Eiskalt Wie Die Suende
er Finn nur sieht, fängt Denny an zu zittern wie Espenlaub. Kleiner Schisser.â
Nell stockte der Atem, und sie hörte, dass es Will nicht anders erging.
âIch war dabei, als Finn sich Denny geschnappt hatâ, erzählte Pru ungerührt weiter und schnippte Zigarettenasche auf den Boden. âDieses Weichei hat sich doch glatt in die Hose gemacht. Im Ernst, man konnte sehen, wie da vorne an seiner Hose so ein dunkler Fleck immer gröÃer wurde. Ich hab mich schlapp gelacht â dieser kleine Pisser!â
Nell sah kurz zu Will hinüber. Er hatte sein Kinn auf eine Weise gereckt, die ihr verriet, dass er mit seinem Zorn nur mühsam an sich halten konnte. Sein Gesicht wirkte wie versteinert.
âNa ja, egalâ, fuhr Pru fort und hob ihr Ginglas. âFinn hat ihm eins auf die Nase gegeben und eins in den Bauch, und als Denny am Boden lag, ist er ihm noch kräftig auf die Hand getreten. Also, wenn Sie mich fragen, hat er sich da echt zurückgehalten. Mutter hat zu Denny gesagt, wenn sie ihn noch einmal dabei erwischen würd, wie er Mary hinterherspannt, würde sie ihn nach Deer Island schicken. Wahrscheinlich hat sie das Schloss extra deswegen an der Tür anbringen lassen, damit er nichâ wieder in Versuchung kommt, könntâ ich mir vorstellen. Nett von ihr, eigentlich.â
Pru lieà den Zigarettenstummel zu Boden fallen und trat ihn mit dem Absatz aus.
âWas glaubst du â hat Denny das Loch in die Wand gemacht, oder hat er es dort bereits vorgefunden?â, fragte Will Nell. âEr hat uns zwar gesagt, dass es schon da gewesen wäre, als er im Nabbyâs angefangen hat, aber das muss ja nicht der Wahrheit entsprochen haben.â
âIch frage mich eigentlich eherâ, erwiderte Nell, âwarum Mutter die Tür, nicht aber das Guckloch hat verschlieÃen lassen. Mal ganz abgesehen davon, ob Denny es gemacht oder nur zufällig entdeckt hat, scheint es doch einen Grund zu geben, das Loch dort in der Wand zu belassen â nur jetzt hinter Schloss und Riegel.â
âEin Grund, der ganz gewiss nichts mit Denny zu tun hatâ, stellte Will fest. âJemand wollte das Guckloch für seine eigenen Zwecke nutzen.â
âJohnnyâ, sagte Pru, als ob das doch offensichtlich wäre. âDamit er bei denen abkassieren konnte, die heimlich zugucken wollten, wenn Mary mit ihren schnöseligen Freiern zugange war.â
âOder damit er selbst heimlich zugucken konnteâ, meinte Nell.
âWas für ein Mann war Johnny?â, wollte Will von Pru wissen.
âLausiger Boxerâ, sagte sie und kippte ihren Gin hinunter. âEr ist längst nicht so oft in den Ring geschickt worden wie Finn, weil er einfach nicht genug Zuschauer anlockte. Finn ist es, den alle sehen wollen. Er boxt an zwei Abenden die Woche â am Dienstag und am Samstag. Da wird auf der Tanzfläche der Ring aufgeschlagen. Kostet nur vier Dollar Einsatz, aber wenn genug Schnösel kommen, werden mit den Wetten Hunderte, manchmal auch Tausende verdient.â
âUnd die beiden arbeiteten auch als RausschmeiÃer?â, fragte Will.
âSie waren Mutters einzige RausschmeiÃerâ, betonte Pru, deren Augen schon leicht glasig waren, während ihre Worte immer verwaschener klangen. âFinn steht nur an den Abenden an der Tür, wo er nichâ boxt, also hat Johnny am Dienstag und Samstag seinen Job gemacht. Finn verdient sich mit dem RausschmeiÃen seine Miete und mit dem Boxen den Rest, was er eben so zum Leben braucht, Johnny verdiente sich einfach so was nebenher, wenn er nichâ gerade andere Jobs für Mutter erledigte.â
âZum Beispiel?â, fragte Will.
âOch, ich weiÃ, dass er sich um die Wetten gekümmert hat. Gar nicht so einfach ist das, weil die Hälfte der Boxkämpfe vorher abgesprochen sind.â Sie schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. âDas hättâ ich jetzt nichâ erzählen sollen, also sagen Sie Mutter bloà nichâ, dass ich was ausgeplaudert habe.â
âVersprochenâ, meinte Will.
âNa ja, und diese Opiumhöhle da untenâ, fuhr Pru fort. âJohnny hat das Zeug besorgt und sich drum gekümmert, dass die Raucher alles haben, was sie brauchen, ihre Pfeifen und was weià ich. Und natürlich hat er auch die Bullen bestochen, damit sie ein Auge zudrücken. Ansonsten hat er noch Jobs erledigt, die nix mit
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