Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit
Schuhe«, brachte sie mit Mühe hervor. »Kann der Anblick wirklich einen Mann erregen?«
»Ach so. Ja. Mit hochhackigen Schuhen sehen die Beine einer Frau besonders schön aus.« Er ließ ihre Füße los, wandte sich wieder ihren Waden zu und knetete sie sanft durch die Jeans hindurch. »Ich muss bald gehen.«
Abrupt schlug sie die Augen auf. »Warum?«
Sein Lachen klang kläglich. »Weil ich bedeutend mehr tun möchte, als deine Füße zu massieren, und dazu bist du offenbar noch nicht bereit. Und ich weiß nicht, wie lange ich das noch aushalte.«
»Tut mir Leid«, flüsterte sie und verzog leicht die Mundwinkel.
»Nicht doch. Wir kennen uns erst knapp eine Woche.« Er drückte ihre Waden freundlich zum Abschied. »Außerdem hatten wir beide einen langen Tag. Danke, dass du zu meiner Überraschungsparty gekommen bist. Du hast es mir so viel leichter gemacht.«
»Du brauchtest mich nicht, nicht wirklich.«
»Oh doch.« Er hielt inne und legte seine Stirn an ihre. »Caroline, ich bin nicht eben das umgänglichste Mitglied unserer Familie. Meine Familie hatte jedes Recht, das Wiedersehen mit mir … zu fürchten.«
»Aber sie lieben dich, und du hast ihnen allen die Angst genommen.« Sie bemerkte das überraschte Aufblitzen in den Tiefen seiner Augen. »Ich habe doch Augen im Kopf, Max. Deine Familie war zu Anfang nervös und gespannt, aber voller Hoffnung. Das habe ich jedem Einzelnen angesehen, als sie mich die Treppe hinunterbaten. Sie wollten wieder mit dir zusammen sein, und du hast sie letztendlich nicht enttäuscht.« Sie schüttelte leicht den Kopf und hielt noch immer ihre Stirn an seine gelehnt. »Ihre Gesichter, als du mit Peter die Treppe hinunterkamst – als wärst du nie fort gewesen. Und dann waren sie nur noch neugierig.«
»Aber nicht mehr nervös?«
»Nein, ich glaube nicht. Ich würde aber nicht behaupten wollen, dass ich eine Expertin in Sachen Familie wäre.«
»Du sprichst nie über deine.«
Caroline schluckte. »Ich hatte nie eine richtige.« Sie merkte, dass sie wieder in ihren Dialekt zurückgefallen war, und verzog das Gesicht.
»Warum tust du das?«, fragte Max scharf.
»Was denn?«
»Warum versuchst du, deinen Dialekt zu verbergen?«
»Weil ich ihn hasse.« Sie stieß die Worte mit großer Leidenschaft hervor und sah das verdutzte Aufblitzen in Max’ Augen.
»Warum?«
Sie versuchte, sich von ihm zu lösen, doch er umfasste mit einer Hand ihren Hinterkopf und hielt sie fest, ihre Stirn an seiner. Sie seufzte resigniert. »Weil er mich an eine Zeit und einen Ort erinnert, die ich lieber vergessen möchte. Max, deine Eltern haben dich geliebt, nicht wahr?«
»Ja.« Es war eine schlichte Feststellung, aber mit solcher Überzeugung geäußert, dass Caroline die Tränen kamen.
»Dann kannst du das nicht verstehen. Meine Eltern haben einander nicht geliebt und mich auch nicht. Dein Vater hat zwei Berufe ausgeübt, um euch alle ernähren zu können. Mein Vater hat es nie lange in einem Job ausgehalten. Ich war … arm. Aber arm zu sein ist nicht das Ende der Welt, wenn man ein Zuhause hat, zu dem man jeden Tag gern zurückkehrt.«
»Und das hattest du nicht?«
»Nein. Das hatte ich nicht.«
»Hast du es jetzt?«
»Mit Tom zusammen, ja.«
Er schwieg, und beide taten einen tiefen, kräftigenden Atemzug. »Willst du noch mehr?«
Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über ihre Unterlippe. »Ja.«
Etwas Undefinierbares blitzte in seinen Augen auf. »Das macht uns alles sehr viel leichter, nicht wahr?«, flüsterte er. »Denn ich will auch mehr.«
Greenville, North Carolina
Sonnabend, 10. März, 23:30 Uhr
Winters drückte seine Zigarettenkippe in dem leeren Kaffeebecher von McDonald’s aus, legte den Gang ein und folgte dem weißen Ford Taurus, als dieser das klinikeigene Parkhaus verließ. Susan Crenshaw blickte gewissenhaft in den Rückspiegel und korrigierte seinen Winkel geringfügig, was unnötig war. Sie setzte den linken Blinker, genau wie am Tag davor. Genau wie vor zwei Tagen. Susan Crenshaw aufzuspüren war letztendlich doch ziemlich einfach gewesen, was ihn freute, da er möglichst wenig Leute während seiner Ermittlungen ansprechen wollte. Thatcher stellte entschieden zu viele Fragen. Falls er, Winters, Mary Grace nicht bald fand, könnte es Thatcher tatsächlich gelingen, einen Fall gegen ihn aufzubauen. Winters’ Miene verfinsterte sich bei dem bloßen Gedanken. Sein einziger Trost war die Tatsache, dass er wusste, wo Thatcher wohnte.
Winters
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