Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
aber er hielt sie fest. Aus dem Augenwinkel sah er, wie die Eingangstür des Hotels sich öffnete und zwei Gäste herauskamen. Die Frau war klein, zierlich und dunkelhaarig, er konnte ihr Gesicht nicht sehen; die blonden Haare ihres Begleiters hingegen und seine markanten Gesichtszüge waren deutlich im Licht der Eingangshalle zu erkennen. Er wusste, wer sie waren, und er wusste, dass er in dieser Sekunde den Arm des Mädchens loslassen sollte, aber eine große Wut und Ohnmacht flimmerte vor seinen Augen und fegte jeden Funken Vernunft weg.
»Nicht, ehe du mir eine Antwort gegeben hast.«
»Okay. Es waren drei Mädels.«
Sie entspannte sich. Die beiden Gestalten vor dem Hotel nickten ihm grüßend zu und stiegen in ein Auto. Gry fuhr fort.
»Die haben eine Zeit lang mit uns abgehangen, sind dannaber wieder verschwunden. Wir haben uns überlegt, ob da ein Serienmörder unterwegs ist. So wie damals in England, der Huren abgestochen hat. So was gibt es ja.«
Sie hatte ja recht, so etwas gab es, warum nicht auch hier bei ihnen.
»Und wie hießen die drei?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Daran kann ich mich echt nicht erinnern. Die waren nur ein paar Tage bei uns.«
»Und wann war das?«
»So um Weihnachten. Kurz vorher.«
»Und wo haben die gewohnt?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Das weiß ich doch nicht. Mal hier, mal da. Die waren nicht von hier.«
»Beschreib sie mir!«
»Das waren toughe Mädels. So mit Leder, Nieten und Kram. Wir hatten ganz schön Respekt vor denen.«
Sie spuckte auf den Bürgersteig. »Sie hatten voll den Durchblick.«
»Wie sahen sie aus?«
Verschlagen grinste sie ihn an und streckte ihm die Handfläche hin.
»Findest du nicht, dass dir diese ganzen Informationen langsam mal was wert sein sollten?«
Er betrachtete ihre zierliche Gestalt, wie sollte sie sich gegen einen Angreifer wehren?
»Vergiss nicht, dass das auch in deinem Interesse sein sollte. Was, wenn da wirklich ein Mörder durch die Gegend zieht und hinter solchen wie dir her ist?«
Er nickte zu ihrer Kollegin, die sich gerade zu dem Fahrer eines PKWs herunterbeugte und wahrscheinlich um den Preis feilschte.
»Und wenn er das ist, dort drüben in dem weißen Toyota? Wenn deine Freundin morgen nicht auftaucht? Wie würde es dir dann gehen, wenn du bewusst Informationen zurückgehalten hättest?«
Sie holte eine fast leere Zigarettenschachtel aus ihrer Jackentasche, zündete sich eine Zigarette an und blies ihm den Rauch ins Gesicht. Dann sah sie hinüber zu ihrer Freundin, die in diesem Augenblick in den Wagen stieg.
»Das habe ich damit vorhin gemeint«, meinte sie gedankenverloren. »Ich habe das Foto von dieser Nina in der Zeitung gesehen.«
Sie sah ihn an. Man musste sehr genau hinsehen, um die Angst hinter der trotzigen Wut in ihren Augen zu entdecken.
»Die eine von den dreien. Sie ähnelte dieser Nina. Tierisch sogar.«
K APITEL 30
Sie waren schon fast zu Hause angekommen, als Felix das Schweigen brach und sagte:
»Glaubst du, er hatte Sex mit ihr?«
»Vielleicht«, sagte Peter und konzentrierte sich auf die verschneite Straße.
Keine Sekunde lang hatte er daran gezweifelt, dass Mark Bille und die Prostituierte etwas verband, was nichts mit seinem Job zu tun hatte. Dennoch warf er ein:
»Vielleicht gibt es aber auch einen ganz anderen Grund. Es könnte ja auch mit dem Fall zu tun haben.«
Skeptisch sah sie ihn von der Seite an. Er hielt vor seinem Haus und sie wagten sich in die beißende Kälte hinaus. Sie schauderte und wäre beinahe von einem Windstoß umgeworfen worden.
»Komm, geh ins Haus, ich drehe noch eine Runde mit Kaj.«
»Nein, ich will mit.«
Ihre Sturheit gefiel ihm, das war ein gutes Zeichen. Aber sie war sehr erschöpft, darum blieben sie in der Nähe des Hauses. Sie hatte ihren Teller beim Abendessen im Hotel fast leer gegessen und sogar an einem Bier genippt, während er ihr von Stinger, Fischer-Brian, Ramses und dem versunkenen Schatz im Meer erzählte und von der Nummer, die sie auf Stingers Unterarm entdeckt hatten. Seine Rolle bei dem Überfall auf sie und der Befreiungsaktion von Anja spielte er so gut es ging herunter.
Kaj genoss den kurzen Augenblick in Freiheit und sprang übermütig hinter den Schneebällen her, die Peter warf. Das Meer lag dunkel vor ihnen, Peter versuchte sich vorzustellen, wo Fischer-Brian sein Boot wohl versenkt haben mochte. Das Kattegat war tief. Wenn man also vorhatte, etwas aus einem versunkenen Schiff zu bergen, würde man nicht die tiefste
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