Eiskalte Rache: Thriller (German Edition)
Jugendamtes« stand.
Es war Zeit für einen Besuch bei Petra Jonsson. Sie würde ihn ihr am folgenden Tag abstatten.
Die Straße war leer bis auf eine Frau, die sich mit ihrem Rollator langsam über einen Zebrastreifen bewegte. Pia Levin bremste und folgte den langsamen Schritten mit dem Blick. Die alte Dame ging stark gebeugt und sah zu Boden. Auf der anderen Straßenseite bereitete ihr die Bordsteinkante große Mühe. Pia Levin schaute in den Rückspiegel und erwog, auszusteigen und ihr zu helfen, aber ehe sie einen Entschluss gefasst hatte, hatte es die alte Dame geschafft. Vor dem graubraun verputzten Gebäude, in dem diverse Einrichtungen für die Bedürfnisse der Gemeindebewohner untergebracht waren, hielt sie inne. Ein Apothekenschild, ein Zahnarztschild und ein Krankenkassenschild waren neben dem Eingang zu erkennen.
Fehlt nur der staatliche Spirituosenverkauf, dachte Levin und legte den nächsten Gang ein.
Sie fuhr an den Straßenrand und parkte dort, wo eigentlich nur Ein- und Ausladen erlaubt war. Ehe sie ausstieg, legte sie einen laminierten blauen Zettel auf das Armaturenbrett, auf dem mit schwarzen Druckbuchstaben »Polizei« stand.
Die Dame mit dem Rollator war fast an der Tür angelangt, als Levin sie überholte. Sie öffnete die Tür und hielt sie ihr auf. Mach schon voran, dachte sie ungeduldig und schämte sich gleichzeitig dafür.
Nachdem die Dame schließlich in die Eingangshalle gelangt war und sich von Levin hatte erklären lassen, auf welchen Knopf sie im Fahrstuhl drücken musste, um zur Poliklinik zu kommen, blieb Levin eine Weile im Treppenhaus stehen.
Sie überlegte, wie sie bei der Vernehmung vorgehen sollte. Im Auto hatte sie sich verschiedene Szenarien durch den Kopf gehen lassen, wusste aber aus Erfahrung, dass es oft das Beste war, sich auf sein Gefühl zu verlassen.
Das Pflegeheim hieß Ängsgården und lag im obersten Stockwerk. Sie nahm den Fahrstuhl. Als sich die Tür öffnete, schlug ihr eine gemütliche und einladende Stimmung entgegen. Es duftete nach Kaffee und frischem Gebäck. Sie betrat einen großen Raum mit vielen Grünpflanzen. Die robusten Möbel waren nicht sonderlich modern, aber sie vermutete, dass dies kaum einen Bewohner störte.
Eine dicke, graue Katze strich um ihre Beine, als sie zögernd vor der Fahrstuhltür innehielt.
»Hoffentlich haben Sie keine Katzenallergie.«
Die Frau, die ihr in weichen dunkellila Baumwollhosen und einer gleichfarbigen Bluse entgegenkam, war mittleren Alters und trug ein Namensschild, auf dem »Majvor« stand. Sie nahm die Katze auf den Arm. Das Tier rollte sich zusammen und schmiegte den Kopf an ihren Hals.
»Nein, habe ich nicht, ich …«
»Wir haben eine Sondergenehmigung, falls Sie sich Gedanken gemacht haben. Niemand hier ist allergisch, und Selma tut den alten Leute sehr gut«, sagte Majvor.
»Wie nett. Ich dachte immer, dass es in solchen Einrichtungen keine Tiere geben dürfe.«
»Einrichtungen?«
»Also, ich meinte …«
»Ich verstehe schon. Zu wem wollten Sie denn?«
Pia Levin trug ihr Anliegen vor.
»Ach so. Folgen Sie mir bitte. Sie können Ihre Jacke hier ablegen. Es ist nicht erlaubt, in Mantel und Jacke die Küche zu betreten«, sagte sie und deutete auf ein paar Haken an der Wand.
Levin folgte Majvor durch den großen Raum, in dem ein paar ältere Frauen und ein Mann Musik hörten. Kaum jemand bewegte sich. Der Mann ließ den Kopf hängen, und Spucke lief ihm aus dem Mund.
Niemand reagierte auf Levins Begrüßung, und Majvor ging einfach weiter, ohne Anstalten zu machen, sie vorzustellen.
Sie durchquerten ein kleines Esszimmer. Die Tür zur Küche stand offen, und der Geruch von Reinigungsmitteln drang nach draußen.
»Petra! Du hast Besuch.«
Petra Jonsson sah ganz anders aus, als Levin erwartet hatte. Sie war klein und kräftig und weiß gekleidet. Auf dem Kopf trug sie eine weiße Haube mit einem Netz, das die Haare zusammenhielt. Ihre Oberarme waren rund und die Haut sehr hell. Die Haare, die unter der Haube hervorschauten, waren blond. Levin hatte sich schwarze Haare vorgestellt.
Sie streckte die Hand aus.
»Pia Levin von der Polizei. Könnte ich mich einen Moment mit Ihnen unterhalten?«
Petra Jonsson warf ihr einen zurückhaltenden Blick zu, trocknete die Hände an einem Handtuch ab und gab ihr die Hand. Sie war warm. Levin glaubte, an ihrer Haltung eine gewisse Feindseligkeit zu erkennen, war sich aber nicht sicher.
»Ich bin ziemlich beschäftigt, muss einiges für morgen
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