Eiskalt Wie Die Suende
hat er doch gar nicht, oder? Ich meine, er wusste doch, dass Mary viel älter war.â
âStimmt, deshalb sagte er auch nur, dann geh doch und hol die Bullen, er wisse genau, dass Mary längst keine dreizehn mehr wäre und würde nicht im Traum dran denken, auch nur einen Cent zu zahlen. Gut, meinte da Johnny, wenn er nicht binnen vierundzwanzig Stunden gezahlt hätte, würden er und seine Jungs Ben aufspüren und ihm sein gutes Bein derart zurichten, dass er auch das los wäre, und seinen rechten Arm gleich mit. Und sein eines Auge könne er dann auch vergessen, denn wenn schon, dann richtig. Als Ben meinte, das wäre doch alles nur Bluff, schrie Johnny: âDann werdâ ich dir mal zeigen, wer hier blufft!â, hat Ben die Treppe hochgeschleift und ihn rausgeworfen.â
âWoraufhin Ben ihm gedroht hat, ihn umzubringen, und das vor etlichen Zeugen.â
Cook stieà einen tiefen Seufzer aus. âWie ich schon sagte, er war zu dem Zeitpunkt völlig hinüber. Das war doch nichts weiter als eine leere Drohung. Was Betrunkene eben so reden, wenn sie nicht mehr Herr ihrer Sinne sind.â
âSind Sie sich da sicher?â
âGanz sicher. Nachdem Ben mir das alles erzählt hatte, fragte er mich: âGlaubst du, mir droht von diesem Kerl eine ernst zu nehmende Gefahr?â, und ich meinte: âJa, du verdammter â¦â âTschuldigung.â
âKeine Ursache.â
âIch sagte ihm also, dass er durchaus in Gefahr sei, und dass ich diesen Typen ziemlich gut kenne und er schon Schlimmeres getan hätte, als Leute zusammenzuschlagen. Johnny legt für einen Fünfziger auch schon mal jemanden um â und das ist dann bestimmt kein Bluff mehr.â
âTausend Dollar sind ganz schön viel Geldâ, sinnierte Nell. âIch weiÃ, dass Ben wohlhabend ist, aber hätte er sich das leisten können?â
âOh, er ist mehr als nur wohlhabendâ, sagte Cook. âEr ist mehrfacher Millionär. Seinem Geldbeutel hätte das nicht wehgetan, aber sein Stolz war zutiefst verletzt.â
âHatte er sich also doch bereit erklärt zu zahlen?â
âDirekt gesagt hat er es nicht, aber als wir in jener Nacht auseinandergegangen sind, war ich mir ziemlich sicher, dass er den Ernst seiner Lage begriffen hatte und sich einsichtig zeigen würde.â
âTrägt Ben eine Waffe?â, fragte Nell.
Cook schaute sie an und hob die Brauen. âNein, Miss Sweeney, tut er nicht.â
âAber jemand, der so häufig bei Pfandleihern ein- und ausgeht, könnte sich doch gewiss leicht eine Waffe beschaffen. Und als ehemaliger Soldat sollte er auch wissen, wie man damit umgeht.â
âBen Shute hat Johnny Cassidy nicht umgebrachtâ, betonte Cook und bog in die Fayette Street ein.
âIch wünschte, ich könnte Ihre Zuversicht â¦â Nell vergaÃ, was sie hatte sagen wollen, als sie sich dem Hause der Cooks näherten. Maureen, das Dienstmädchen, stand drauÃen vor der Tür, hatte die Arme fest um sich geschlungen und sah mit ängstlichem Blick die StraÃe hinauf und hinab. Als sie Cooks Buggy kommen sah, wedelte sie heftig mit den Armen und zeigte auf sie, trat dann einen Schritt zurück und bekreuzigte sich rasch.
âDetective â¦â, sagte Nell und setzte sich kerzengerade auf. Hinter den dünnen Vorhängen im Erdgeschoss sah sie schemenhafte Gestalten sich bewegen.
âDas ist Maureen, unser Mädchen â scheint Probleme zu gebenâ, meinte Cook, schlug die Zügel fester und drängte die Pferde rascher vorwärts. âEs ist bestimmt wegen Chloe. Irgendwas ist mit dem â¦â
âNein, das glaube ich nichtâ, sagte Nell und packte ihn fest beim Arm, als er vor dem Haus anhalten wollte. âFahren Sie weiter.â
âWas? Aber Chloe â¦â
In einem der oberen Fenster wurden die Vorhänge beiseitegezogen. Eine blonde Frau mit schmalem Gesicht â Chloes Freundin Lily Booth, vermutete Nell â lehnte sich weit heraus und schrie: âFahren Sie weiter, Colin! Fahren Sie schnell weiter!â
Und da flog auch schon die Haustür auf, und zwei blau uniformierte Polizisten â einer von ihnen Skinner â kamen mit gezogener Waffe herausgestürmt.
15. KAPITEL
Aus einer schräg gegenüberliegenden Gasse kamen drei weitere Polizisten angerannt, und einer sprang jäh hinter einem Baum
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