Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
vorbereiten, aber einen Augenblick habe ich Zeit«, sagte Jonsson.
Levin fiel auf, dass sie weder erstaunt wirkte noch fragte, worum es gehe. Sie nahm an, sie wusste Bescheid und hatte vielleicht regelrecht auf einen Besuch der Polizei gewartet.
»Ich vermute, Sie kommen wegen Johan«, sagte sie, als hätte sie Levins Gedanken gelesen.
»Ja. Wir befragen routinemäßig alle Angehörigen.« Levin folgte ihr in die Küche.
»Ich weiß nicht, ob man mich zu den Angehörigen zählen kann.«
»In diesem Falle gehören Sie dazu. Es geht mir um einige Auskünfte.«
Petra Jonsson zog zwei hohe Hocker heran, die neben einem Tisch aus rostfreiem Stahl standen.
»Wir können hier sitzen. Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
»Ja, danke.«
Petra nahm zwei große weiße Tassen und einen Korb mit Hefegebäck, das teilweise mit einer rotkarierten Serviette zugedeckt war, aus einem Schrank. Levin lehnte erst ab, nahm dann aber doch eines der Puddingteilchen. Es war noch warm.
»Ich hole nur rasch den Kaffee.« Petra marschierte auf ihren kräftigen Beinen mit wiegendem Gang davon.
Levin biss von dem Teilchen ab. Sie sah in ihre Tasse und betrachtete die feinen Risse, die in der Glasur entstanden waren, nachdem die Tasse unzählige Male in der Maschine gespült worden war.
Levin war noch nie in einer solchen Küche gewesen, und es faszinierte sie, wie riesig alles war. An den Wänden standen rostfreie Arbeitsflächen und zwei große summende Öfen. Zwei Türen aus rostfreiem Stahl mit stabilen Klinken fanden sich an der einen Schmalseite. Eine Maschine mit einem gigantischen Schneebesen, die Levin für eine Rührmaschine hielt, stand neben einer Bratplatte mit einem großen schwarzen Drehschalter an der Vorderseite.
Alles war sehr sauber. Der rostfreie Stahl glänzte, und der Fußboden war feucht.
»Ganz schön groß für so ein kleines Pflegeheim«, sagte sie, als Petra mit einer Kanne Kaffee und einem kleinen Stahlkännchen mit Milch zurückkehrte.
»Diese Küche war als Zentralküche gedacht. Hier sollte das Essen für alle alten Leute in der Gemeinde zubereitet und an die Tür geliefert werden. Aber dazu kam es nie. Irgendeine Vorschrift sprach dagegen.«
»Für wie viele Leute bereiten Sie das Essen zu?«
»Etwa zehn und für das Personal.«
Levin schüttelte den Kopf, schluckte den Rest ihres Teilchens hinunter und schenkte dann Petra und sich Kaffee ein.
»Was wollten Sie wissen?«
»Ich bin an der Ermittlung wegen des Mordes an Johan beteiligt. Ich hätte gerne gewusst, wie Ihr Verhältnis aussah, wie es begann und was dann geschah.«
»Ich vermute, dass Sie das meiste bereits wissen«, meinte Petra zurückhaltend.
»Einiges. Ich würde es aber gerne auch noch einmal von Ihnen direkt hören«, sagte Levin und trank einen Schluck. »Darf ich noch eines nehmen?«
»Natürlich.« Petra hielt ihr den Korb mit den Teilchen hin. Levin nahm sich eines und stellte fest, dass die kräftige Frau unerwartet zarte, schmale Finger besaß. »Ich weiß nicht, wo ich beginnen soll. Mir kommt es so vor, als sei es Ewigkeiten her, ein anderes Leben. Und andererseits, als wäre es gestern gewesen.«
Petra war erst vierzehn Jahre alt gewesen, als sie die Stadt hatte verlassen müssen, um einen Sommer an der Küste zu verbringen.
»Zu Hause hatte ich gerade neue Freunde gefunden, schwarzgekleidete Rockertypen. Mama hasste sie, aber das war nicht der Grund dafür, dass sie da weg wollten. Meine Eltern verabscheuten ihr gleichförmiges Leben, die Streitigkeiten, ihr allgemeines Versagen. Man kann vermutlich sagen, dass sie flohen. Ich hatte keine Wahl. Ich musste mit«, sagte sie.
Levin machte sich ab und zu Notizen, aber meist hörte sie nur zu, während Petra von einer verzweifelten und verwirrten Vierzehnjährigen erzählte, die aufs Land mitgeschleppt wurde, weil ihre Eltern glaubten, so die Familie retten zu können.
Sie hatten ein kleines Haus am Meer gemietet und Petra sich selbst überlassen.
»Es war ein seltsamer Sommer. Ein Teil von mir wollte überhaupt nicht dort sein, ein anderer Teil fühlte sich am Meer mit den Booten und Stegen sehr zu Hause. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, was für ein Glück es war, dass wir ein Haus direkt am Wasser hatten mieten können. Es war ein wunderbares Haus. Es ist immer noch wunderbar, aber es ist natürlich lange her, dass ich zuletzt dort war.«
»Wo wohnen Sie jetzt?«
»In einer kleinen Wohnung nicht weit von hier. Ich kann mir etwas anderes nicht leisten,
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