zärtliche Liebkosung riss die letzte Barriere des Widerstands nieder, und Max schmiegte die Wange in ihre Handfläche, brauchte dringend den Trost, den nur eine Mutter spenden konnte. Es störte ihn nicht, dass die gesamte Familie seine Tränen sah, die ihm über die Wangen strömten.
    »Er hat ihr wehgetan, Ma«, flüsterte er gequält. »Sie hat Narben …« Er schüttelte sich und gab dem leisen Druck der mütterlichen Hand nach, als Phoebe ihn an ihre Brust zog. »Himmel, Ma. Ich schäme mich so.«
    »Warum, Max?«, flüsterte sie an seinem Scheitel.
    »Ich habe ihr vorgeworfen, sie würde mich wegen meiner Narben nicht heiraten wollen. Daraufhin hat sie mir ihre gezeigt.«
    Sie streichelte seinen Kopf. »So holt man jemanden auf den Boden der Tatsachen zurück, Max. Ich würde sagen, es war höchste Zeit.«
    Es war unglaublich, aber ein grollendes Lachen stieg aus seiner Brust auf. »Kein Pardon, Ma?«
    Sie hob sein Gesicht an und wischte mit der Manschette ihrer Bluse die Tränen ab. Max fragte sich, wie oft in seinem Leben sie diese Geste ausgeführt haben mochte. »Willst du etwa ein Pardon, mein Sohn?«
    Max

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