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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Modell wie bei den Bastovs und dem Geldautomatenräuber. Und dann fragt man sich, wie und wo jemand eine solche Anhänglichkeit zu einer bestimmten Waffe entwickelt. Schließlich ist das beileibe keine Allerweltswaffe, aber in den frühen Siebzigern war sie die Standardwaffe bei den Northern Rangers.«
    Am steinigen Ufer der Insel standen zwei dunkle Gestalten, Jerry Commanda und Ian McLeod. Hinter ihnen befand sich ein schönes Ferienhaus aus rotem Zedernholz anstelle des schlichten Cottage der Scrivers. Auf der anderen Seite der Eisfläche, die jetzt wie mit dem Vorschlaghammer kurz und klein gehackt wurde, war das Anwesen der Schumachers zu sehen.
    Jerry Commanda konnte sehr überzeugend sein, doch um das Umweltamt dazu zu bewegen, ihren Eisbrecher herauszurücken, musste er eine Glanznummer hingelegt haben. Der Eisbrecher war nicht mit einem Boot der Küstenwache zu vergleichen, sondern ähnelte eher einem umgebauten Boot mit Außenbordmotor, das über einen verstärkten, spitzen Bug verfügte. Noch zwei Wochen Winter, und der Eisbrecher hätte nichts mehr ausgerichtet.
    Auf Cardinals Bitte hin umschiffte der Steuermann die langgezogene Spitze der Insel in der entgegengesetzten Richtung zu der, in die Familie Scriver gefahren sein musste, falls sie die Bucht überquert hatten, um ins Kino zu gehen. Cardinal klopfte an die Tür eines Aufbaus mitten auf dem Boot, der einer niedrigen Telefonzelle ähnelte, und sprach mit dem Techniker der Provinzpolizei.
    »Schon was zu sehen?«
    Der Techniker schüttelte den Kopf. »Nur jede Menge Baumstämme und Äste. Erstaunlich gut erhalten, wenn man bedenkt, dass hier seit über sechzig Jahren keine Holzfällerei mehr betrieben wird.«
    Cardinal blickte ihm über die Schulter und hatte kristallklare Bilder vor Augen.
    »Wie tief?«
    »Etwa achtundzwanzig bis dreißig Meter. Warten Sie, es wird gleich wesentlich tiefer.«
    »Scriver senior hat dabei mitgewirkt, die Unterwassergeographie zu kartografieren«, erzählte Cardinal Delorme, »und sein Sohn hat ein paar Sommer lang dabei geholfen, die Fischbestände zu erfassen. Sie kannten den See zweifellos beide sehr genau.«
    Sie umschifften die Spitze der Insel, und der Wind frischte auf. Über eine Strecke mit offenem, schwarzem Wasser kamen sie etwa fünfzig Meter weit schnell voran.
    Der Taucher meldete sich zum ersten Mal zu Wort. »Jetzt kommt der tiefste Teil des Sees. Hundert, hundertzwanzig Meter. Die Strömung bewegt sich hier in die entgegengesetzte Richtung, es ist also anzunehmen, dass sie diesen Bereich damals nicht abgesucht haben.«
    »Und sie gingen davon aus, dass die Scrivers in die Stadt wollten«, fügte Cardinal hinzu.
    Auf der Insel traten Jerry Commanda und Ian McLeod unter den Bäumen hervor und standen am Ufer. Beide verschränkten zum Schutz gegen den Wind im selben Moment die Arme vor der Brust, als hätten sie es einstudiert.
    Die Tür des Aufbaus ging auf, und der Techniker rief ihnen zu: »Habe was.«
    Cardinal beugte sich wieder hinein und staunte erneut über das klare Bild. »Delorme, das musst du sehen.«
    Delorme kam näher heran. »Können wir dichter ran?«
    »Und ob«, sagte der Techniker. »Wir kommen jede Sekunde näher. Es ist unter einem Felsvorsprung verhakt. Das konnten die alten Unterwasserschallgeräte unmöglich orten.«
    Das Bild wurde schärfer und plastischer. Ein Ruder, das über ein Dollbord hing. Ein Außenbordmotor hinter dem Heck.
    »Siebzig Meter«, sagte der Techniker. »Sehen Sie, was
in
dem Ding ist?«
    »Ja«, sagte Cardinal, »allerdings.«
    Sie halfen dem Taucher, seinen Helm festzumachen. Er schaltete die Lampen ein, und an seiner winzigen Videokamera leuchtete das rote LED -Kopflicht auf. Er kletterte über die Seite und ließ sich ins Wasser hinab, während sie ihm zusahen, wie er in die Tiefe sank. Auf seinem Weg nach unten musste er wegen des Druckausgleichs mehrere Pausen einlegen.
    Cardinals Handy klingelte. Er zog es aus der Innentasche und klappte es auf. Es war Ian McLeod, der wissen wollte, wie lange er noch mitten im verdammten Winter an einem Seeufer herumhängen sollte. Er sah von ferne, wie ihm McLeod den Stinkefinger zeigte. »Noch ein bisschen Geduld«, sagte Cardinal.
    »Ach, übrigens: Hab Divyris’ sogenannte Geschäftskontakte überprüft. Der Mann träumt. Ja, er hat sich mit Leuten getroffen, mit Leuten geredet, ist Leuten hinterhergelaufen. Sie können den Kerl nicht mehr sehen. Offenbar kann er kein Nein akzeptieren. Ein Typ droht ihm, ihn

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