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Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit

Titel: Eiskalt Ist Die Zaertlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Rose
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sah das Blitzlichtgewitter, spürte den Rausch in seinen angespannten Muskeln, die sich bis zum Äußersten dehnten. Langsam ließ er sich auf einen Küchenstuhl sinken und starrte blind auf das Foto.
    »Das war mein Leben«, sagte er leise. Seine Kehle war zugeschnürt, seine Stimme klang rau. »Wie kannst du es wagen, mir mein Leben auf diese Weise unter die Nase zu reiben?«
    Caroline zögerte. »Du hast dein Leben weggeworfen, Max«, erwiderte sie leise. Dann wich sie hastig einen Schritt zurück, als er mit Zorn in den Augen zu ihr aufblickte.
    »Und du bist Expertin für so etwas? Indem du Kuchen bäckst, ein bisschen plauderst und deine hinterwäldlerischen Weisheiten austeilst?« Er wollte sie genauso tief treffen, wie sie ihn getroffen hatte. »Du hast nicht die geringste Ahnung, wie das ist, Caroline, also geh jetzt einfach und lass uns die ganze Sache als erbärmlichen Fehler abhaken.«
    Die Glut stieg ihr ins Gesicht, und zum ersten Mal fand er ihr Erröten absolut unattraktiv. Dann trat sie mit blitzenden Augen auf ihn zu. »Ich habe nicht die geringste Ahnung? Himmel, bist du egozentrisch, Max. Glaubst du wirklich, du bist der einzige Mensch auf der Welt, dem das Schicksal übel mitgespielt hat?«
    »Lass es«, knirschte er zwischen den Zähnen hervor. »Geh, Caroline, bevor ich wirklich wütend werde.«
    »Und was ist dann? Schreist du dann deine Familie an? Schreist du Evie an? Wen schreist du als Nächsten an, Max?« Sie beugte sich vor und stützte sich mit den Händen rechts und links von ihm auf den Armlehnen seines Sessels auf. »Bekommst du dann mal wieder einen Wutanfall und läufst für weitere zehn Jahre davon? Tja, ist das nicht ein furchtbar erwachsenes Verhalten? Ich will dir mal was sagen, Mr Maximillian Alexander, und du wirst mir zuhören. Eine ganze Menge Menschen auf dieser Welt sind bedeutend schlechter dran als du. Besuch doch mal ein Obdachlosenheim oder ein Krankenhaus, dann wirst du es sehen. Und dann sag mir, dass dein Leben wirklich schrecklich ist.«
    Sein Kinn wurde kantig. »Du hast keine Ahnung, wovon du redest. Geh nach Hause und nimm diese verfluchten Bilder mit.«
    Langsam schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß sehr genau, wovon ich rede. Weißt du, wie die Reha für Arme aussieht, Max? Das ist nicht etwa eine schicke Kurklinik in Boston mit Therapeuten und den neusten Gerätschaften. Weißt du, wie das ist, wenn man sich ganz allein helfen muss? Hast du eine Ahnung, wie das ist, wenn du nach jedem Sturz ohne jegliche Hilfe wieder aufstehen musst und weißt, dass es keine Menschenseele interessiert, ob du lebst oder stirbst? Weißt du, wie das ist, Max?«
    Sie war nur ein paar Zentimeter von seinem Gesicht entfernt, und ihre Stimme war kalt vor Empörung. »Nun, mein Lieber, ich weiß, wie das ist. Ich war da, habe es durchgemacht. Ich war auch verletzt. Schwer verletzt. Hatte einen Rückenwirbelbruch und Beine, die unter mir nachgaben, wenn ich aufstehen wollte, um meinen Sohn zu versorgen. Ich habe geschwitzt und gestöhnt und mich angetrieben, bis ich dachte, es wäre viel einfacher, aufzugeben und zu sterben. Ich habe, weiß Gott, eine Ahnung, wie das ist. Es ist zum Kotzen. Es ist ungerecht.«
    Sie hielt inne, um Luft zu holen, und nahm seinen schockierten Gesichtsausdruck gar nicht recht wahr. »Lass dir also von mir einen hinterwäldlerischen Rat geben. Was du verloren hast, ist mehr, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben je haben. Aber was du verloren hast, war nur etwas Vorübergehendes. Du hast ein paar Jahre deines Lebens verloren. Du hast deine Karriere verloren.« Sie riss ihm das Foto aus den kraftlosen Händen und schleuderte es zu Boden. »Du hattest Flügel. Gut und schön. Jetzt hast du keine mehr. Ich wollte Ballerina werden. Aber ich hätte nie die Chance bekommen, selbst wenn ich nicht die Treppe hinuntergestürzt wäre und mir nicht den Rücken gebrochen hätte, um dann Jahre meines Lebens darum zu kämpfen, dass ich wieder laufen lernte. Weißt du auch, warum?«
    »Warum?« Vor Verblüffung konnte er das Wort nur lautlos mit den Lippen formen, denn seine Stimme versagte.
    »Weil ich nie genug Geld hatte, um wenigstens satt zu werden. Ich hatte keinen Bruder, der sich um mich kümmerte. Ich hatte keinen Vater, der mich so sehr liebte, dass er meinetwegen geweint hätte. Ich hatte keine Schuhe, die ich zur Schule hätte anziehen können, geschweige denn Ballettschuhe. Du hattest eine ganze Menge, Max, und ja, du hast viel verloren, aber du

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