Eismord
Zuhause. Sie genießen dieselben Rechte wie in ihrer eigenen Wohnung.«
Delorme trat näher und beugte sich über die Theke. »Mr. Dee, aller Wahrscheinlichkeit nach wurde bereits das Recht der Bastovs verletzt, ihren Kopf auf dem Rumpf zu behalten. Sie werden sich nicht beschweren, wenn wir ihr Zimmer durchsuchen.«
Der Direktor sah von Cardinal zu Delorme und wieder zu Cardinal. »Oh, mein Gott. Die sind das?« Er presste die Hand auf den Mund. »O mein Gott.«
Zimmer 217 lag in Richtung der Skipisten. Draußen zog der Lift Menschen in Schutzbrillen und bunten Jacken in einen tiefblauen Himmel über den blendend weißen Hängen empor. Es hatte in diesem Winter noch keinen nennenswerten Schneefall gegeben, doch das hatten die Schneekanonen wettgemacht. Das Zimmer selbst war überheizt und roch nach Parfüm.
»Keine Ahnung, was das ist«, sagte Delorme und schnupperte, »aber es ist teuer.«
Mr. Dee bezog im Türrahmen Stellung und hielt dabei die Hände so vor der Brust gefaltet, als leite er eine Beerdigung.
Im Bad zeigte Delorme auf einen winzigen Parfümzerstäuber von Jean Patou und sagte: »Das kostet mindestens zweihundert Dollar die Unze.«
Neben dem linken Waschbecken lag ein weißes Ledernecessaire, neben dem rechten ein hellbraunes. Delorme sah sich die Sachen der Frau an, Cardinal die des Mannes.
Cardinal hielt ein Fläschchen mit verschreibungspflichtigen blauen Pillen hoch.
»Wetten, dass die nicht nur eine Ehe gerettet haben«, sagte Delorme.
Sie begaben sich ins Hauptzimmer, inspizierten das, was auf den Kommoden stand, dann den Inhalt der Schubladen. Die Kleider waren sauber gefaltet. Es gab mehrere Damenuhren, Manschettenknöpfe, sogar eine Krawattennadel.
»Der war wirklich von der alten Schule«, sagte Cardinal. »Hab schon ewig keine Krawattennadel mehr gesehen.«
»Sie haben sehr sorgfältig ausgepackt«, sagte Delorme. »Als planten sie, eine ganze Weile zu bleiben. Ich glaube, die Pelzauktion hat noch nicht mal offiziell begonnen, oder?«
»Das Highlands ist für sich genommen schon ein Urlaubsreiseziel«, warf Mr. Dee von der Tür aus ein. »Viele Teilnehmer der Pelzauktion buchen länger. Besonders, wenn sie gerne Ski fahren.«
An einer Wand lehnten K2-Skier der Spitzenklasse, noch mit den Ladenetiketten versehen. Im Schrank hingen die Kleider ordentlich aufgereiht, die der Frau auf der linken Seite, die des Mannes rechts. Preisschilder aus New York. Pullover auf den Fächern gefaltet, Schuhe und Skistiefel paarweise auf dem Boden aufgereiht.
»Nirgends Brieftaschen«, bemerkte Delorme. »Bei den Leichen haben wir auch keine gefunden.«
»Der müsste bitte geöffnet werden«, sagte Cardinal und zeigte auf den Safe auf dem niedrigeren Fach.
»Sicher«, antwortete Dee. »Das kann ich für Sie machen.«
»Warten Sie.« Cardinal zog einen Kugelschreiber hervor. »Nehmen Sie den.«
Dee ging in die Hocke und gab mit der Kugelschreiberspitze einen Notöffnungscode ein. Es ertönte ein Surren, die Tür sprang auf, und Dee zog sich wieder auf seinen Beobachtungsposten zurück, wo er wie zuvor die Arme verschränkte.
»Keine Brieftaschen, keine Handys«, sagte Cardinal. »Falls der Mörder die an sich genommen hat, können wir nur hoffen, dass er sie auch benutzt.« Er zog zwei Pässe aus dem Safe, einen russischen und einen amerikanischen.
Delorme kam zu ihm herüber, als er den amerikanischen Pass öffnete. »Das ist unser Mann«, sagte sie. »Sieht an einem Stück eindeutig besser aus.«
Cardinal öffnete den Pass von Irena Bastov. Angesichts der kyrillischen Schrift musste er passen, doch das Geburtsdatum war klar, und es gab ein US -Visum auf Englisch. Mädchenname Divyris. Herkunftsland Ukraine.
»Keine dreißig«, sagte Cardinal. »Ziemlicher Altersunterschied. Der Mann sieht gut aus, schätze ich, aber so gut nun auch wieder nicht.«
Er blätterte langsam weiter.
Delorme zeigte auf das US -Visum und die Worte »mit ständigem Wohnsitz«. »Vielleicht hat sie ihn deshalb geheiratet.«
»Du glaubst nicht, dass es Liebe auf den ersten Blick war?«
»Vielleicht bei ihm.« Selbst im strengen Schwarzweiß des Fotos kamen das glänzende Haar, die majestätischen Wangenknochen und die erotische Intelligenz in Irena Bastovs Augen zur Geltung.
Cardinal steckte die Pässe in einen Plastikbeutel, diesen in die Tasche und kniete sich hin, um die Kleider eingehender zu betrachten. Gesundheitsbewusst, beide. Laufschuhe und Sportzeug. Dann, unter einem Stapel
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