Eismord
Umsätze nicht gerade in die Höhe treiben.«
»Was ist bei den Voreigentümern schiefgelaufen? Wieso haben die Schiffbruch erlitten?«
Stromberg zuckte die Achseln. »Da müssen Sie Dingsda – Don Rivard – fragen, er war damals der Boss. Nehme mal an, dass die Ausgaben die Einnahmen überschritten haben. Wir arbeiten streng mit einer Mindestgewinnspanne. Brauchen nur mal ein paar schlechte Jahre, ein paar Schulden dazwischenzukommen … Gehört nicht viel dazu. Ah, da ist ja die fragliche Dame.«
Eine kleine, blonde Frau mit scharf geschnittenen Zügen und einer Pixie-Frisur stand in der Nähe einer Glastür und telefonierte mit ihrem Handy. Sie steckte es in die Tasche und kam Stromberg lächelnd entgegen.
»Nat, das sind Detective Cardinal und Detective Delorme. Sie arbeiten an der Sache mit den Bastovs.«
»Natalia Kuritsyn«, sagte sie und schüttelte zuerst Cardinal, dann Delorme die Hand.
»Sie haben die Vermisstenmeldung veranlasst?«, fragte Delorme.
»Ja.«
»Wahrscheinlich haben Sie zuerst versucht, die Bastovs zu erreichen. Haben Sie deren Handynummern?«
»Ja, kommen Sie, wir können in der Cafeteria reden.« Ihr russischer Akzent war so stark, als wäre sie einem Bondfilm entsprungen.
»Ich bin in der Halle, falls Sie mich noch brauchen«, sagte Stromberg.
Die Cafeteria bestand aus ein paar Tischen in einem kalten Raum. Kaffee bekam man an einer Theke, an der ein dunkelhaariges Mädchen mit Kopftuch auf einem Tablett Muffins auslegte. Sie holten ihren Kaffee und setzten sich an einen Tisch in der Ecke. Die anderen Tische waren leer.
Cardinal beschloss, Ms. Kuritsyn Delorme zu überlassen. Er verbrannte sich an seinem Kaffee die Zunge und war für den Rest der Befragung damit beschäftigt, heimlich Luft zwischen den Zähnen einzusaugen.
Delorme verschaffte sich zunächst einen Eindruck von der Person. Ms. Kuritsyn war eine ehemalige Pelzeinkäuferin, die oft nach Algonquin Bay gekommen war, bevor sie beschloss, für immer dort zu leben. Die Einwanderung war ein Leichtes gewesen, da sie sich in einen Trapper verliebt und ihn geheiratet hatte.
»Wenn man sich die Leute in der Halle ansieht«, sagte Delorme, »gibt es nicht allzu viele Frauen in diesem Gewerbe.«
»Ist wahr. Wie in Ihrem Gewerbe, glaube ich.«
»Ich hätte gedacht, dass es zwei Frauen in diesem Pelzgeschäft zueinander hinzieht, zumal Sie beide aus demselben Land stammen.«
»Aus demselben Land? Irena Bastov stammt aus der Ukraine – jedenfalls da geboren. Vor allem aber sie ist Moskau, ich bin Kaliningrad. Nicht dasselbe Land. Ist wie Paris und Marseille, nur schlimmer. Jemand wie Irena Bastov gibt sich nicht mit jemandem wie mir ab. Also nein, keine Freunde. Keine Feinde.«
»Wie steht es mit anderen Feinden? Sie war eine schöne Frau. Vielleicht hat sie die Aufmerksamkeit des falschen Mannes erregt?«
Ms. Kuritsyn zuckte die Achseln. »Schon möglich. Woher soll ich das wissen.«
»Sie klingen ein bisschen feindselig.«
Das löste ein breites Grinsen aus. »Nicht feindselig. Russisch.«
»Was heißt das?«
»Die Leute missverstehen das. Denken immer, wir haben ein Problem. Aus dem Fernsehen. Aus dem Kino. Sie meinen, wir sind Kommunisten, sie meinen, wir sind Gangster, Dichter, Tänzer, Säufer. Immer erwarten sie große Gefühle, große Geste. Die Wahrheit ist – wir sind wie Kanadier, vielleicht nicht so langweilig, aber genau wie Sie wir sind verschlossen. Kommt wahrscheinlich vom kalten Winter. Wir öffnen uns nicht so schnell. Wir werden nicht so schnell warm.«
»Wie ist das mit Irena Bastov? War sie …«
Ms. Kuritsyn richtete einen schmalen Finger auf Delorme. »Und ich sag Ihnen noch was. Wir mögen keine Fragen. In meinem Land Fragen können tödlich sein. Ja, immer noch. Und sie beantworten …« Sie schüttelte den Kopf. »Nicht gut.«
»Irena Bastov. Hat sie lange gebraucht, um sich für Lev Bastov zu erwärmen?«
Ms. Kuritsyn lachte. »Ganz und gar nicht. War
coup de foudre.
Liebe auf ersten Blick. Bei beiden, würde ich sagen.«
»Ich kann verstehen, dass Lev Bastov von Irena fasziniert war. Sie war jung und schön. Aber er …«
»Er war reich. Er hat sie angebetet. Natürlich hat sie seine Liebe erwidert. Wer würde nicht?« Sie beugte sich über den Tisch. »Verzeihen Sie, aber ich glaube, russische Frauen sind in der Hinsicht ein bisschen praktischer. Ein bisschen weniger romantisch. Ein wohlhabender Mann, der sich in dich verliebt hat? Ist wie ein Lottogewinn.«
»Also keine
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