Eiskalter Sommer
Kühltransporter gefunden. Kriminalhauptkommissar Konrad Röverkamp geht davon aus, dass es einen Zusammenhang zwischen diesen Todesfällen gibt. Er und seine Mitarbeiterin, Kriminalkommissarin Marie Janssen, suchen immer noch erfolglos nach Gemeinsamkeiten zwischen den Opfern, die beide in Cuxhaven aufgewachsen sind. Es dürfte also in der Stadt mehr als einen Menschen geben, der weiß, welcher Art die Verbindung zwischen Evers und Jensen ist – falls sie existiert. Für unsere Leserinnen und Leser haben wir im nebenstehenden Kasten alle bisher bekannten Daten der Opfer aufgelistet. Unter der dort ebenfalls angegebenen Telefonnummer erreichen Sie das zuständige Kommissariat.
Seine Mutter würde nicht wollen, dass die alten Geschichten ans Tageslicht gezerrt würden. Sie hatte lange gebraucht, um den Tod seines Vaters zu überwinden. Inzwischen hatte sie die Vergangenheit hinter sich gelassen und war glücklich wieder verheiratet. Sie trug einen neuen Namen und hatte Cuxhaven verlassen, um mit Malte Gerdes auf Langeoog ein neues Leben anzufangen. Auf der Insel betrieben sie eine Pension, die er von seinen Eltern übernommen hatte.
Daniel war nach der Ausbildung als Hotelkaufmann in seine Heimatstadt zurückgekehrt, weil er hier bessere berufliche Möglichkeiten hatte. Evers und Jensen war er nie begegnet. Jedenfalls nicht wissentlich. Und von dem dritten Freund seines Vaters wusste er nicht einmal mehr den Namen. Aber sie standen alle auf der Rückseite des Fotos.
Das Album hatte er mitgenommen, weil es hauptsächlich Bilder aus seiner Kindheit enthielt und seine Mutter nichts dagegen hatte. Sie schien sogar dankbar gewesen zu sein, es loszuwerden.
Vielleicht gab es einen Weg, die Polizei auf die richtige Spur zu bringen, ohne selbst in Erscheinung zu treten und seine Mutter zu verärgern. Das wollte er natürlich nicht, aber er hoffte doch insgeheim, dass die Ermittlungen auch zu einer Antwort auf die Frage führten, was sich damals wirklich zugetragen hatte. Vielleicht konnte er den Anstoß dazu geben.
Es dauerte eine Weile, bis er das Foto gefunden hatte. Es war schon ein wenig verblasst. Nachdem er es aus dem Album gelöst hatte, las er noch einmal die Aufschrift auf der Rückseite. Und erschrak. Der Name des dritten Freundes war ihm überraschend vertraut. In der ersten Sekunde wusste er nicht, woher, aber dann erschien das Bild des Mannes vor seinem inneren Auge.
*
„Es kann doch nicht sein, dass in ganz Cuxhaven und Umgebung kein Mensch etwas Konkretes über eine Verbindung zwischen unseren beiden Toten weiß. Nicht einmal über die Kontakte zu Fedder gibt es Hinweise.“ Konrad Röverkamp hatte den Artikel noch einmal sorgfältig studiert und die angegebene Telefonnummer zum dritten Mal kontrolliert. Nun warf er die Zeitung in den Papierkorb. „Nichts ist so alt wie die Zeitung von gestern.“
Marie Janssen deutete auf ihren Computerbildschirm. „Immerhin wissen wir jetzt, dass sie zusammen mit Ostendorff die Realschule in der Schulstraße besucht haben. Sie waren in einer Klasse, also kennen sich alle drei aus der Schulzeit. Erst dann trennten sich ihre Wege. Jensen und Evers sind in die Lehre gegangen, Ostendorff ist aufs Amandus-Abendroth-Gymnasium gewechselt.“
„Ja, und sie haben sich gemeinsam einen Verweis eingehandelt, weil sie einem Lehrer die Aufgaben für eine Mathematikarbeit aus der Tasche geklaut haben.“ Röverkamp seufzte. „Mit ein bisschen Fantasie könnte man daraus so etwas wie den Beginn einer Bandenbildung konstruieren. Aber das bezweifle ich, denn dann hätten wir sicher noch öfter von ihnen gehört. Und was uns die fünf oder sechs Anrufer sonst noch erzählt haben, klingt ebenfalls nach Dumme-Jungen-Streichen. Jedenfalls ist nichts davon aktenkundig, also kaum verwertbar.“
„Aber es deutet darauf hin“, wandte Marie ein, „dass die drei so etwas wie eine verschworene Gemeinschaft gebildet haben. Vielleicht haben Sie sich später noch einmal zusammengetan, um irgendein größeres Ding zu drehen. Und aus dieser Zeit könnten sie eine gemeinsame Leiche im Keller haben ...“
„Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Und später? Wann später?“ Der Hauptkommissar zog die Brauen hoch. „Die sind doch ganz unterschiedliche Wege gegangen.“
Marie hob die Achseln. „Ich weiß ja auch nicht. Ich dachte nur ...“ Sie zuckte zusammen, weil Konrad Röverkamp mit der flachen Hand auf den Schreibtisch geschlagen hatte. „Marie, du hast recht! Es gibt doch noch eine
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