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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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nachdem Konrad Röverkamp und Marie Janssen Platz genommen hatten. „Ich muss leider gleich weg. Habe eine Verabredung zum Tennis. Aber Sie können ja alles mit meinem Mann besprechen.“
    Ostendorff kam mit einem Spaten in der Hand über den Rasen und blieb vor dem Terrassentisch stehen. Er schien vom Besuch der Kriminalbeamten wenig angetan. „Seit wann interessiert sich die Polizei für tote Tiere? Ich habe Sie nicht um Hilfe gebeten. Sie dürfen gerne austrinken und dann wieder gehen.“ Er deutete erst auf die Gläser, die seine Frau gebracht und mit Mineralwasser gefüllt hatte, und dann in Richtung Haustür. „Mich entschuldigen Sie bitte. Ich habe gerade im Garten gearbeitet und möchte jetzt duschen.“ Mit einem Taschentuch tupfte er sich den Schweiß von der Stirn.
    Röverkamp lächelte verbindlich. „Was ist mit Ihrem Hund?“
    „Nichts was die Polizei zu interessieren hat.“
    „Wahrscheinlich haben Sie recht“, bestätigte der Kommissar. „Aber wir sind auch aus einem ganz anderen Grund hier. Wir benötigen Ihre Hilfe, Herr Abgeordneter.“
    „Meine Hilfe?“
    Röverkamp zog ein großformatiges Foto aus dem Umschlag, den Marie ihm während des Wortwechsels gereicht hatte. „Wir wüssten gern, wer diese vier Herren sind.“ Er schob Ostendorff die Vergrößerung über den Tisch.
    Der Abgeordnete nahm sie auf, kniff die Augen zusammen und betrachtete das Foto. Marie beobachtete ihn. Wenn er überrascht ist, verbirgt er es perfekt. Doch dann stellte Ostendorff den Spaten gegen die Hauswand, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zögernd. Stumm legte er das Bild zurück auf den Tisch.
    Röverkamp wartete etliche Sekunden, die Marie wie Minuten erschienen. „Wir möchten“, sagte er dann betont freundlich, „Ihre Zeit nicht länger als unbedingt nötig in Anspruch nehmen. Sagen Sie uns also nur schnell, wer ...“
    „Tut mir leid“, Ostendorff schüttelte den Kopf. „Ich kenne keinen davon.“
    Marie starrte fassungslos auf den Abgeordneten, doch Röverkamp lächelte nachsichtig. „Schauen Sie noch einmal genau hin. Ich weiß, dass die Aufnahme etwas unscharf ist und schon älter. Nach der Aufschrift auf der Rückseite des Originals stammt sie aus dem Jahr 1978. Ich bin sicher, Sie kennen alle vier Herren.“
    Erneut beugte sich Ostendorff über den Abzug. Für eine Weile herrschte Schweigen. Dann klappte im Inneren des Hauses eine Tür und jemand kam die Treppe herab.
    Ostendorff sah auf. Zum ersten Mal entdeckte Marie den Anflug eines Lächelns in seinem Gesicht. „Meine Tochter Julia.“ Das Mädchen blieb stehen, als es die Besucher entdeckte.
    „Guten Tag“, sagte Konrad Röverkamp und fragte sich, wie alt die Tochter des Abgeordneten wohl sein mochte. Ihr kindliches Gesicht passte nicht recht zur ausgewachsenen Figur. Sie mochte vierzehn oder fünfzehn sein, vielleicht auch sechzehn. Marie würde es ihm sagen, er hatte sich schon zu oft geirrt, wenn es um das Alter junger Leute ging. Sie war ihrer Mutter ähnlich, die wohl doch über dreißig sein musste. Oder sie hatte ihr Kind sehr früh bekommen. Die Miene des Mädchens war ernst. Zu ernst für einen Teenager, fand Röverkamp.
    Zögernd schob sich Julia näher. „Hallo“, murmelte sie, umrundete den Tisch und lehnte sich an ihren Vater, als suchte sie Halt.
    „Die Dame und der Herr sind von der Polizei“, erklärte Ostendorff.
    Julia nickte ausdruckslos. Ihr Blick fiel auf das Foto auf dem Tisch. Sie deutete auf die Gruppe Männer. „Das bist ja du, Papa!“

17
    In der Nacht war kein neuer Schnee gefallen. Der Sturm hatte sich gelegt. Erleichtert über das Ausbleiben neuer Erschwernisse und nachdem sie ein letztes Mal nach Susanne geschaut hatten, die ruhig zu schlafen schien, machten sie sich in aller Frühe auf den Weg. Hendrik übernahm die Führung.
    In Clasens Werkstatt hatten sie sich aus dünnem Holz schmale Bretter geschnitten, die sie mit Lederriemen und Sackband unter den Schuhen befestigt hatten. Damit ließ sich nur beschwerlich gehen, aber sie kamen voran, ohne im Schnee zu versinken.
    Neben dem persönlichen Gepäck hatte jeder ein paar Vorräte aus der Speisekammer des Bauernhauses zu tragen. Brot, Wurst, Käse. Außerdem hatten sie etliche Flaschen Bier und Schnaps mitgehen lassen. Im letzten Augenblick war Sven auf die Idee gekommen, eine Thermosflasche mit heißem Wasser zu füllen.
    Stumm wanderten die Männer durch die konturenlose Landschaft. Schon bald war der Hof hinter ihnen verschwunden. Dann

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