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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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wenn auch vom Wind gedämpft.
    »Muss in der Nähe sein, sonst würden wir nichts hören.«
    Cardinal trat in den Sturm hinaus. Der Schnee blies ihm heftig in seine Kapuze. Er hatte ein beschränktes Gesichtsfeld. Er lief denselben Weg wie beim ersten Mal bis zu der Birke. Der Schrei ertönte wieder. Cardinal versuchte, durch den Schnee irgendetwas zu erkennen, und entdeckte etwas Orangefarbenes.
    »Warten Sie dort«, sagte Cardinal. »Polizei.«
    Die Gestalt, ein Mann in einer Jägerweste, kam taumelnd auf ihn zu, während er unverständliche Wörter ausstieß.
    »Keine Angst«, sagte Cardinal. »Ihnen passiert nichts. Polizei.«
    »Da ist ein Mann. Sie müssen mir helfen. Ein Mann. Er hat meinen Bruder umgebracht. Er ist wahnsinnig. Er wird mich auch umbringen.« Der Mann kam auf Cardinal zugerannt, stolperte und fiel der Länge nach hin.
    »Sind Sie einer von den Burwells?«, fragte Cardinal.
    »Was?« Der Mann hatte sich auf die Knie hochgerappelt und schien unter Schock zu stehen. »Ja, Tony Burwell. Bitte, Sie müssen mir helfen. Da läuft ein vollkommen Irrer herum. Noch ein paar andere. Die haben meinen Bruder erschossen. Die haben auch versucht,
mich
zu erschießen.«
    »Schon gut, jetzt passiert Ihnen nichts mehr.« Cardinal hatte seine Beretta gezogen, ohne sie zu entsichern. »Wo ist dieser Mann?«
    Burwell schien ihn nicht zu hören. Er rappelte sich hoch. »Sie haben uns die Brieftaschen und die Waffen weggenommen, einfach alles. Dann haben sie meinen Bruder getötet! Holen Sie mich, um Himmels willen, hier raus!« Der Mann brach in Schluchzen aus. »Oh, Gott …«
    »Schon gut. Jetzt passiert Ihnen nichts mehr. Hier in der Nähe gibt es eine Hütte.«
    »Gott, mein Bruder. Völlig irre Typen da draußen.«
    Cardinal führte ihn zu der Hütte. Kaum hatte er die Tür geöffnet, sank der Mann in eine Ecke und zog die Knie an die Brust.
    »Machen Sie die Tür zu, Mann. Machen Sie bloß zu, sonst finden die uns.«
    »Was ist passiert?«, fragte Delorme.
    »Mr. Burwell wurde zusammen mit seinem Bruder überfallen. Sein Bruder ist tot.«
    »Sie müssen mich hier rausholen«, sagte Burwell. Er schien nicht zu merken, dass er schrie. »Ich halt es hier keine Minute länger aus. Können Sie nicht über Funk einen Helikopter anfordern oder so? Ich pack das nicht länger.«
    »Bei diesem Sturm fliegt hier keiner. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als zu warten, bis er vorbei ist. Erzählen Sie uns, wie es passiert ist.«
    »O Gott, wir haben uns verirrt. Es war meine Schuld. Ich sollte mein GPS mitnehmen und hab’s vergessen – ich hab’s schlicht und einfach vergessen. Wir hatten keinen Kompass, rein gar nichts. Das Unwetter kommt immer näher, und wir sehen eine Überlandleitung. Wir folgen ihr ’ne Weile, bis wir an diesen winzigen See gelangen. Haus auf der anderen Seite. Richtiges Haus, nicht bloß ’ne Hütte. Wir also nichts wie hin – Himmel, ich kann’s immer noch nicht glauben –, und mein Bruder hat auf einmal sein Bein in einer Falle. Können Sie sich das vorstellen? Eine scheiß Falle.«
    »Ziemlich gut«, sagte Delorme matt.
    »Fahren Sie fort«, forderte Cardinal ihn auf.
    »Mein Gott.« Der Mann kniff die Augen zu. »Mein Gott. Ich bin in Panik geraten. Ich bin total in Panik geraten.« Er richtete einen flehentlichen Blick auf Cardinal. »Er hat geschrien. Mein Bruder hat geschrien, und ich hab versucht, rauszukriegen, wie diese verdammte Falle funktioniert, aber ich hab’s einfach nicht kapiert. Ich meine, ich hatte schließlich noch nie so ’n Ding gesehen! Also renne ich zu diesem Haus, rufe, brülle um Hilfe und hämmere an die Tür. Ein Typ macht auf. Groß, vielleicht fünfzig, fünfundfünfzig oder so, und er hat eine Knarre in der Hand. Da hätte es bei mir eigentlich klick machen müssen.«
    »Haben Sie sonst noch jemanden gesehen?«
    »Ein Mädchen von vielleicht dreizehn Jahren.«
    »Gehörte sie zu ihm? Oder war sie eine Geisel? Wie kam Ihnen die Situation vor?«
    »Mann, woher soll ich das wissen? Mein Bruder steckte in dieser verfluchten Falle, ich war total in Panik. Ich wollte doch nur Hilfe holen.« Burwell kniff die Augen zu und drückte die Stirn an die Knie. Als er wieder aufsah, standen ihm Tränen in den Augen. »Sie hat ihn Papa genannt.«
    »Papa.«
    »Papa. ›Soll ich gehen, Papa?‹ Aber er sagte nein, zieht sich einen Anorak an und kommt mit.« Er brach erneut in Schluchzen aus.
    Cardinal fand eine Flasche Whisky und goss etwas in ein Glas. Er reichte

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