Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
Vom Netzwerk:
hinzu: „Jedenfalls wenn ich in eurem Alter wäre. Als ich meine große Liebe Ingrid kennen gelernt habe, war sie auch in festen Händen. Ich habe damals ...“
    Das Klingeln des Telefons unterbrach den Hauptkommissar. „Wir reden später weiter“, sagte er und meldete sich.
    Während der Anrufer sprach, verwandelte sich Röverkamps ernste Miene zu einem fröhlichen Ausdruck. „Mir scheint“, sagte er, „Sie rufen im richtigen Augenblick an. Ich würde den Hörer gern an meine Kollegin weitergeben. Wären Sie damit einverstanden?“
    Er streckte Marie den Telefonhörer mit zugehaltener Sprechmuschel entgegen. „Wie das Schicksal so spielt. Hier ist ein junger Mann mit bemerkenswerten Ambitionen. Er hat möglicherweise eine nützliche Information für uns. Aber ich glaube, er würde lieber mit dir sprechen. Du solltest die Chance nutzen.“
    Irritiert übernahm Marie den Hörer. „Kommissarin Janssen. Guten Tag ...“

    Felix Dorn hatte lange gezögert. Alle möglichen Bilder kreisten seit dem Abend mit Marie Janssen in seinem Kopf. Ihr leicht geneigter Kopf, wenn sie zuhörte, ihre leuchtenden Augen, wenn sie von ihrer Arbeit erzählte, ihr reservierter Blick, wenn das Gespräch persönliche Erfahrungen und Empfindungen berührte. Die Bilder ließen sich nicht verdrängen, auch nicht, wenn er sich daran erinnerte, dass sie einen Freund hatte. Und die Gefühle schon gar nicht. Marie war keine Schönheit. Eher klein als groß, und obwohl sie blond und blauäugig war, fehlten ihr jene Attribute, die Männer auf Anhieb ansprachen. Dennoch – in ihrer Zartheit war sie hübsch, und je länger er sich mit ihr unterhalten hatte, desto attraktiver war sie ihm erschienen. Als ihm endlich ein Grund eingefallen war, aus dem er sie anrufen konnte, waren die Würfel gefallen.
    Ihre Stimme klang geschäftsmäßig, dennoch elektrisierte sie ihn bis in die Fußspitzen.
    „Hallo, Marie. Hier ist Felix Dorn. Ich hätte eine Frage. Hast du einen Augenblick Zeit, oder störe ich?“
    Marie ließ den Hörer sinken und sah ihren Kollegen hilfesuchend an. Röverkamp deutete auf den Apparat. „Sprich mit ihm. Verabrede dich mit ihm. Du willst ihn doch wiedersehen. Oder?“
    Sie nickte vage und nahm den Hörer wieder auf.
    „Marie? Bist du noch dran?“ Die Stimme klang besorgt.
    „Ja. Es war nur ... mein Kollege ... Nein, du störst nicht.“
    Felix Dorn atmete hörbar auf. „Können wir uns treffen?“ Als Marie nicht sofort antwortete, schob er schnell nach: „Ich habe etwas herausgefunden. Im Fall Evers. Könnte für euch interessant sein. Außerdem ...“
    „Außerdem?“
    „Außerdem ... würde ich dich gern wiedersehen.“

    *

    Nachträglich bedauerte er es, dass er dem Koch nicht mehr Zeit für das Leben mit der Angst gelassen hatte. Aber die Gelegenheit, den Tiefkühlwagen mitgehen zu lassen, war einfach zu verführerisch gewesen. Das große Fahrzeug hätte er nicht lange verstecken können. Allerdings schienen sie es noch immer nicht zu vermissen. Jedenfalls stand nichts davon in der Zeitung. Und die verbreiteten schon bei weniger schwerwiegenden Ereignissen ihre Meldungen. Immerhin hatte Jensen mehrere Stunden auf sein sicheres Ende warten müssen. Während einer Hitzeperiode im Hochsommer zu erfrieren, war schon etwas Besonderes.
    Also gab es keinen Grund, unzufrieden zu sein.
    Gefunden hatten sie den Transporter auch noch nicht. Die Entdeckung eines zweiten tiefgefrorenen Mannes würde in Cuxhaven für große Aufregung sorgen. Er malte sich aus, mit welchen Gesichtern die ermittelnden Kriminalbeamten in den Wagen starren würden, wenn man ihnen den Fund zeigte. Die Vorstellung erheiterte ihn so sehr, dass er laut auflachte.
    So kurz die Zeit für Jensen gewesen war, so lang würde sie für sein drittes Opfer werden. In zwei Monaten waren Wahlen. In Cuxhaven würde der Oberbürgermeister gewählt, in Nordholz kandidierte eine junge Frau gegen den amtierenden Bürgermeister, und viele Stadt- und Gemeinderäte waren neu zusammenzusetzen. Die Politiker waren fast täglich unterwegs, um ihre Parteifreunde im Wahlkampf zu unterstützen. In dieser Phase dürfte es Ostendorff unmöglich sein, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. Es würde leicht sein, an ihn heranzukommen, immer wieder, und mit ihm zu spielen. Und er würde die Signale verstehen.

    *

    „Hauptsache, ihr macht nichts Illegales.“ Marie Janssen musterte ihren Vater und fragte sich, ob seine wiedererwachte Vitalität von seinem neuen

Weitere Kostenlose Bücher