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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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und stellte sie auf den Tisch. „Ist zwar nur gewöhnlicher Weizenbrand, tut aber gut.“
    Jan schüttelte den Kopf. „Wir müssen Susanne holen. Die erfriert sonst da draußen. Wir brauchen einen Schlitten oder so was. Du solltest lieber mit suchen helfen.“
    Hendrik ließ sich auf die Bank fallen und griff nach dem Glas, das Sven gefüllt hatte. „Einen Schnaps könnte ich jetzt auch gebrauchen. So viel Zeit muss sein. Das blöde Weib haben wir noch früh genug wieder am Hals.“
    Verwirrt sah Sven von einem zum anderen. „Was redet ihr da für eine Scheiße? Seid ihr besoffen? Bin ich besoffen? Ihr habt sie doch ins Dorf gebracht.“
    „Nichts haben wir.“ Hendrik kippte den Schnaps hinunter. „Der Trecker ist stehen geblieben. Wir mussten zu Fuß zurückkommen.“
    Sven füllte Hendriks Glas nach. „Stehen geblieben? Aber wo ist das Mädchen?“
    „Ein paar hundert Meter von hier.“ Jan deutete nach draußen. „Sie wollte nicht weitergehen. Zuerst haben wir sie untergehakt und mitgeschleppt. Aber dann hat sie sich gewehrt. Wir müssen sie auf einen Schlitten packen und herbringen.“
    „Ach, du schöne Scheiße!“ Sven rülpste. „Das kann ja heiter werden. Und ich habe gedacht, dass sie uns jetzt hier rausholen. Na dann – gute Nacht!“
    Jan öffnete die Tür. „Ich mache mich jetzt auf die Suche. Bestimmt gibt es hier irgendwo einen Schlitten.“
    „Nun warte doch erst mal.“ Hendrik erhob sich, schloss die Tür und zog Jan mit sich zum Tisch. „Wir kriegen sie schon wieder her. Mach dir deswegen keine Sorgen. Aber wir müssen überlegen, was wir dann machen. Ich bin dafür, dass wir abhauen. Es kann noch Tage dauern, bis jemand kommt. Und wer weiß, was man uns dann alles anhängen will. Mindestens Brandstiftung, vielleicht sogar Totschlag. Unsere einzige Zeugin ist doch ein wenig plemplem, die hat doch einen Schlag mitgekriegt, glaubt allen Ernstes, dass wir schuld am Tod ihres Vaters sind, wahrscheinlich hängt sie uns auch noch ’ne gemeinschaftliche Vergewaltigung an, und was weiß ich nicht noch alles. Ich will deswegen nicht in den Bau gehen.“
    Einige Sekunden lang starrten seine Kameraden ihn entgeistert an. Diese Sicht ihres Abenteuers schien ihnen völlig neu zu sein.
    „Wahrscheinlich hast du recht“, brach Sven das Schweigen. „Aber wie stellst du dir das vor? Wir kommen doch hier niemals raus. Wenn sogar der Trecker ...“
    Wir müssen das einfach schaffen, wir haben gar keine andere Wahl, kapiert ihr das denn nicht? Und wir werden das schaffen, ihr werdet sehen. Und ich weiß auch schon wie. Aber zuerst holen wir das Mädchen ab, und dann bereiten wir unseren Abgang vor.“

    *

    Christine Ostendorff ließ die Salatschüssel fallen und stürzte aus der Küche in den Flur, als der Schrei ihrer Tochter durch Türen und Wände drang. Die Tür zum Hauswirtschaftsraum stand offen. Julia hockte mit aufgerissenen Augen neben dem geöffneten Umzugskarton. Sie verstummte und presste eine Hand auf den Mund. Mit der anderen deutete sie hektisch auf den Karton.
    Die Lieferung von heute Vormittag. Hatte ich ganz vergessen. Wieso hat Julia die Kiste aufgemacht? Warum schreit sie so? Christine trat zögernd näher. „Was ist denn los? Warum machst du so ein Geschrei?“
    Julia brach in Tränen aus und wandte sich würgend um. Sie schaffte knapp die drei Schritte zum Waschbecken, dann erbrach sie sich.
    Christine schwankte kurz zwischen dem Impuls, ihrer Tochter zu Hilfe zu eilen, und dem Bedürfnis, den Grund ihres Ausbruchs zu erfahren. Der Mutterinstinkt siegte, Christine umfasste Julias Schultern und hielt das zitternde Mädchen fest. Bis alles draußen war. Dann tröstete sie ihre hemmungslos schluchzende Tochter: „Es ist alles in Ordnung, mein Kind. Ich bin bei dir. Gleich geht es dir wieder besser.“
    Julia schüttelte den Kopf. „Der Karton“, stieß sie undeutlich hervor, „in dem Karton ...“ Erneut wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt.
    Christine reckte den Hals, um einen Blick hineinzuwerfen. Doch die schräg hoch stehenden Deckel versperrten ihr die Sicht.
    „Was ist denn mit dem Karton?“
    „Sieh doch selbst nach!“, schrie Julia plötzlich. „Du bist schuld. Du hast nicht aufgepasst. Von wegen treibt sich rum . Skipper ...“ Ihre Stimme versagte und ging in ein leises Wimmern über.
    Behutsam streichelte Christine den Rücken ihrer Tochter. Sie verstand nicht, was Julia ihr sagen wollte. Was hatte der Hund mit der Lieferung zu tun?

    *

    Im

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