Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
Zahnarzt hatte ihm versichert, niemand würde etwas merken, da es sich um den hintersten Zahn handele.
Jedenfalls glaubte er, dass der Zahnarzt das gesagt hatte.
Er schloss ganz fest die Augen und versuchte, an etwas anderes zu denken, als ihn der Arzt bat, den Mund ganz weit zu öffnen, und sich daranmachte, ihn von dem Zahn und den Schmerzen zu befreien.
Wenig später ging er eine schmale Gasse entlang und betrachtete die Türen, an denen er vorbeikam. Sie waren alt, aus Holz und mit Schnitzereien verziert. Die bohrenden Zahnschmerzen waren von einem dumpfen Schmerz abgelöst worden, der vermutlich allmählich abklingen würde. Trotz der Betäubung hatte es fürchterlich weh getan. Er glaubte, dass er laut geschrien hatte. Aber der Zahnarzt hatte sich nicht beirren lassen und vollkommen ungerührt ausgesehen, während er mit einer Zange und einem Metallspieß den Zahn gelockert hatte. Jetzt war es jedenfalls vorbei. Ab und zu fuhr er mit der Zungenspitze über die Lücke ganz hinten im Oberkiefer. Dann durchzuckte ihn zwar jedes Mal ein Schmerz, aber er konnte es trotzdem nicht lassen. Seine Zunge schien einen eigenen Willen zu haben und sich nicht kontrollieren lassen zu wollen.
Er hatte Pia Levin gesagt, er sei den ganzen Tag unterwegs, deswegen hatte er es nicht eilig, ins Präsidium zurückzukehren. Den Weg vom Zahnarzt zum Büro legte er zu Fuß zurück, bog dann aber, als er ans Wasser gelangte, Richtung Süden ab. Zum ersten Mal seit langem war er mit seinem Dasein wieder halbwegs zufrieden.
Es hatte am Morgen wieder zu schneien begonnen. Er wusste, dass er für einen langen Spaziergang falsch gekleidet war, aber das kümmerte ihn nicht. Die dicken, weißen Flocken schmolzen auf seinem Gesicht, und der Mantel wurde an den Schultern nass. Wo er schon einmal hier war, konnte er genauso gut kontrollieren, was ihm schon seit Tagen keine Ruhe ließ. Er zog einen Zettel aus der Innentasche und überprüfte noch einmal die Adresse, die ihm ein Fahnder, den er schon lange kannte, gegeben hatte.
Holtz beschleunigte seine Schritte und bog in eine der schmalen Gassen ab, während er mit dem Blick nach der richtigen Hausnummer suchte.
Der Laden lag im Keller, eine steile Treppe führte ins Dunkel. Er zögerte einen Augenblick, ging dann aber die wenigen Schritte nach unten, öffnete und trat ein.
Ein kleines Glöckchen klingelte, als die Tür hinter ihm zufiel.
C.s Büro war ein Eckzimmer mit Fenstern in zwei Himmelsrichtungen. Auf dem Boden lag ein dicker, geräuschdämmender Teppich, den sie, als sie Polizeichefin geworden war, hatte verlegen lassen. Sie verabscheute das Geklapper von Absätzen, und da der größte Teil des Personals im obersten Stockwerk des Präsidiums aus Frauen bestand, zivilen Angestellten, die darauf beharrten, hochhackige Schuhe zu tragen, war ihr der Teppich wichtig gewesen. Bei dieser Gelegenheit hatte sie dann auch gleich die dunklen, durchgesessenen Polstermöbel durch modernere und hellere ersetzt. C. hatte nicht die Absicht, ihren Chefsessel so bald wieder zu räumen, und fand, es stehe Leuten in ihrer Position zu, über die Gestaltung des eigenen Büros zu entscheiden.
Sie saß an ihrem großen, aufgeräumten Schreibtisch, als Pia Levin und Ellen Brandt von der Sekretärin in dem kleinen Vorzimmer hereingeschickt wurden.
»Setzt euch«, sagte C.
Nachdem sie Platz genommen hatten, trat die Sekretärin mit einem Tablett mit Kaffee und einer kleinen Obstschale ein, stellte alles auf den Tisch, verließ leise wieder das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Levin blickte ihr hinterher und wollte schon sagen, sie könne sich ihren Kaffee auch gut selbst holen, ließ es dann aber bleiben.
»Der Brand. Dürfte ich um eine Erklärung bitten«, sagte C., goss sich eine Tasse Kaffee ein und lehnte sich im Sessel zurück.
»Vermutlich ist es das Beste, wenn du anfängst«, sagte Brandt und sah Levin an.
Pia Levin nahm einen Apfel aus der Schale und biss langsam hinein, während C. auf ihre Erklärung wartete.
»Holtz und ich haben im Adlerhorst eine Geheimkammer gefunden. Ehe wir sie noch näher untersuchen konnten, brannte das Gebäude ab.« Lautstark biss sie ein weiteres Mal ab. Ein Tropfen lief ihr am Kinn herunter, und sie wischte ihn mit dem Handrücken weg.
»Und was befand sich in der Kammer?«, fragte C.
»Ein Tisch, ein Regal, ein Stuhl, ein paar Ordner, ein Ventilator und ein Mehrfachstecker. Das war alles.«
»Wieso habt ihr die Untersuchung nicht sofort
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