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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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erzählt.«
    »Ich weiß, aber ich bin da wie ein Kind, ich kann es nicht oft genug hören. Nicht wie ein Kind, eher wie in alten Zeiten. Wie bei den Wikingerkriegern. Die saßen um ein Feuer und versuchten, sich gegenseitig mit den wildesten Geschichten zu übertrumpfen. Also, mein Sohn, ich kann dich nicht übertrumpfen, ich bin nur da, um dir zuzuhören. Und seien wir ehrlich, es gibt nicht viele, denen du so was erzählen kannst, also lass hören. Ich hab meinen Brandy, ich hab meinen Kamin, und ich hab einen echten Tatmenschen mit einer unglaublichen Geschichte. Was will man mehr.«
    Also erzählte Jack Papa noch einmal, wie eigentlich Papa selbst die Vorlage für die Operation geliefert hatte, indem er den Bastovs erzählte, er hätte einen guten Makler, mit dem er befreundet sei, gebeten, sie anzurufen. Er erzählte ihm noch einmal, wie er die Bastovs wegen der Neuigkeit angerufen hatte, dass er das ideale Haus für ein Paar gefunden hätte, das Wintersport liebte. Und er erzählte ihm auch noch mal, wie er sie zum Trout Lake rausgefahren und sie herumgeführt habe. Er vergaß nicht, zu erwähnen, wie er die Flasche Stoli hervorgezaubert hatte.
    »Oh, das war clever«, lobt Papa. »Ein sehr guter Schachzug. Wer weiß, vielleicht kannst du dich ja eines Tages zur Ruhe setzen und Immobilien verkaufen. Du würdest dich gut machen.«
    Jack hält sein Cognacglas ins Licht des Feuers und beobachtet, wie die Flammen darin falsch herum flackern.
    »Ihr setzt euch also zu dritt auf einen Drink hin«, sagt Papa. »Was haben sie gesagt? Wie waren sie so? Waren sie überhaupt misstrauisch?«
    »Eigentlich nicht. Die Frau war richtig begeistert – vom See, weniger von dem Haus. Die Lage. Der Mann war, na ja, zurückhaltend, würde ich sagen.«
    »Erzähl mir noch mal, wie du es gemacht hast, Jack.«
    Also erzählte Jack es ihm noch einmal. Die Worte sprudelten aus ihm heraus, und er konnte eigentlich nicht fassen, dass er sie sagte, auch wenn er so was nicht zum ersten Mal machte und Papa schon andere Geschichten über andere »Zielpersonen«, wie Papa sie nannte, erzählt hatte. Er erzählte von der dritten Runde, die er spendierte – wie diese Russen das Zeug einfach so runterkippen. Die halten nichts davon, vornehm dran zu nippen. Wie die Augen der Frau leuchten, wie sie ein wenig lauter lacht. Und wie er, als sie den Cognac trinken, in seine Schultertasche greift und die Browning zückt. Wie er sie blitzschnell hochhält und über den Tisch hinweg auf den Mann zielt.
    »Was hat er für ein Gesicht gemacht, Jack? Was hat er für ein Gesicht gemacht, als du das getan hast?«
    »Er hat mich angeguckt …« Jack musste überlegen, um es richtig zu beschreiben, war sich nicht sicher, wie er die Gefühle oder das, was dem Mann so offensichtlich anzusehen war, anschaulich erklären sollte. »Er hat mich einfach nur angesehen, als hätte er ein erstauntes ›Oh‹ auf der Zunge, sonst nichts, verstehst du?«
    »Ihm klappte die Kinnlade herunter.«
    »Allerdings«, bestätigte Jack. »Ihm klappte wirklich die Kinnlade runter. Na, jedenfalls hab ich ihn dann auf der Stelle erschossen. Peng, ohne einen Moment zu zögern, direkt zwischen die Augen. Na ja, in die Stirn, würdest du sagen.«
    Papa nickte. »Schon wieder clever. Erst den Mann ausschalten.«
    »Hast du mir immer eingeschärft, Papa.«
    »Ja, aber du hast es auch getan. Du standest unter Druck und hast das Richtige getan. Und die Frau?«
    »Ich hab ihr keine Zeit gelassen, zu schreien. War ja einsam genug da draußen, aber ich wollte keine Schreie. Oder dass irgendwelche Leute angerannt kommen. Also hab ich die Waffe einfach blitzschnell in ihre Richtung geschwenkt …« Er hob die Schusshand mit ausgestrecktem Zeigefinger und zeigte Papa, wie er nach rechts gezielt hatte. Er schloss ein Auge, als legte er erneut an. »So. Und ich hab’s ihr gegeben.«
    »Auch zwischen die Augen?«
    »Sie sah zu dem Kerl rüber, hatte den Kopf ein bisschen gedreht. Der Schuss hat sie in der Schläfe erwischt und ging glatt durch.«
    »Zwei Schuss, zwei erledigt. Du bist gut, Jack. Wird ganz schön Wirbel machen. Russische Mafia? Die Oligarchen? Da geht man nicht so schnell zur Tagesordnung über.«
    »Gehörten die wirklich zur Russenmafia, die beiden?«
    Papa hielt sich die flache Hand über den Kopf – als Zeichen für den Sumpf. »Bis hierher, Jack, bis hierher. Als das kommunistische System implodierte, haben sie Lev Bastov praktisch das ganze Gewerbe in den Schoß gelegt.

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