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Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Eismond: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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als er sie nach möglichen Tatmotiven gefragt hatte. Der Gedanke, ihre Freundin könnte gezielt getötet worden sein, war ihr vollkommen abwegig erschienen.
    Und genauso war es ihm selbst gegangen.
    Der Tod der Frau war ihm von Beginn an unnatürlich erschienen, als sei irgendetwas nicht so, wie es sein sollte.
    Er überlegte, warum das so gewesen war, und kam letztlich zu dem Ergebnis, dass es vermutlich mit seiner eigenen unwirklich wirkenden Situation zusammenhing.
    Er stellte sich vor, dass alles, was passierte, nicht echt war. Dass er einen sehr langen und verblüffend real wirkenden Traum träumte.
    Er wünschte sich aufzuwachen.
    Als der Gedanke unerträglich wurde, stand er auf und ging, um zu sehen, ob Petri Grönholm und Tuomas Heinonen von ihrer Befragung der Marktplatzanwohner zurückgekehrt waren.
    Er fand sie nach längerem Suchen in der Kantine. Sie hatten ihre Mahlzeit beendet, tranken Kaffee und lachten.
    Heinonens Lachen fror ein, als er Joentaa sah, aber Grönholm bemerkte nichts.
    »Es verdichten sich die Anzeichen, dass Sami Järvi von einem korpulenten jungen Mann angeschossen wurde«, rief er. »Vielleicht war er aber auch sehr alt und schmal. Vielleicht eine Frau. In jedem Fall soll er oder sie sturzbetrunken gewesen sein und ist nach der Tat offensichtlich seelenruhig in einen gerade abfahrenden Linienbus gestiegen.« Er lachte herzhaft und wartete vergeblich darauf, dass Heinonen einstimmte.
    »Was ist?«, fragte er irritiert.
    Joentaa schwieg.
    »Ich kam nicht dazu, dir zu erzählen …«, begann Heinonen.
    »Meine Frau ist gestorben«, sagte Joentaa.
    Grönholm starrte ihn an.
    »Petri hatte gestern frei, deshalb habe ich es noch nicht erzählen können«, sagte Heinonen noch einmal, als müsse er sich rechtfertigen. Dabei war Joentaa ihm dankbar, dass er die Nachricht von Sannas Tod nicht gleich in alle Richtungen verbreitet hatte.
    »Das tut mir leid«, murmelte Grönholm. Er schien weitersprechen zu wollen, brach aber ab.
    Joentaa nickte und dachte daran, dass weder er noch Heinonen Sanna gut gekannt hatten. Sie hatten sie nur ein paarmal gesehen. Er selbst hatte in den vergangenen Jahren sehr selten außerhalb der Arbeitszeiten etwas mit ihnen unternommen, obwohl er beide mochte, den ruhigen, immer etwas geduckten Heinonen genauso wie den derben Grönholm.
    Zwanghafte Harmoniemenschen kommen eben mit allen gut aus, hatte Sanna ab und zu gesagt und vielsagend gelächelt.
    »Ist es nicht denkbar, dass der Mann, der Järvi angeschossen hat, tatsächlich in einen Bus gestiegen und weggefahren ist?«, fragte Joentaa nach einer Weile.
    Grönholm wollte antworten, hielt aber mit geöffnetem Mund inne und suchte nach Worten, offensichtlich überrumpelt von dem Themenwechsel.
    »Das habe ich mich auch schon gefragt«, sagte Heinonen zögerlich. »Die Behauptung stand ja vom ersten Tag an im Raum.«
    »Es ist schwer vorstellbar, dass sich direkt nach einem Attentat, mitten in einer Massenpanik, ein Linienbus in Bewegung setzt«, sagte Grönholm.
    »Wurde das eigentlich überprüft?«, fragte Joentaa. »Wurden bei den Stadtwerken Erkundigungen eingeholt?«
    »Ketola hat das inzwischen veranlasst«, entgegnete Heinonen. »Anfangs hielt er die Zeugenaussage für abwegig, aber inzwischen glauben eben mehrere, dasselbe beobachtet zu haben.«
    »Vermutlich Wichtigtuer, die in der Zeitung gelesen haben, wie leicht man die Aufmerksamkeit der Polizei gewinnen kann«, meinte Grönholm.
    »Vielleicht«, sagte Joentaa.
    Es entstand eine Pause.
    Joentaa spürte, dass beide wieder an Sannas Tod dachten und nicht wussten, was sie sagen sollten. Er glaubte zu sehen, dass beide das Schweigen quälte, und war überrascht, wie wenig es ihn selbst störte.
    Er hätte stundenlang schweigen können.
    »Für dich hat übrigens eine Frau angerufen«, sagte Heinonen, offensichtlich erleichtert, die Stille brechen zu können.
    Joentaa sah ihn fragend an.
    »Die Schwester der toten Frau in Naantali«, fuhr Heinonen fort. »Sie meinte, sie habe am Abend, an dem ihre Schwester ermordet wurde, noch mit ihr telefoniert.«
    »Wann genau?«, fragte Joentaa.
    »Ich weiß nicht, am Abend eben. Ich habe ihr gesagt, dass du dich meldest, weil ich selbst von der Sache wenig Ahnung hatte. Ich weiß nicht mal, wie die Tote hieß.«
    »Laura Ojaranta«, sagte Joentaa. »Kannst du mir die Nummer geben?«
    »Ich habe sie notiert. Der Zettel liegt im Büro.«
    Joentaa nickte. »Ich rufe sie gleich an. Wo genau finde ich den

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