Eiskalte Berührung - Cole, K: Eiskalte Berührung
große Hoffnungen. Wenn die Vampire der Burg genauso viel Energie auf den Kampf wie auf das Verbrennen verwendet hätten, hätten sie Oblak möglicherweise halten können. Ihre Flucht widerte ihn an. Wenn man sein Heim verteidigte, verteidigte man es bis zum Tod.
Er hatte es getan.
»Nein«, erwiderte Kristoff.
Ohne die Aufzeichnungen würde ihre Ignoranz sie umbringen. Kristoff, der rechtmäßige König, war von Menschen aufgezogen worden, weit entfernt von Demestrius’ Wirkungsbereich. Er hatte jahrhundertelang unter ihnen gelebt, ohne seine wahre Natur aufzudecken, hatte dadurch jedoch nur wenig über die Mythenwelt erfahren. Seine Armee bestand aus menschlichen Kriegern, die er gewandelt hatte, als sie auf dem Schlachtfeld im Sterben lagen, sodass auch sie über keinerlei Kenntnisse verfügten. Bevor Wroth Kristoff wie einen Todesengel über sich hatte stehen sehen, hatte er Vampire für eine Ausgeburt der Fantasie gehalten.
DieRegelndieserneuenWeltwarenkomplexundwidersprachenoftseinerIntuition.ZudemverfügtensienurüberwenigmehralsMutmaßungenunddas,wassieimLaufederJahrhundertedurchschmerzhafteErfahrunggelernthatten.SiewarenineinerArtZwielichtgefangen – nichtmenschlich,unddochvonallenFaktionendesMythosgleichermaßengemieden.DieWesenderMythenweltverbargensichindenSchatten,flohenausjedemLandstrich,denKristoffsArmeebesetzte,arbeitetenzusammen,umstetseinenSchrittvorauszusein.WrothsmenschlicheErfahrungsagteihm,dasssieinzwischeneinigeInformationenhättensammelnmüssen,dochdieRealitätsahsoaus,dasssiesichaufeinervollkommenanderenEbenezubewegenschienen.DieselbenAnstrengungen,dieseitjeherdaraufverwendetwurden,dieMythenweltvordenMenschengeheimzuhalten,wurdendaraufverwandt, auch Kristoffs Soldaten im Dunkeln zu lassen.
»Irgendein Zeichen von Conrad oder Sebastian?«, fragte Kristoff.
Wroth schüttelte den Kopf. Er hatte seine Brüder nicht mehr gesehen, seitdem sie gewandelt worden waren, allerdings war ihm zu Ohren gekommen, dass sie in eine Auseinandersetzung mit gebürtigen Vampiren geraten waren. Auch wenn Murdoch und er nicht erwartet hatten, ihre Brüder hier vorzufinden, hatten sie doch gehofft, die beiden könnten sich in den Verliesen der Burg befinden, die sie gemäß ihrer Strategie als Nächstes hatten einnehmen müssen.
»Vielleicht in der nächsten Feste der Horde.«
Wroth nickte, obwohl er es bezweifelte. Er spürte, dass sein jüngster Bruder, Bastian, tot war, und vermutete, dass der Verstand des nächstältesten, Conrad, unerreichbar war, selbst wenn er gefunden werden könnte. Die beiden hatten das ewige Leben, das ihre älteren Brüder ihnen aufgezwungen hatten, nicht gewollt.
Murdoch musterte einen Schnitt in seinem Arm. Die Wunde schien ihm überhaupt keine Sorgen zu bereiten, aber schließlich schien es nichts zu geben, was ihn wirklich kümmerte. Auch wenn sie einander sehr ähnlich sahen, hätten sie von ihrer Persönlichkeit her gar nicht unterschiedlicher sein können. Wroth glaubte an Kristoffs Sache. Er sah zahlreiche Parallelen zu seiner eigenen Vergangenheit und wollte den Kampf fortführen. Murdoch hingegen scherte sich darum nicht die Bohne. Wroth hatte den Verdacht, dass sein Bruder nur ihm zu Gefallen den Kampf fortsetzte – oder weil ihnen jetzt nichts anderes übrig blieb.
»Nikolai hat ein Wesen im Kerker entdeckt«, sagte Murdoch. »Es scheint über beträchtliche Kenntnisse der Mythenwelt zu verfügen.«
»Was für ein Wesen?«
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Nikolai. »Sie ähnelt den Feyden mit ihrer zarten Gestalt und den spitzen Ohren. Aber sie besitzt dazu noch diese kleinen … Fangzähne , und ihre Fingernägel glichen eher … Klauen. Jedenfalls ist sie kein Vampir.«
Kristoff sah ihn mit gerunzelter Stirn an. »Vielleicht entstammt sie mehr als einer Spezies?«
»Vielleicht.« Noch mehr Mutmaßungen. Wroth hatte es so satt. Er wollte die Regeln des Spiels kennen, um es zu beherrschen.
»Finde heraus, was du nur kannst.«
»Sie wird nicht reden. Ich habe genug Verhöre durchgeführt, um zu wissen, dass sie höchstens Andeutungen machen, aber nie wirklich etwas preisgeben wird. Und sie hasst Vampire.«
Kristoff rieb sich die Stirn. »Nun gut … Also, wenn wir bis morgen Abend die Informationen nicht von den restlichen Gefangenen erhalten haben, behandeln wir sie so, wie es die Horde, die sie hasst, getan hätte. Wenn du die Informationen auf keinem anderen Weg von ihr bekommen kannst, dann foltere sie.«
Wroth nickte, auch wenn ihm der Plan nicht
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