Eiskalt wie die Nacht: Thriller (Dicte Svendsen ermittelt) (German Edition)
er mit Bestimmtheit sagen: dass sie auch etwas mit seiner Vergangenheit zu tun hatte.
Es war schon fast dunkel. Unter Mühen gelang es ihm, mit vor Kälte steifen Fingern die Luke wieder zu verschließen und die Persenning zu befestigen. Der Schnee verdeckte in Sekundenschnelle jede Spur der ungebetenen Gäste. Er nahm seine Schaufel, stieg in den Wagen und fuhr zum Atlantic Hotel. Mit einem Blick in den Rückspiegel vergewisserte er sich, ob er nicht zufällig von einem silbernen ramponierten Geländewagen verfolgt wurde, mit dem Lily vor dem Krankenhaus vorgefahren war, um Anja mitzunehmen.Aber es war niemand zu sehen. Der Schnee fiel wie Gardinen vom Himmel und senkte sich auf die Stadt und den Verkehr, der fast zum Erliegen gekommen war. Auf der Hauptstraße fuhr ein Schneepflug vorbei, kratzte über den Asphalt und verstreute in hohen Fontänen Salz.
Er blieb eine Weile reglos sitzen, bevor er sich die Strickmütze vom Kopf zog und aus der Umschlagfalte die kleine Plastikkarte holte. Es war eine Zimmerkarte für das Hotel Atlantic, Zimmer 422. Er betrat die Hotellobby, die im Retrostyle der Sechziger eingerichtet war, mit funktionellem Design und einem reduzierten, schlichten Rezeptionstresen aus hellem Holz.
Niemand hielt ihn auf, als er mit dem Aufzug in den vierten Stock fuhr. Aber die Tür von Zimmer 422 ließ sich mit der Karte nicht öffnen, darum fuhr er nach kurzem Zögern wieder runter in die Lobby und ging an die Rezeption. Als er an der Reihe war, setzte er sein charmantestes Lächeln auf.
»Hallo, mein Freund hat früher immer in Zimmer 422 gewohnt und jetzt haben wir uns schon so lange nicht mehr gesehen. Erik Gomez Andersen. Ist er vor kurzem mal wieder hier gewesen?«
Ihr Gesicht drückte tiefe Bestürzung aus, ihr Lächeln bekam etwas Anteilnehmendes. »DEN Erik Gomez Andersen?«
»Was meinen Sie damit?«
»Ja, aber der ist doch tot. Es tut mir so leid. Es war ein Unfall.«
Sie sah ihn aufmerksam an, als würde sie einen Totalzusammenbruch erwarten und sie ihre Kenntnisse in Erster Hilfe anwenden müssen. Peter versuchte angemessen ergriffen auszusehen und murmelte zu seiner Entschuldigung, dass er so lange nicht in der Stadt gewesen sei.
»Da sieht man mal wieder«, sagte er. »Man sollte es nie aufschieben, sich mit seinen Freunden zu treffen. Eines Tages kann es zu spät sein. Aber er ist öfter hier gewesen, nicht wahr?«
Sie senkte die Stimme, flüsterte beinahe.
»Er hat das Zimmer 422 immer gleich für mehrere Wochen gebucht, hat aber nur selten wirklich darin gewohnt.«
Peter bedankte sich und wollte gehen, als er ein Paar hohe rote Stiefel und einen dunklen Haarschopf in einem der Stühle wiedererkannte. Neben Miriam saß ein Mann mittleren Alters in Anzug und Hemd.
Peter setzte sich in einen Sessel der angrenzenden Sofagruppe. Die Überraschung in Miriams Gesicht war nicht zu übersehen, aber sie wandte sich augenblicklich wieder ihrem Begleiter zu.
»Wollen wir hochgehen?«
Sie gingen zu den Aufzügen. Peter wartete und nach einer halben Stunde kam sie wieder runter und näherte sich zögernd. Wahrscheinlich hatte sie gehofft, dass er schon gegangen war. Sie trug ihre Arbeitskleidung: kurzes Kleid, hohe Stiefel und war ordentlich aufgebrezelt. Als würde sie auf eine Party gehen.
Sie setzte sich mit übereinandergeschlagenen Beinen zu ihm. Er kannte sie und ihre Körpersprache einfach zu gut, sie war auf Angriff und Verteidigung vorbereitet.
»Ich schulde dir keine Erklärung und keine Entschuldigung. Du weißt, wer ich bin. Die Arbeit hat erste Priorität.«
Ihre heftige Reaktion verwunderte ihn, es musste einen Grund für ihren Ausbruch geben.
Er zeigte ihr die Karte. Sie nahm sie und klickte mit ihren langen Fingernägeln darauf herum.
»Was ist das?«
»Das siehst du doch, die Karte von Zimmer 422.«
»Und woher hast du die?«
Er erzählte, wo er sie gefunden hatte, und ließ sie dabei nicht aus den Augen.
»422«, wiederholte sie.
»Du wusstest die ganze Zeit Bescheid, stimmt’s? Du kennst Felix und kanntest auch ihren Mann?«
Miriams Blick bestätigte, dass er recht hatte. Sie massierte sich die Schläfen.
»Vergessen wir, was du mir bisher alles nicht erzählt hast: Dafür wirst du deine Gründe gehabt haben. Aber jetzt sitzen wir hier. Und du kennst dich hier ganz offensichtlich bestens aus.«
Er sah die Angst in ihren Augen.
»War Erik Gomez dein Kunde?«
Keine Antwort.
»Erzähl mir von ihm.«
»Peter …«
Ihre Stimme wurde verschluckt von
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