Eiskalte Ekstase - ein Frankfurt-Thriller
Ekel zu.
»Und was heißt das genau?«
Kartan, die Stirn kraus gezogen wegen des intensiven Arzneimittelgeschmacks, sieht Devcon an. »Na, dass den zweien der Tod auf dem Scheiterhaufen erspart geblieben ist, weil sie vorher schon umgebracht worden sind. Verbrennung post mortem eben.«
»Und das macht’s in deinen Augen wohl besser, ja?« Grafert bläst die Backen auf und pustet die Luft wieder aus.
»Sogar wesentlich besser, allerdings. Zweimal je ein glatter Durchschuss ist definitiv eine deutlich humanere Tötungsart als ein langsames vor sich hin Kokeln.«
»Langsam wohl eher nicht, wenn wir an den sichergestellten Benzinkanister denken«, wirft Leila Voist ein. Und schaut Tatjana Kartan freundlich an.
»Von mir aus. Aber trotzdem. Wenn ich mir meine Todesart aussuchen dürfte, würde ich es jedenfalls bevorzugen …« Kartan verstummt, als sie den warnenden Blick Devcons registriert. Sie macht ein paar fahrige Handbewegungen und fängt abermals an zu husten. Diesmal fast krampfartig.
»Sag mal, bist du etwa erkältet?« Grafert klingt ehrlich besorgt. Wegen der Ansteckungsgefahr.
»Nee, das ist mein neuestes Hobby. Bronchien-Building. Der letzte Schrei. Noch nie davon gehört, oder was?«
Leila Voist unterdrückt ein Grinsen. Bei Devcon baut sich gar nicht erst eines auf. »Erschossen also …« Er greift sich die Akte und seine Lesebrille.
»Gib her, geht schneller, denn ich kenn’s doch schon.« Kartan schnippt mit den Fingern, und der Akteneinband saust über die glatte Tischplatte zu ihr rüber. »Also …«, sie schlägt auf, blättert, »ich referiere aus dem Untersuchungsprotokoll zur Schusskanaluntersuchung. Sogar mit CT-Aufnahmen – hört, hört.« Sie blickt in die Runde, wendet sich aber gleich wieder dem Bericht zu. »Laber, laber, laber … ah, hier geht’s los. Die Eintrittswunde des Bleiprojektils bei dem männlichen Leichnam liegt auf der linken Brustvorderseite, etwa einhundertdreißig Komma vier Zentimeter oberhalb der Ferse. Es ist auf dem Rücken wieder ausgetreten, elf Komma zwo Zentimeter rechts von der Wirbelsäule, in Höhe von hunderteinundzwanzig Zentimetern. Der Schusskanal verlief also von links vorne oben nach rechts hinten unten, absteigend und in einem Winkel von circa …«
»Kurz gesagt, ein Brustkorb-Bauch-Durchschuss.«
»Genau, Leila. Und das heißt, der Tod ist auf der Stelle eingetreten.« Siegesfaust in Richtung Sascha Grafert.
»Bei der Frau dasselbe?«
Kartan fixiert Devcon. »Wenn man mal von den Größenverhältnissen absieht, ja.«
»Die den Statistiker erfreuen, aber nicht mich. Was ist mit einem Point Black?«
Kartan zuckt die Achseln. »Nicht mehr feststellbar, würde ich sagen. Die Haut bei beiden ist fast komplett verkohlt, wie sollen da noch Spuren von Pulverbestandteilen im Gewebe nachgewiesen werden, die darauf schließen lassen, dass die Waffe aus kürzester Entfernung abgefeuert wurde.«
»Punkt für dich.« Devcon lehnt sich zurück, reibt sich die Augenlider.
»Eine gute Nachricht hab ich aber noch – na ja, den Umständen entsprechend.«
»Lass hören.« Devcon verharrt in seiner Position, die Finger seiner linken Hand nach wie vor auf den Lidern.
»Die Leichname sind inzwischen identifiziert.«
Devcons Kopf schnellt hoch. »Was? Jetzt schon? Wie das?«
»Anhand eines Lippenpiercings. Der kleine Ring ist aus Edelstahl und natürlich nicht mit verbrannt, sondern nur stark angekokelt.«
»Ja, klasse – aber wie viele Leute tragen inzwischen so ein Ding? Hm?« Grafert zieht eine Grimasse.
»Viele. Doch die interessantere Frage ist, wie viele von denen seit letzten Freitagabend vermisst werden und eine Mutter haben, die bestätigen kann, dass ihre Tochter genau so ein Ding trägt.« An Devcon gewandt, fährt Tatjana Kartan mit deutlich weniger Aggression in der Stimme fort: »Da hatten wir wirklich mal Glück. Es war nämlich reiner Zufall, dass ich die Gaby Dorn von der Vermisstenabteilung auf’m Klo getroffen hab …«
»Wo du da doch zur Zeit so überaus selten bist.« Graferts Retourkutsche.
»Wie dem auch sei, sie hat mir dann prompt von dieser Frau erzählt, die vollkommen aufgelöst mindestens fünfmal am Tag bei ihnen anruft, um sich nach dem Stand der Ermittlungen ihre Tochter betreffend zu erkundigen. Und irgendwie kamen wir dabei dann aufs Thema Jugendkultur …«
»Toilettenphilosophie … spannend, erzähl mehr, mich hält’s ja kaum noch auf’m Sitz.«
»Jetzt wart’s doch mal ab, Sascha! Mann, du
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