Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
versunken. »Mir fehlt nichts.«
Er schürzte die Lippen. »Gewiss.« Das klang absolut nicht überzeugt. »Wenigstens bekommen Sie endlich wieder ein bisschen Farbe ins Gesicht. Gibt es jemanden, den ich anrufen sollte?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, danke, ich brauche nur ein bisschen frische Luft.«
Und ein Mauseloch, in das ich mich verkriechen kann
, dachte sie.
»Dann kommen Sie mit. Wir gehen nach draußen und machen einen kleinen Spaziergang.« Er reichte ihr mit besorgtem Gesicht seinen Arm.
»Mir fehlt wirklich …«
»Gut. Ich habe gehört, was Sie sagten. Aber ich glaube Ihnen nicht«, meinte er leise tadelnd. »Stehen Sie auf, falls Sie können.«
Allmählich wurde sie zornig und verdrängte ihre Beschämung. Sie stieß einen gereizten Seufzer aus. »Dr. Hunter, bitte. Ich bin durchaus in der Lage, selbst auf mich aufzupassen.«
Er trat einen Schritt zurück und hob die Schultern. »Schön. Wie Sie möchten. Ich habe nur helfen wollen.«
Caroline erhob sich vorsichtig und prüfte ihren Gleichgewichtssinn, der ihr seit dem Unfall noch gelegentlich Schwierigkeiten machte. Um sie herum neigte sich das Zimmer, doch dann hatte sie ihre Balance wiedergefunden. »Und dafür danke ich Ihnen. Ehrlich.« Sie blickte zu ihm auf und sah, dass er die Zähne zusammenbiss und die Arme fest vor der Brust verschränkt hielt, während er sich gegen die Kante seines Schreibtisches lehnte.
Sein Blick war voll auf ihr Gesicht gerichtet, sein Mund immer noch ernst. »Ihnen ist schwindlig.«
Caroline lächelte gezwungen. »Und dabei bin ich nicht einmal blond.« Dank Clairol, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Das ist nicht lustig, Caroline.« Max trat auf sie zu, legte zwei Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. »Mit Ihren Pupillen ist offenbar alles in Ordnung.«
Sie schluckte hörbar. Die Berührung jagte ihr kleine Schauer über den Rücken. »Sind Sie jetzt auch noch Doktor der Medizin, Dr. Hunter?«
Er verzog lächelnd die Mundwinkel. »Nein, aber ich habe genug Zeit in Krankenhäusern verbracht, um zu wissen, worauf zu achten ist.« Dann wurde er wieder ernst, und sein Blick war immer noch forschend auf ihr Gesicht gerichtet. Caroline hatte das Gefühl, einer gründlichen Prüfung unterzogen zu werden. Dann, noch während er sie ansah, glaubte sie plötzlich zu schweben, spürte etwas Neues zwischen ihnen aufkommen. Ihre Kehle zog sich zusammen, und sie spürte ein prickelndes Gefühl an ihren Brüsten. Sein Blick wurde immer eindringlicher, war der gleiche wie vorhin, als er das Büro betreten hatte, aber jetzt wirkte er nicht mehr wütend. Hatte sie seine Miene vorhin richtig gedeutet? Plötzlich war sie sich nicht mehr so sicher.
Er starrte sie an, während seine Finger immer noch ihr Kinn berührten.
»Was?« Das sollte schnippisch und sarkastisch klingen. Stattdessen entschlüpfte das Wort ziemlich heiser ihrer Kehle. Wie ein Hauch. Sexy.
Lieber Gott.
Sie hatte nicht gewusst, dass ihre Stimme zu solch einem Tonfall fähig war. Seine Augen verengten sich unmerklich, und er sah nachdenklich aus. Dann lockerte sich sein Griff an ihrem Kinn, doch seine Finger blieben, wo sie waren.
»Sie haben unglaubliche Augen«, sagte er leise.
Ihre Augen weiteten sich. Sein Blick hielt den ihren fest.
Herr im Himmel.
Nein, er war auch vorhin nicht wütend gewesen, erkannte sie. Der strenge Gesichtsausdruck, die blitzenden Augen, die zu Fäusten geballten Hände. Nein, das war keine Wut gewesen. Es war eine plötzliche Steigerung seiner heißen Blicke vom Vortag.
Wieder schluckte sie vernehmlich, hatte das Gefühl, einen gefährlichen Abhang hinunterzurutschen. Sie hatte keine Angst mehr vor ihm. Nein, Angst ganz bestimmt nicht. Doch es bestand ein gewaltiger Unterschied zwischen der Tatsache, keine Angst mehr vor ihm zu haben, und dem Wunsch, dem Blick dieser grauen Augen nachzugeben. Das war eine Grenze, die sie keinesfalls überschreiten durfte. Eine Grenze, der sie sich, wenn sie klug war, nicht einmal näherte.
»Hm …danke«, flüsterte sie.
Danke?
Wie sprachgewaltig sie nach fast sieben Jahren auf dem College doch war! Ihre Englischlehrer konnten stolz auf sie sein. In weniger als einer halben Stunde schloss sie nun bereits zum zweiten Mal ihre »unglaublichen« Augen vor Verlegenheit.
Sie befürchtete, dass er jetzt ihr Kinn loslassen und über ihre tölpelhafte Dummheit lachen würde.
Doch stattdessen strich er mit dem Daumen über ihre Lippen. Einmal, zweimal, dreimal.
Erbarmen.
»Mach
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