Eiskalt Wie Die Suende
diesem Laden hier zu tun haben. Mutter hat im Viertel nämlich einige Sachen am Laufen.â
âWas für Sachen?â, fragte Will nach.
âKeine Ahnung.â Ihr Kopf kippte leicht nach vorn, als sie sich den Finger an die Lippen hielt. âPssst, streng geheim! Ich weià auch nur, dass sie sich etliche Handlanger hält, die nach ihrer Pfeife tanzen, aber was die tatsächlich machen, weià niemand so genau. Johnny war Mittelsmann zwischen Mutter und diesen Typen. Kurz gesagt â er hat dafür gesorgt, dass getan wurde, was Mutter wollte. Und wie ich so gehört hab, soll er damit ganz ordentlich verdient haben.â
âZudem alles, was Mary ihm einbrachteâ, sagte Nell. âSie meinten doch, er habe alles für sich behalten, oder?â
âJa, klar. Alles, was die Freier für sie gezahlt haben. Und die, die nur zuschauen wollten.â
âWenn Johnny so viel verdient hatâ, meinte Nell, âwarum lebte er dann dort unten, in diesem ⦠diesem Loch?â
Nachdem sie Nell und Will bedeutet hatte, sich zu ihr vorzubeugen, vertraute Pru ihnen mit schwerer Zunge und Ginfahne an: âFinn hat mir erzählt, dass Johnny sparte, weil er ein paar Häuser weiter seinen eigenen Laden aufmachen wollte â so ânen Saloon wie der hier, aber gröÃer und schicker. Meinte, er würde Mutter zeigen, woâs langgeht ⦠ihr die Kundschaft klauen und die Alte pleitegehen lassen. Dreist, was?â Sie kicherte.
âIch nehme nicht an, dass Mutter darüber erfreut gewesen wäreâ, bemerkte Nell.
âWie hätte sieâs denn rausfinden sollen, wenn Johnny und Finn ihr nix davon erzählen?â, entgegnete Pru in einem Ton, als halte sie Nell für ziemlich begriffsstutzig. âUnd die beiden sind die Einzigen, die davon wissen ⦠wussten. Ach, Sie wissen schon, was ich meine.â
âAber Sie wissen doch auch davonâ, stellte Nell fest.
âJa, weil Finn besoffen war, da hat er es uns halt gesagt. Sonst würdâ der kein Wort â¦â
âUns?â, fragte Nell.
âMir und Ivy und Fanny. Da waren wir nach Feierabend noch bei Finn im Hühnerstall, um ânen bisschen zu feiern.â
âZu feiern?â, wiederholte Nell verwundert. âSie drei und â¦?â Kaum hatte sie es gesagt, begriff auch sie.
Nun war es Will, der sie anschaute, als wäre sie etwas schwer von Begriff. Mit einem Lächeln, für das sie ihm am liebsten kräftig auf den Fuà getreten hätte, meinte er: âIch erkläre es dir später.â
âSo betrunken hab ich Finn noch nie erlebtâ, erzählte Pru. âSonst hättâ der nix gesagt. Aber er meinte, es sei ein Geheimnis, und wir mussten versprechen, den Mund zu halten. Wenn nicht, hat er gemeint, würde er schon dafür sorgen, dass wir keinen Mucks mehr sagen.â Grinsend schüttelte sie den Kopf, als wolle sie sagen: Männer!
âAber jetzt erzählen Sie es trotzdem unsâ, stellte Will fest.
Wer weiÃ, wem die drei Huren das Geheimnis schon anvertraut hatten, dachte Nell, und wem diese Leute es wiederum weitererzählt hatten. Ein einmal ausgeplaudertes Geheimnis spann sich so rasch weiter wie ein Spinnennetz.
Pru schaute Will so unverwandt an, als wolle sie ihm ein Horn auf der Stirn wachsen lassen. Doch ihr sichtlicher Verdruss darüber, ein so brisantes Geheimnis ausgeplaudert zu haben, schwand rasch dahin. Mit einer wegwerfenden Handbewegung meinte sie: âFinn ist das egal. Johnny ist tot. Wozu jetzt noch ein Geheimnis draus machen?â Sie hob ihr Glas, stellte fest, dass es leer war, und hielt es Will schmollend unter die Nase.
Will winkte eines der Serviermädchen herbei. Seine Gläser standen noch immer unberührt vor ihm.
âDu bist mein Prinz, Tommyâ, säuselte Pru. âSagt mal, ihr beiden ⦠ihr seid nichâ, du weiÃt schon ⦠zusammen, oder?â
âÃhm, neinâ, erwiderte Nell.
Pru beugte sich zu Will vor und flüsterte mit rauer Stimme: âWie wärâs dann, wenn ich dich mit nach unten nehme und mich für die köstlichen Drinks bedanke?â
Mit einem entschuldigenden Lächeln hob Will ihre Hand, küsste sie galant und schüttelte bedauernd den Kopf. âTut mir leidâ, meinte er, âaber das geht leider nicht.â
âAch neeâ, rief Pru und setzte sich auf. âDu bist aber kein
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