EISKALTE UMARMUNG: Poesie der Angst. Thriller
würde alles vorbereiten.
Die untrennbare Verflechtung zwischen seiner Mutter, Anna, Katharina und seinem alltäglichen Leben in Brasilien würde mit der Beschwörung zerfließen und ihn vor der Freisetzung ihrer Racheseelen schützen.
Jetzt fehlte nur noch Anna. Erst mit ihrer Tsantsa war sein Glück vollkommen, sein Werk vollbracht.
Kapitel 41
28. Dezember 1999
Kurz vor halb elf kam Max im Convento an. Er hatte sie zwar gebeten, Weihnachten mit ihm zu verbringen, aber Anna hatte abgelehnt. Warum, war ihm unerklärlich, denn sie hatte am Telefon wunderbar sanft geklungen. Sie habe sich darauf eingestellt, Weihnachten in intimer Stille zu feiern. Irgendetwas geschehe mit ihr, hatte sie gesagt, auch mit ihrem Körper, sie spüre, dass sie sich immer mehr öffnete, und das habe die Stille bewirkt.
Doch jetzt war er nur noch wenige Schritte von ihrer Zimmertür entfernt. In Deutschland lag Schnee, wie er nach einem kurzen Telefonat mit Mathilda erfahren hatte, aber hier in Portici herrschten milde zehn Grad.
Als er vor ihr stand, sagte er mit zärtlicher Stimme: „Als ich dich kennengelernt habe, habe ich mich in dich verliebt, aber ich konnte dir damals diese Frage noch nicht stellen: Möchtest du meine Frau werden, Anna?“
Sie starrte ihn verblüfft an und nickte und lächelte. Er machte einen Schritt auf sie zu, nahm sie in den Arm und küsste sie zärtlich.
Das Zimmer duftete nach den Freilandrosen, die auf dem Tisch neben einer Karaffe Rotwein und einer Schale roter Äpfel standen.
Anna ließ ihre Finger über die Äpfel wandern. Ihre hellblauen Augen schienen ihn aufzusaugen.
„Hast du etwas mit mir vor?“, fragte er belustigt.
„Mal sehen, vielleicht.“
Sie nahm einen Apfel, biss hinein, dann legte sie ihn beiseite.
„Anna …“
Ihre Blicke trafen sich.
Sie zog langsam den Rock über die Spitzenränder ihrer Strümpfe. „Hm … Komm“, sagte sie heiser.
„Du trägst keine Unterwäsche?“
„Meine Überraschung für dich.“
Er ging auf sie zu und umfasste sie mit einem Arm. Mit der anderen Hand streichelte er ihr Gesicht. Sie spürte ihre feuchte Wärme und zog den Rock noch höher, bis über den Strumpfbandgürtel. Ihre Knie begannen zu zittern.
Max stöhnte lustvoll, hob sie hoch und legte sie aufs Bett. Sie glitten beide über den sanft geschwungenen Abhang eines Hügels …
***
Am nächsten Tag besuchten sie gemeinsam mit Pater Mateo einen alten Friedhof nahe dem Convento , auf dem schwarze und weiße Kruzifixe die Gräber schmückten.
Anna fragte den Pater nach der Bedeutung der Farben.
Mateo schmunzelte. „Die weißen Kruzifixe symbolisieren das Dahinscheiden aus einem unbeschwerten, lustigen und sorgenfreien Leben ohne jegliche Verantwortung für einen anderen Menschen.“
„Du meine Güte“, rief Anna.
„Das Leben eines Singles“, meinte Max.
„Ich ahne, was jetzt kommt“, platzte Anna heraus.
„Was denn, Liebes?“ Max spielte mit ihrem Haar.
„Du willst dich drücken!“, rügte sie ihn.
„Wie kommst du denn darauf?“
„Wegen der schwarzen Kruzifixe. Denn sie symbolisieren die Ehe mit all ihren Tücken: Ärger, Streit, Arbeiten bis ans Ende des Lebens, Sorge um die Kinder, nörgelnde und ungehorsame Ehefrauen.“
Pater Mateo und Max lachten laut auf.
„Gut, dass ich das noch rechtzeitig erfahren habe!“, sagte Max.
„Und?“
„Wenn du glaubst, dass ich mich so leicht abschrecken oder einschüchtern lasse, hast du dich getäuscht: Ein Mann geht seinen Weg.“
„Das beruhigt mich allerdings ungemein. Und jetzt küss mich endlich.“
Während sie über den Friedhof schlenderten, überfiel sie plötzlich erneut die alte Angst. Es war nicht die Furcht vor den leidvollen Tücken des Ehealltags, sondern die Angst vor dem namenlosen Grauen, das sie beobachtete.
Als würde Pater Mateo Annas Gedanken erraten, sagte er: „Es gibt hier in der Nähe einen Pavillon im Rokokostil mit erlesenen Weinen. Möchten Sie in den Genuss eines hervorragenden Chianti kommen? Ein Gläschen Wein erhellt doch immer wieder das klösterliche Dasein.“
Max zwinkerte Anna zu. „Damit haben wir beide doch keinerlei Problem, oder?“
„Nicht, dass ich wüsste.“
Im Pavillon, von dem man einen traumhaften Blick auf das Weingut hatte, tranken sie entspannt einen vollmundigen Chianti und aßen Brot und Käse dazu.
„Ich muss mal: der Chianti“, sagte Anna und stand auf. „Bin gleich wieder da.“
Als sie den Pavillon durchschritt, verspürte sie plötzlich ein
Weitere Kostenlose Bücher