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Eiskaltes Schweigen

Titel: Eiskaltes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Burger
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aus …«
    Â»Was ist das Ausrauben einer Bank gegen die Gründung einer Bank?«
    Durian nickte anerkennend. »Und unsere Kultur kennt schließlich auch ein Recht auf Selbstverteidigung.«
    Â»Ihre damaligen Geiseln waren aber nicht die, die Ihnen geschadet hatten.«
    Â»Da haben Sie in der Tat recht. Das System war verantwortlich. Aber die Bank war Teil des Systems. Und meine Gefangenen hatten eben das Pech, dieses System zum falschen Zeitpunkt zu repräsentieren.«
    Â»Die Leute hatten nicht die geringste Möglichkeit, unser Wirtschafts- oder Rechtssystem zu ändern.«
    Â»Oh doch«, widersprach Durian heftig und sah mich empört an. »Jeder hat diese Möglichkeit. Denn jeder kann ausbrechen.«
    Â»Sie sind auch nicht ausgebrochen. Sie sind …«
    Â»Ich bin hinausgeschleudert worden, ja. Auch ich wurde zum unbedeutenden Opfer dieser gigantischen Mahlräder, die gerade dabei sind, alles zu zerquetschen. Auch ich war nur ein kleiner Kollateralschaden eines auf Lügen, Gier und Betrug aufgebauten, zutiefst gottlosen Systems. Wie Millionen und Abermillionen andere, die unverschuldet ihre Arbeit verlieren, krank werden, deren Familien geopfert werden auf dem Altar des Götzen Mammon. All diese Menschen tragen keine Schuld. Und dennoch werden sie an den Rand gedrückt. Zermalmt. Vergessen.«
    Â»Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.« Endlich ließ er mit sich reden! Das war gut! »Ich verstehe nicht einmal, was genau Sie mir vorwerfen.«
    Â»Weil Sie nicht zuhören. Hätten Sie mich damals nicht belogen, dann hätte ich dieser Bank einige Tausend D-Mark weggenommen, die später irgendeine Versicherung ersetzt hätte. Fürunser Finanzsystem der Bruchteil eines Atoms, für mich die Rettung, eine Möglichkeit, weiterzuleben. Aber dann sind Sie gekommen und haben mich belogen.«
    Â»Mir blieb keine andere Wahl. Was hätte ich sonst tun sollen?«
    Â»Wie wäre es mit der Wahrheit gewesen? Was hat Sie gehindert zu sagen: ›Die Bank ist umstellt, Sie haben keine Chance, geben Sie auf‹?«
    Â»So oder so ähnlich habe ich das vermutlich hundertmal gesagt.«
    Â»Nein, das haben Sie nicht. Sie haben mich vertröstet. Immer wieder hieß es, Sie lassen mich gehen. Ich bekomme ein Auto, ich darf wegfahren. Und ich Narr habe Ihnen geglaubt, weil Sie so ehrlich klangen.«
    Â»So leichtgläubig kann ein Mensch doch gar nicht sein, Herrgott!«, stieß ich hervor. »Es war Teil meines Jobs, verstehen Sie nicht? Es war Teil unserer Taktik.«
    Â»Lassen Sie Gott aus dem Spiel!« In seinem Blick loderte plötzlich Hass. »Wenn es überhaupt eine Rettung gibt für uns Menschen, dann kommt sie nämlich von ihm, von Gott! In der Bibel können Sie es an tausend Stellen lesen, wenn Sie es nur wollen: Er ist unsere einzige Rettung, unsere Hoffnung. Er ist Wärme, Liebe, Trost. Alles andere ist Lüge, Kälte, Götzendienst!«
    In diesen Sekunden wurde mir klar: Durian hatte den Verstand verloren. Irgendwann im Lauf seiner Haft war etwas in ihm zerbrochen, hatte er – wie Ruppke, sein Zellengenosse – den Kontakt zur Welt verloren und sich in seinen krausen religiösen Vorstellungen verirrt, in seinem eigenen Wertesystem, das nur scheinbar etwas mit der christlichen Religion zu tun hatte.
    Nur sehr allmählich entspannte er sich, wurde sein Atem wieder ruhiger.
    Später plauderten wir über Belanglosigkeiten. Durian erzählte mir von seinem Verlag, seinen Büchern und Autoren. Das war seine Welt gewesen, sein Glück: Bücher, Literatur. Kunstwerke mit überschwänglichen Rezensionen und hundsmiserablen Verkaufszahlen. Endlich, endlich konnte man mit ihm reden.
    Aus seiner Sicht hatte er alles richtig gemacht. Hätte ihm Anita Bialas nicht das Abenteuer eines Eigenheims schmackhaft gemacht, dann wäre er vielleicht immer noch ein erfolgloser, aber dennoch einigermaßen zufriedener Verleger. Hätte ihn seine Frau nicht verlassen, dann hätte er jemanden neben sich gehabt, der ihn am Boden hielt, hin und wieder vorsichtig seine Gedanken zurechtrückte.
    Es ist so leicht, jemanden zu verurteilen.
    Wie wäre es mir ergangen an seiner Stelle? Meine Frau hatte mich nicht verlassen, sie war gestorben. Ich erinnerte mich noch gut an die Zeit danach. Was wäre geschehen, wenn ich nicht die Kurve gekriegt hätte? Wenn ich meine Arbeit

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