Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
haben.
»Eine Nachbarin hat ausgesagt, dass im Wohnzimmer des Hauses das Licht angeschaltet worden sei, gegen halb drei in der Nacht. Nach einer halben Stunde wurde es wieder ausgeschaltet. Falls Laura Ojaranta zu diesem Zeitpunkt bereits tot war, muss es der Täter gewesen sein.«
Ketola sah ihn an und schien darauf zu warten, dass er fortfuhr.
»Es wäre doch ungewöhnlich, wenn der Täter nach der Tat noch eine halbe Stunde im hell erleuchteten Haus geblieben wäre.«
»Wir kennen ja den Todeszeitpunkt noch nicht«, sagte Ketola. »Vermutlich war Frau Ojaranta um halb drei noch am Leben.«
Joentaa nickte, war aber nicht überzeugt.
»Wissen Sie, was mich stört, Kimmo?«, sagte Ketola. Joentaa registrierte den scharfen Ton in seiner Stimme. »Ich habe zunehmend das Gefühl, dass Sie dem Tod dieser Frau zwanghaft etwas besonders Geheimnisvolles verleihen wollen. Das stört mich, weil ich weiß Gott genug zu tun habe mit der Hysterie um Järvi.« Er machte eine Pause. Seine Stimme stach noch tiefer, als er weitersprach. »Verstehen Sie, es reicht mir, dass die Frau ermordet wurde, ich brauche keine abseitigen Thesen über hässliche Bilder und leere Weingläser. Ich kann das jetzt einfach nicht brauchen, es passt mir jetzt ganz schlecht, verstehen Sie das?!« Ketola hatte immer lauter gesprochen und zu schwitzen begonnen. Er betupfte mit einem Taschentuch seine Stirn. Nach einer Weile fuhr er leiser und mühsam beherrscht fort. »Ich möchte, dass Sie heute in Naantali weitermachen. Schauen Sie sich auch den Ehemann an, prüfen Sie, ob er wirklich bis gestern in Schweden war.«
Joentaa nickte, obwohl ihm der Gedanke, Ojaranta könnte seine Frau getötet haben, vollkommen abwegig erschien.
»Und geben Sie mir Bescheid, wenn die Berichte der Pathologie oder der Spurensicherung vorliegen. Falls das heute überhaupt der Fall sein sollte.« Ketola war abrupt aufgestanden. »Ich mache mich langsam auf den Weg zu Järvi. Politiker soll man ja nicht warten lassen.«
»Gibt es neue Hinweise auf den Attentäter?«, fragte Joentaa. Ketola hielt kurz inne und schien darüber nachzudenken, ob er verpflichtet war, die Frage zu beantworten. »Noch nichts Entscheidendes«, sagte er nach einer Weile. »Später kann ich Ihnen mehr sagen. Konzentrieren Sie sich erst mal auf die Tote in Naantali.«
Er warf sein Jackett über die Schulter. »Heinonen und Grönholm schlagen sich noch mit den Marktplatzanliegern herum. Hat natürlich niemand was gesehen, aber man muss ja gründlich sein. Sie werden also alleine fahren.«
Joentaa nickte und war insgeheim erleichtert, von den beiden nicht mit Mitleid und quälenden Fragen behelligt zu werden.
Als Ketola gegangen war, fand Joentaa die Zeit, sich über Nurmelas Verhalten zu wundern. Er fragte sich, ob der Polizeichef noch nichts gewusst hatte von Sannas Tod oder ob er das für ihn so einschneidende Ereignis einfach ignoriert hatte. Er wälzte den Gedanken eine Weile hin und her und kam zu dem Schluss, dass Nurmela nichts gewusst hatte.
Wahrscheinlich war Ketola am Vortag zu beschäftigt gewesen, um es zu erwähnen.
Joentaa würgte den Gedanken ab und zog das Telefonbuch zu sich heran. Er wollte Ojaranta anrufen, um nach der Adresse der Frau zu fragen, die das verschwundene Bild gemalt hatte. Er schlug die Nummer im Telefonbuch nach.
Laura und Arto Ojaranta stand da.
Auch Sannas Name stand noch im Telefonbuch … Sanna und Kimmo Joentaa, dahinter eine Nummer, unter der Sanna Joentaa nicht mehr zu erreichen war.
Ojaranta nahm spät ab, kurz bevor Joentaa auflegen wollte. Seine Stimme klang sehr ruhig und abwesend.
Joentaa fragte ihn, wie es ihm gehe.
Ojaranta antwortete nicht. »Was wollen Sie?«, fragte er.
»Ich möchte mit der Freundin Ihrer Frau sprechen, die das Bild gemalt hat. Können Sie mir ihre Adresse und Telefonnummer geben?«
»Moment«, sagte Ojaranta. Joentaa hörte, wie er in einer Schublade kramte. Nach einer Weile nannte er ihm die Adresse und die Nummer.
Joentaa erwog, irgendetwas Tröstendes zu sagen, aber er verwarf den Gedanken.
Er verabschiedete sich und legte auf.
Er erreichte Jonna Koivuniemi, die Malerin des Bildes, und war erleichtert, als sich herausstellte, dass sie über den Tod ihrer Freundin bereits informiert war.
Er kündigte seinen Besuch an.
Während er nach Naantali fuhr, fragte er sich, ob Ketola recht hatte. Ob er tatsächlich etwas in den Tod der Frau hineininterpretierte, um sich von Sannas Tod abzulenken.
11
Die Angst kehrte
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