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Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller

Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller

Titel: Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sutton Verlag GmbH
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zwei Fingern unter sein Brillengestell, reibt sich überdie Nasenwände. »Es tut mir leid, mein Freund. Ich weiß, dass dir das nicht gefällt.« Er rückt die Brille wieder zurecht und sieht Devcon fest an. »Aber alles, was ich dir im Moment mit Sicherheit sagen kann, ist, dass hier jemand zu Werke gegangen sein muss, der körperlich zwar noch quicklebendig ist, dessen Herz jedoch eiskalt … Jim? Was ist los? Geht’s dir gut?«
    Devcons Gesicht ist erstarrt. Er schaut durch Hans Dillinger hindurch, als blicke er direkt in ein schwarzes Loch. Und zitiert mit tonloser Stimme: »Die Natur vereist, es gefriert das Herz. Und übrig bleibt nur ein quälender Schmerz.«
    »Wie bitte?«
    Devcon löst sich mühsam aus seiner Gemütsstarre. »Ein Zweizeiler. Irgendwie passend zu dem, was du gerade gesagt hast. War gestern bei uns in der Post.«

12
    Vor langer Zeit, in dunkler Nacht,
    Lichter, gleißend und laut   – habt acht!
    Nur kurz in meine Nähe gelassen,
    hab ich gelernt, diese Lichter zu hassen!
    Im Namen des Guten mich feilgeboten,
    zerschlug erst ein Beil den gordischen Knoten,
    doch wie in endlosen Spuren der Erinnerungen
    ist all das tief in mein blutendes Herz gedrungen.
    Und die Wunde bleibt offen für immerdar,
    der Schmerz tobend, als ob es erst gestern war.
    So ward mein Leben der grausamen Lichtwelt geweiht.
    Und niemand ist da, der mich davon befreit.
    Selbst der Tod wird mir keine Erlösung geben,
    wenn ich muss ewig mit den Quälgeistern leben   …
    Die fahlen Hände über der Tastatur, unerbittlich wie Klauen eines Greifvogels, sie sausen präzise auf die einzelnen Buchstabenfelder nieder. Wort für Wort, Zeile für Zeile – ein frei fließender Strom, dessen Kraft und Geschwindigkeit sich mit jedem zurückgelegten Meter potenziert. Und der nur ein Ziel kennt: den reißenden, wild schäumenden Abgrund.
    Und so ist die Moral von meiner Geschicht’
    recht simpel und doch von größtem Gewicht:
    Die Narbe des Guten, die Pein, die in jede Pore sich frisst,
    sie ist es, was das eigentlich Böse ist.
    Und mein Hass führt nun Feder   …
    Die fahlen Hände halten inne. Liegen auf der Tastatur. Reglos, wie eine wächserne Nachbildung ihrer selbst. Der Bildschirm wird langsam dunkel. Standby-Modus. Gut zwei Minuten lang. Dann ein leichtes Zucken. Das Leben kehrt in die Finger zurück. Curser zur Kopfleiste: Bearbeitungsfenster öffnen. Markieren der getippten Verse im Dokument. Im Fokus die Pfeiltaste rechts oben auf der Tastatur. Der Zeigefinger nähert sich ihr. Langsam. Schwebt über ihr. Dann stürzt er herab. Klack!
    Kompletter Text gelöscht.
    Ein lang gezogenes Ausatmen. Die Hände neben der Tastatur ineinander verschränkt.
    Schöpferische Pause. In absoluter Stille. Augenlider geschlossen. Mund zu. Nur die Brust hebt sich. Senkt sich …
    Augen wieder auf. Und ein Lächeln. Aus Stahl. Dann eine ruckartige Bewegung der Hand. Neues Bearbeitungsfenster. Einfügen. Überschrift »Filmepilog«.
    Das Ganze von vorn:
    Und der Sturm meiner Bilder fege durch alle Äther, schmerzvoll wie glühende Nägel im waidwunden Fleisch der virtuellen Welt. Und aus den tiefen Blessuren wird nichts als Eiter fließen, dem bitteren Menschenaas zur Höllenqual.
    Leide, oh Menschenaas! Fühle!
    Doch du   – bist schon im Innern verwest. Instinktlos. Und kalt.
    Nicht würdig, zu leben. Zu feige zum Sterben. Auf ewig gefangen im eigenen Gedankenknast. Du, oh Menschenaas, du kannst nicht mehr fühlen. Vegetierst im Niemandsland. Sinkst lebendig hinab in dein Grab. Für   – alle Zeit?
    Nein   …
    So lasset uns hassen!
    Die grelle Lichtwelt zertrümmern!
    Denn sehet: IHR   – seid ICH! Und ICH bin IHR.
    U nd wir sind viele.
    Weißer Ritter   – wo bist du?
    Die fahlen Hände stoppen, verharren, bis der Bildschirm erneut schwarz wird. Doch dieses Mal nur ganz kurz. Der rechte Zeigefinger hackt auf die erstbeste Taste: Geschriebene Zeilen markieren. Dann formatieren: Auswahl, auf dem Bildschirm entlangfließende Buchstaben. Wie beim Prolog der Star Wars -Filme. Schriftart gleichbleibend. Buchstabenfarbe: scharlachrot. Passend zur Ohnmacht, dem Schmerz, Siechtum, all dem Blut, Urin und Erbrochenen, das der neue Film zeigt. Gedreht im Namen des Guten.
    Wieder dieses Lächeln. Freudlos, sardonisch. Grimassenhaft.
    Und der Zeigefinger, er streicht über den Touchscreen. Sanft. Leicht. Fast zärtlich. Neue Bilddatei öffnen. Großaufnahme der geknebelten Lehrerin. Heranzoomen ihres von Todesqualen gezeichneten

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