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Eiskalter Sommer

Eiskalter Sommer

Titel: Eiskalter Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf S. Dietrich
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steifgefrorenen Oberbekleidung befreit. Hände und Füße waren wie aus Eis gewesen, doch mit der Zeit war die Durchblutung wieder in Gang gekommen. Schließlich hatten sie ihr einen Schnaps eingeflößt und sie in ihrem Zimmer ins Bett gelegt. Jan war noch eine Weile bei ihr geblieben, dann hatten ihn seine Kameraden in die Küche geholt.
    Nun saßen die drei Männer am Tisch und teilten den Rest aus der Flasche unter sich auf. Nachdem sie schweigend getrunken hatten, ergriff Hendrik das Wort. „Ich schlage vor, dass wir uns morgen früh auf den Weg machen. Und zwar in Richtung Autobahn. Bis dahin haben sie sicher geräumt. Per Anhalter schlagen wir uns durch bis nach Lüneburg. Und dann gilt folgendes: Wir haben die Kaserne nie verlassen. Wegen der Wetterlage haben wir darauf verzichtet, das Wochenende zu Hause zu verbringen. Ich hoffe, das klappt so. Wir müssen uns nur alle dran halten. Vielleicht werden wir ja auch gar nicht gefragt.“
    „Aber Erik ...“, wandte Sven ein.
    „... ist allein gefahren. Weil er unbedingt zu Frau und Kind wollte.“
    „Aber wenn er erzählt, dass wir zusammen ...“
    „Das wird er nicht tun.“ Hendrik schüttelte den Kopf. „Wir rufen ihn an, sobald wir ein funktionierendes Telefon erreichen. Auf Erik ist Verlass. Der verpfeift uns nicht.“
    „Ich glaube, das ist eine gute Idee.“ Sven hob sein Glas. „Darauf einen Dujardin!“
    Jan schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht ...“
    „Was weißt du nicht?“ Hendrik hatte plötzlich Schärfe in der Stimme.
    „Wir können doch Susanne nicht einfach hier allein zurücklassen.“
    „Es bleibt uns gar nichts anderes übrig. Das weißt du genau.“ Hendrik sprach jetzt ruhig und eindringlich. „Dem Mädchen wird nichts passieren. Der Strom funktioniert, die Heizung läuft, es ist genug zu essen und zu trinken da. Das kann doch jetzt nicht mehr lange dauern, bis Leute aus dem Dorf hier aufkreuzen, morgen im Laufe des Tages sind die spätestens da. Dann kommt alles in Ordnung. Vielleicht können sie sogar die Tiere noch retten. Wir können hier doch sowieso nichts mehr tun. Hat einer von euch vielleicht ein Sanitäterdiplom? Oder kennt sich mit Kühen aus?“
    Jans Miene blieb skeptisch. „Und du glaubst, dass wir da draußen in der Schneewüste den Weg finden?“
    Hendrik grinste. „Ich habe in Clasens Schreibtisch einen Kompass gefunden. Außerdem eine Karte von der Gegend. Es kann also nichts schiefgehen. Wie man mit Karte und Kompass umgeht, haben wir schließlich beim Bund gelernt.“
    „Und was ist mit dem Schnee? Wenn wir bei jedem Schritt bis über die Knie einsinken, werden wir es kaum bis zur Autobahn schaffen.“
    „Wir bauen uns Schneeschuhe.“ Zufrieden registrierte Hendrik die Verblüffung auf den Gesichtern seine Kameraden. „Material gibt es hier genug. Und Werkzeug auch.“

    *

    Daniel Bohm hatte den Artikel nur überflogen. Und die Zeitung rasch aus der Hand gelegt. Jetzt rang er mit sich, ob er ihn sofort wieder vergessen oder noch einmal – gründlicher – lesen sollte. Auf jeden Fall musste er dafür sorgen, dass seine Mutter nichts davon erfuhr.
    Die Namen der Männer waren tief in seinem Inneren vergraben gewesen. Seine Erinnerung stammte aus einer Zeit, in der er seine Mutter noch ganz für sich allein hatte. Als sie ihm von seinem Vater erzählt hatte. Von ihrer und von seiner Liebe und von seinem Tod. Von ihrem schrecklichen Verdacht, den sie damals niemandem hatte anvertrauen können.
    Sie hatte ihm ein Foto gezeigt. „Das ist dein Vater, Daniel. Und die anderen drei waren seine Freunde. Hier sind sie zusammen bei der Bundeswehr.“ Einmal hatte sie geweint, und ihre Tränen waren auf das Bild getropft. Später hatte sie von diesen „alten Geschichten“ nichts mehr wissen wollen und das Album mit dem Foto auf den Dachboden verbannt.
    Mit klopfendem Herzen nahm er die Zeitung wieder auf. Ein unwiderstehlicher Zwang ließ seine Augen erneut über den Text wandern.

    Ermittlungen stecken fest
    Ist die Cuxhavener Kriminalpolizei überfordert?
    Von Felix Dorn

    Zwei tiefgefrorene Leichen geben den Beamten des Kommissariats für Tötungsdelikte Rätsel auf. Wie berichtet, wurde in der vergangenen Woche der Betriebsratsvorsitzende der CuxFrisch tot in der Tiefkühlhalle seiner Firma aufgefunden. Was zunächst wie ein Unfall aussah, erwies sich als Fall für die Kripo, zumal zwei Tage später den Chefkoch des Restaurants Cap Cux ein ähnliches Schicksal ereilte. Der Mann wurde erfroren in einem

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