Eiskalte Berührung - Cole, K: Eiskalte Berührung
stärksten war. Nicht aus dem Grund, aus dem du mit … «, sie verstummte und musterte ihn gründlich, »vierunddreißig stehen geblieben bist.«
»Fünfunddreißig. Und was glaubst du, aus welchem Grund ich damals aufhörte zu altern?«
Sie ignorierte ihn und fuhr fort, seine Sachen zu durchstöbern. Kurz darauf zog sie ein altes, mit Edelsteinen besetztes Kreuz aus seiner Tasche. Sie hielt die Reliquie von sich weg und wandte den Blick ab. »Du bist katholisch?«
»Ja. Es war ein Geschenk meines Vaters.« Das ihn in den Zeiten des Krieges am Leben erhalten sollte. Wroth schüttelte den Kopf angesichts der Ironie, wie gut es funktioniert hatte. »Ich dachte, ich wäre derjenige, der sich davon abgestoßen fühlen sollte.«
»So was kann auch nur von einem gewandelten Menschen kommen. Außerdem fühle ich mich in keiner Weise abgestoßen .Bei diesen Juwelen? Wenn ich es ansehe, will ich es haben.«
»Dann würdest du es also nicht besitzen wollen, weil du katholisch bist. Verstehe ich das richtig?«
»Meine Familie zählte zu den besonders orthodoxen Heiden. Kann ich es haben?« Sie hielt es ihm hin, nach wie vor, ohne es anzublicken. »Kann ich, kann ich, Wroth?«
»Leg es zurück«, sagte er. Er kämpfte gegen den ungewohnten Drang zu grinsen an. Mit schmollender Miene legte sie es wieder in die Tasche, während sie etwas über geizige Vampire vor sich hinmurmelte, und steckte die Füße in seine Stiefel. Als sie sich mit in die Hüften gestemmten Armen wieder zu ihm umdrehte, hätte sich bei ihrem Anblick um ein Haar ein Lächeln auf seinen Lippen ausgebreitet – eine wahnsinnige, heidnische Unsterbliche, die in seinen Stiefeln fast versank.
»Womit hat deine Mutter dich bloß gefüttert?«, stichelte sie. »Gab es in der Renaissance überhaupt schon Anabolika?«
Ihm verging das Verlangen zu lächeln. »Meine Mutter starb jung.«
»Genau wie meine.« Er glaubte, sie »das erste Mal« murmeln zu hören.
»Und ich wurde nach der Renaissance geboren.«
Sie zog die Füße wieder aus seinen Stiefeln und stolzierte an ihm vorbei. »Aber nicht sehr lange.«
»Das ist wahr. Und warum glaubst du, ich hätte mit fünfunddreißig aufgehört zu altern?«, fragte er noch einmal.
Sie runzelte die Stirn, als ob sie sich nicht erklären könnte, wie er auf diese Frage kam, und antwortete dann: »Weil der unartige Kristoff dich auf irgendeinem Schlachtfeld aufgelesen hat, wo du gerade im Sterben lagst. Er fand, du würdest einen würdigen Rekruten abgeben, und ließ dich von seinem Blut trinken. Hat sich vielleicht ins Handgelenk gebissen. Als du dann sein vampirisches Unglücksblut in den Adern hattest, ließ er dich sterben. Es sei denn, er hätte es eilig gehabt, dann hätte er den Prozess etwas beschleunigt. Und ein bis drei Nächte später – voilà, du erstehst von den Toten auf, höchstwahrscheinlich mit einem ziemlich überraschten Gesichtsausdruck, während du denkst: ›Heilige Scheiße, es hat funktioniert!‹«
Er ignorierte die letzte Bemerkung. »Woher weißt du von dem Blutritual?«, fragte er stattdessen. Er war davon ausgegangen, dass nur Vampire den wahren Weg kannten, einen Menschen zu wandeln. In Filmen und Büchern folgte die Wandlung stets als Konsequenz aus dem Biss eines Vampirs, wohingegen es doch wesentlich wahrscheinlicher war, zum Vampir zu werden, wenn ein Mensch einen Vampir biss.
»Wie schon gesagt, ich weiß alles.«
Das konnte ja sein, aber er lernte dazu, wenn auch sehr unregelmäßig. Sie war eine Unsterbliche, die im Alter von fünfundzwanzig aufgehört hatte zu altern. Wenn sie Heidin war, war sie wenigstens ein paar Hundert Jahre alt. Sie kannte das Blutritual und wusste, dass Kristoff seine Soldaten frisch vom Schlachtfeld weg »rekrutierte«.
Als sie ihre Kleidungsstücke aufhob, die Tür öffnete und mit einem Fingerschnippen eine Wache draußen im Gang auf sich aufmerksam machte, sah Wroth ihr einfach nur zu wie ein unbeteiligter Zuschauer.
»Pssst. Lakai. Das hier muss alles gewaschen werden. Aber mit ganz wenig Stärke. Jetzt steh hier nicht einfach nur dumm rum, sonst wird mein guter Freund, General Wroth, nämlich sehr böse. Wir sind nämlich so .«
Wenn er sie auch nicht sehen konnte, wusste er doch, dass sie die Finger gekreuzt hielt.
Sobald sie ihre Schmutzwäsche losgeworden war, schloss sie die Tür, indem sie sich auf übertrieben dramatische Weise dagegenlehnte – als ob sie sagen wollte, jetzt könne er ihr nicht mehr entkommen – und glitt auf ihn
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