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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Auf dem Bildschirm leuchtete der Monat Dezember auf.
    »Sie zittern ja, Lloyd. Es gibt für Sie nicht den geringsten Grund zur Angst. Ich hege nicht die Absicht, Ihnen etwas zu tun. Nicht die geringste.«
    »Es macht einem Angst, in seinem eigenen Haus überfallen zu werden.«
    »Ich weiß. Tut mir leid. Aber das musste sein.« Er drückte dem alten Mann die Schulter. Dünner Muskelstrang. »Entspannen Sie sich. Wirklich. Ich bin kein gewalttätiger Mensch. Ich wünschte, ich könnte Sie davon überzeugen, aber ich kann Ihre Skepsis verstehen. Wer sind Greener & Greener, die am Donnerstag kommen?«
    »Landschaftsgärtnerei.«
    »Was wollen Sie mitten im Dezember mit Landschaftsgärtnern?«
    »Einen Kostenvoranschlag. Für Arbeiten, die sie im Frühjahr ausführen sollen.«
    »Schicken Sie ihnen eine E-Mail und sagen Sie ab.«
    Der alte Mann öffnete sein E-Mail-Programm und adressierte eine Nachricht.
    Meine Herren,
    mir ist etwas dazwischengekommen, und ich muss für Donnerstag absagen.
    »Sagen Sie nicht einfach nur ab. Verschieben Sie den Termin, sonst rufen die wieder hier an.«
    Der alte Mann tippte noch ein paar Worte. Er war am Computer erstaunlich gut.
    Ich ruf Sie kurz nach Neujahr an, und wir machen einen neuen Termin aus.
    Mit der Bitte um Verständnis,
    Lloyd Kreeger.
    »Gut. Und jetzt senden. Sie haben diese Woche noch zwei Verabredungen. Machen Sie damit dasselbe. Dann richten wir eine Out-of-Office-Rückmeldung ein. Nicht, dass Sie besonders viele E-Mails bekämen. Lieben das Eremiten-Dasein, was, Lloyd?«
    »Nein, das Rentnerdasein. Ich halte mit meiner Familie Kontakt, und wenn meine Leute nichts von mir hören, machen sie sich Sorgen und rufen die Polizei. Meine Tochter ist eine Schwarzseherin – sie hat das schon mal getan.«
    »Falsche Taktik, Lloyd. Ich mag Lügen nicht.« Papa sprach leise. Ein bisschen Angst war eine Sache, aber er wollte den alten Mann nicht in Panik versetzen. Ein paar von Papas früheren Rekruten hatten das getan, und es war für alle schlecht ausgegangen. »Ihre Tochter lebt in Colorado Springs, weit weg in den guten alten Vereinigten Staaten, und Sie hören ein Mal im Monat von ihr. Tun wir also nicht so, als käme sie irgendwie ins Spiel.«
    Der alte Mann sah mit steinerner Miene zu Papa auf. Er mochte alt sein, ein Dummkopf oder ein Weichei war er nicht. »Wieso erzählen Sie mir nicht, was Sie mit Henry gemacht haben, wenn Sie es mit der Wahrheit so ernst nehmen? Sie haben ihn umgelegt, stimmt’s?«
    Papa betrachtete ihn, als machte er sich aufrichtige Sorgen. »Henry ist vermutlich Ihr Freund, der Ureinwohner? Henry sitzt wohlbehütet in der Baracke. Ich hab ihn nicht umgebracht, ich hab überhaupt niemanden umgebracht.«
    »Ich hab die Schüsse gehört.« Diese wässrigen Augen, die zu ihm aufblickten, hatten vielleicht eine Menge gesehen, aber nicht genug, um zu begreifen, was für einen Mann Lloyd vor sich hatte.
    »Keine Sorge, Lloyd. Ihre Fantasie geht mit Ihnen durch. Ich hab im ganzen Leben noch keinen umgebracht, und das ist die reine Wahrheit.«
    »Vielleicht nicht mit eigener Hand. Aber vielleicht einer von Ihren Leuten.«
    »Sie meinen meine Jungs. Lemur ist erst sechzehn und ein gutmütiger Junge – nicht die Spur von Killerinstinkt. Und warten Sie, bis Sie Nikki kennenlernen, meine Jüngste. Die kommt morgen. Jack ist ein bisschen Massenware, schwacher Durchschnitt – ich muss zugeben, Jack ist manchmal recht anstrengend, aber er kann nichts dafür. Für den ist Adrenalin das, was für Sie und mich Sauerstoff ist, oder Wasser und Nahrung. Aber deshalb ist Jack kein Berserker, und er läuft auch nicht herum und knallt Leute ab, und ich dulde nicht, dass jemand das von ihm behauptet. Machen Sie sich also um Henry keine Sorgen, Lloyd. Wenn das hier alles vorbei ist, werden Sie Ihren Enkelkindern davon erzählen können. Jetzt öffnen Sie diese Abwesenheitsnotiz, und dann wenden wir uns den finanziellen Dingen zu.«
     
    Der alte Knacker hatte einen Siebzig-Zoll- HD -Fernseher in seinem Wohnzimmer, und Jack und Lemur schauten sich gerade eine Folge von
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an, als Papa hochkam und Lemur aufforderte, auszuschalten. Er und Jack hätten was unter vier Augen zu bereden. Der Junge machte den Apparat aus und ging in sein Zimmer. »Und bleib nicht die ganze Nacht auf«, rief ihm Papa hinterher. »Du holst morgen um sieben Nikki vom Flugfeld ab.«
    Manchmal fand Jack Papas Wortwahl amüsant. Der Mann war schon seit schätzungsweise dreißig Jahren nicht mehr

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