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Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Titel: Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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Wir machen Fortschritte. Meine Frau ist vor sieben Jahren verschwunden.« Er behielt sie genau im Auge. »Erinnern Sie sich an die näheren Umstände?«
    »Ja.« Ihre Stimme klang heiser. »Mr Winters, bitte …«
    Winters wich ruckartig vor ihren ausgestreckten Händen zurück, und für den Bruchteil einer Sekunde hielt er Baby Rotkäppchen über das Brückengeländer. Es war jedoch lange genug für Miss Crenshaw, um bestürzt aufzuschreien. Egal. Sie waren völlig allein. »
Detective
Winters, wenn ich bitten darf. Nancy Desmond hat meiner Frau einen Tipp gegeben, wo sie sich verstecken kann, nicht wahr?«
    Die Frau öffnete den Mund, sprach jedoch keinen Ton.
    »Kommen Sie nicht auf die Idee, es abzustreiten, Miss Crenshaw. Ihr Baby …« Er warf einen Blick über das Brückengeländer. »Es hat in letzter Zeit so viel geregnet.«
    »Man wird Sie schnappen. Verhaften.« Verzweifelt sah sie sich nach Hilfe um, doch weit und breit war keine Menschenseele zu sehen. Es war Sonnabendnacht. Alle, die an dieser Straße wohnten, lagen längst gemütlich in ihren Betten. In den Fabriken, die sich von hier bis zur nächsten Stadt erstreckten, begann gerade die zweite Schicht. Niemand würde in absehbarer Zeit vorbeikommen.
    »Das glaube ich nicht, Miss Crenshaw. Meine Geduld ist nicht grenzenlos. Ich warte darauf, dass Sie meine Fragen beantworten.«
    »Ich werde der Polizei melden, dass Sie mir mein Baby weggenommen haben.«
    Er schüttelte den Kopf. Dumme Kuh. Glaubte sie etwa, dieser Überfall sei eine spontane Aktion? Konnte sie sich nicht vorstellen, dass er alles bis ins kleinste Detail geplant hatte? »Das glaube ich nicht, Miss Crenshaw«, wiederholte er. »Ihr Baby wird mir allmählich zu schwer.«
    Ihr Gesicht wurde noch bleicher. Er hätte es nicht für möglich gehalten. Ausgezeichnet. »Schwester Desmond. Was hat sie Mary Grace geraten? Wohin sollte sie gehen?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Seine freie Hand schoss nach vorn und traf ihre Wange. Er sah den Schock in ihren Augen, als ihr Jochbein unter seiner Faust knackte. »Lügen Sie mich nicht an, Miss Crenshaw. Das war eine Warnung. Beim nächsten Mal fällt Ihr Kind ins Wasser. Das wäre doch schade. Ihre Nachbarn sind gern bereit auszusagen, dass Sie unter postnatalen Depressionen leiden. Arme Susan. Armes Baby. Was wird Ihr Mann wohl dazu sagen?«
    Ihre Lippen zitterten. »Sie sind …«
    »Widerlich? Ich glaube, ich kann Ihren Standpunkt verstehen. Zurück zu Schwester Desmond. Was hat sie meiner Frau geraten?«
    »Ich schwöre Ihnen, ich kann mich nicht erinnern.«
    »Versuchen Sie’s lieber.« Er drehte sich um und ging ein paar Schritte weiter zur Mitte der Brücke. Hörte, wie sie hinter ihm herrannte und ihn einholte. Er blieb stehen und wandte sich zu ihr um. »Fangen Sie damit an, dass Sie sich an Mary Grace erinnern. Rufen Sie sich ihr Gesicht ins Gedächtnis. Ihren Hals. Ihren Rücken.«
    »Ja.« Er musste sich anstrengen, um ihr Flüstern zu hören. Es war kaum mehr als ein Hauch.
    »Dann wissen Sie auch, dass ich das hier tun kann und tun werde.« Er hielt inne, sah, wie sie innerlich mit sich rang. »Wie heißt der Ort, Miss Crenshaw? Ich gebe Ihnen zehn Sekunden, dann reißt mir der Geduldsfaden, und Ihr Baby fällt ins Wasser.« Zehn, neun, acht … Er hoffte doch sehr, dass sie ihn nicht zwingen würde, seine Drohung wahr zu machen. Baby Rotkäppchen war ein süßer Fratz. Fünf, vier … »Drei, zwei …« Er trat mit dem Kind ans Geländer. Hielt es mit festem Griff über das Wasser.
    »Chicago«, platzte sie heraus und griff nach dem Kind. Dumme Kuh. Chicago war eine Riesenstadt. Da konnte er ein ganzes Jahr lang suchen, ohne eine Spur von Mary Grace zu finden. Besonders, wenn sie nach dieser langen Zeit gar nicht mehr dort lebte.
    Baby Rotkäppchen wand sich in seinen Händen. »Gut. Das ist schon mal ein Anfang. Aber es gab doch eine genaue Adresse, stimmt’s? Ich kann Ihr Baby kaum noch halten. Würde mir Leid tun, wenn ich es fallen ließe. Zehn Sekunden, Miss Crenshaw.«
    Sie ließ die Schultern hängen. »Die Einrichtung heißt Hanover House. Bitte, geben Sie mir jetzt mein Baby.«
    Hanover House.
Geschafft.
Unwillkürlich packten seine Hände fester zu, und das Baby schrie so gellend auf, dass seine Stimme Glas zum Zerbersten bringen könnte, und um ein Haar hätte er es fallen gelassen. Das wäre traurig gewesen. Er wollte Baby Rotkäppchen wirklich nichts antun. Dieser kleine Kerl hatte nichts mit dem Verschwinden seines

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