Eiskalt Wie Die Suende
Duncan.â
âNatürlich â er will dich nicht freigebenâ, erriet Will ganz richtig, dem dieses leidige Thema nur allzu bekannt war.
âEr sagt, ich wäre alles, was ihm auf der Welt noch geblieben ist. Wenn er so anfängt, bekomme ich fast Mitleid mit ihm, aber dann ⦠dann fällt mir wieder ein, warum ich ihn überhaupt verlassen habe und â¦â
Will runzelte die Brauen, betrachtete die Blutspritzer auf ihrem Kleid und fragte: âWas ist passiert?â
âAls ich ihm sagte, ich würde ihm die Unterlagen für die Scheidung zuschicken, hat er völlig die Beherrschung verloren. Da habe ich ihm kurzerhand eins auf die Nase gegeben.â
âNell, Nell, Nell â¦â Mit beiden Händen umfasste Will ihr Gesicht und meinte: âIch bin stolz auf dich, dass du dich zu wehren weiÃt, sehr stolz sogar, aber ich möchte dich trotzdem nicht noch einmal in einer solchen Lage wissen. Dieser Mann ist nicht ganz bei Sinnen. Du solltest ihm nie wieder gegenübertreten müssen â schon gar nicht allein. Wenn du irgendwann noch einmal mit ihm sprechen musst, sag mir Bescheid, und ich begleite dich.â
âIch bezweifle, dass ihn das versöhnlicher stimmen würdeâ, bemerkte Nell trocken.
âEs ist mir egal, wie er gestimmt ist. Ich will nur nicht, dass dir etwas geschieht. Und was die Scheidung anbelangt â wenn er sich dagegen wehrt, wehrst du dich auch. Ich besorge dir den besten Anwalt, den ich auftreiben kann. Wir â¦â
âSo einfach ist das nicht, Will.â
âDu meinst wegen der Kosten? Ich komme für alles auf.â
âOh, Will, das kann ich unmöglich â¦â
âHimmel noch mal, Nellâ, unterbrach er sie gereizt. âIch dachte, das hätten wir geklärt.â Einen Moment sah er beiseite, als müsse er sich erst beruhigen. Dann streichelte er sanft ihre Wange und fügte etwas versöhnlicher hinzu: âDas Geld bedeutet mir nichts. Ich habe es beim Faro gewonnen. Warum sollte es nicht zu etwas Besserem nutze sein, als nur wieder beim Spiel gesetzt zu werden? Ich weiÃ, dass eine Scheidung nicht leicht sein wird, wenn Duncan damit nicht einverstanden ist. Ich weiÃ, dass es lange dauern wird und du es geheim halten musst, aber â¦â
âGenau das ist das Problemâ, sagte sie. âIch werde es nicht geheim halten können. Er wird sich meinem Antrag nicht nur widersetzen, Will. Er will es deinen Eltern erzählen. Einen Brief will er ihnen schreiben, ihnen von meiner Ehe berichten und meiner Vergangenheit als Taschendiebin.â
âVerdammt.â Wieder sah Will beiseite, blickte die StraÃe hinab und rieb sich nachdenklich den Nacken. Dann schloss er die Augen und flüsterte: âDieser verdammte Mistkerl.â Solch ungehemmtes Fluchen hatte er sich in ihrer Gegenwart bislang noch nie erlaubt.
âWenn sie herausfinden â insbesondere dein Vater â, was ich ihnen alles verheimlicht habeâ, fuhr Nell verzweifelt fort, âbin ich ruiniert. Ich würde alles verlieren. Meine Anstellung, meinen Lebensunterhalt, mein Zuhause, meinen Ruf ⦠Dein Vater hasst mich. Er wird dafür sorgen, dass ich nirgends mehr einen Fuà auf den Boden bekomme. Aber das Schlimmste wäre, dass ich Gracie verlieren würde. Man würde mir nicht mehr erlauben, sie zu sehen. Vielleicht würde dein Vater sie sogar ganz fortschicken â so wie dich, als du klein warst. Das kann ich nicht riskieren.â
âEs ⦠es muss doch irgendeine andere Möglichkeit gebenâ, stieà Will grimmig hervor, âdamit du loskommst von diesem ⦠diesem â¦â
âIch habe mir die Sache wirklich von allen Seiten betrachtet, Will, und sollte es eine Möglichkeit geben, so liegt sie nicht in meiner Macht. Vor zwölf Jahren habe ich versprochen, mich in guten und in schlechten Zeiten an Duncan zu binden bis dass der Tod uns scheide. Und es sieht so aus, als würde Gott mich beim Wort nehmen.â
16. KAPITEL
Es war Samstagabend, und die Boxkämpfe hatten bereits begonnen. Das war unschwer aus dem nach Blut dürstenden Gegröle zu schlieÃen, das Nell und Will entgegenbrandete, kaum dass sie über die Schwelle von Nabbyâs Inferno getreten waren. Obwohl die Kämpfe auf dem Tanzboden im hinteren Teil des Saloons ausgetragen wurden, hallten die Schreie â âLos, mach ihn kalt!â oder
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