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Eismord

Eismord

Titel: Eismord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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zugewandte Sofaende und stützte sich auf die Lehne. »Sie erinnern sich nicht an mich, oder?«
    »Erinnern?«
    Papa beugte sich zu ihm vor und musterte ihn kritisch mit seinen dunkelblauen Augen. »Ich warte schon die ganze Zeit darauf, dass Sie zwei und zwei zusammenzählen, Lloyd, aber wie’s aussieht, kann ich ewig warten. Zumindest, wenn ich Ihnen nicht ein bisschen auf die Sprünge helfe.«
    »Tut mir leid«, sagte Lloyd. »Sie sind im Vorteil. Ich kann mich nicht … Sind wir uns schon mal begegnet? Sie und ich? Irgendwo begegnet?«
    »Allerdings.«
    »Tut mir leid. Sie kommen mir zwar vage bekannt vor …«
    »Ich geb Ihnen einen kleinen Fingerzeig, Lloyd.« Papa beugte sich vom Sofa zum Sessel hinüber und drückte Lloyds Schulter, wie man einen Klingelknopf drückt. »Seattle.«
    »Seattle. Das soll mir auf die Sprünge helfen?«
    »O ja.«
    »Ich war auf einer Menge Pelzauktionen in Seattle. Wie soll ich mich an eine bestimmte Gelegenheit erinnern?«
    »Also, Sie haben recht – es war eine Pelzauktion. Vor zwölf Jahren.«
    »War es bei einem dieser großen Dinners?«
    »Schon wärmer. Nach dem Essen. An der Hotelbar. Sie waren mit irgendeinem Boss von Lord & Taylor da.«
    Lloyd schnippte mit den Fingern. »Ron Weissman. Er ging in dem Jahr in Rente. Wir haben uns in der Hotelbar getroffen. Sie kamen dazu und haben mich was gefragt. Jetzt erinnere ich mich. Sie waren mit einer schönen jungen Frau da.«
    Papa lächelte. »Gut gemacht, Lloyd. Es handelt sich um Christine. Hat mir das Herz gebrochen.«
    »Sie kamen auf mich zu und haben mir eine Frage gestellt.«
    »Ich hab Sie was gefragt. Ausgezeichnet. Erinnern Sie sich noch, was?«
    Lloyd schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, da muss ich passen.«
    Papa lächelte – der Anflug eines Grinsens, im völligen Widerspruch zu seinem übrigen Gesichtsausdruck, war in einer Sekunde verflogen. »Natürlich nicht. Wieso auch? Ich hab Sie gefragt, ob Sie eine Minute Zeit hätten. Anfänglich waren Sie sehr charmant. Sie sagten, klar. Und so hab ich Ihnen eine Idee unterbreitet, an der ich monatelang, nein, eigentlich jahrelang, gearbeitet hatte. Ein Konzept, bei dem es darum ging, Pelzjäger und Käufer – und Hersteller wie Sie selbst – in einem Top-Down-Verbund zu organisieren.«
    »Und ich hab gesagt: ›Ich bin nicht interessiert.‹«
    »Nur dass Sie es damals nicht so eloquent ausgedrückt haben. Wie viele Wörter waren das jetzt? Fünf? Sechs? Sie haben nicht annähernd so viele Wörter an mich verschwendet. Sie haben nur gesagt: ›Kein Interesse.‹« Papa hielt Lloyd zwei Finger vors Gesicht. »Zwei Wörter. Als wäre ich irgend so ein religiöser Spinner, der Ihnen eine Broschüre andrehen will. ›Kein Interesse.‹«
    »Und das hat Sie verletzt.«
    Papa blickte zur Decke. Als er Lloyd wieder ansah, sagte er: »Wenn Sie auf eine Spinne treten – eine Ameise, eine Kakerlake –, meinen Sie nicht, dass Sie das Tier verletzen? Wenn Sie jemandem, der nur konstruktiv mit Ihnen zusammenarbeiten will, ins Gesicht spucken, meinen Sie nicht, dass ihn das verletzt?«
    Sein gesamtes Berufsleben hindurch hatte sich Lloyd Kreeger etwas darauf zugutegehalten, ein bodenständiger, sachlich präziser Mann zu sein. Ehrlich, zuverlässig, entschlossen. Er schätzte Höflichkeit, und der Vorwurf, sich hochmütig benommen zu haben, nagte an ihm, selbst wenn er von einem Dieb, möglicherweise einem Mörder und ganz gewiss von einem Psychopathen kam.
    »Vielleicht sind Sie in geschäftlichen Dingen nicht sehr erfahren«, sagte Lloyd. »Die größte Höflichkeit, die Sie einem Geschäftsmann erweisen können, ist der Respekt vor seiner knapp bemessenen Zeit. Welche Vorzüge Ihr Plan auch gehabt haben mag – und offen gesagt, habe ich nicht lange genug darüber nachgedacht, um sie abzuwägen –, ich wusste eindeutig, dass das nichts für mich war. Ich hatte mit Fallenstellern gearbeitet, ich hatte Farmen besessen, doch zu dem Zeitpunkt konzentrierte ich mich ausschließlich auf Herstellung und Einzelhandel.«
    »Natürlich. Lloyd Kreeger wird sich doch nicht die Hände schmutzig machen.«
    »Es hatte nichts damit zu tun, sich für irgendwas zu fein zu sein. Ich hab Ihnen die schnellstmögliche Antwort gegeben. ›Kein Interesse.‹ Ich entschuldige mich dafür, wenn Sie das verletzt hat, aber es war die Wahrheit. Verletzt Sie die Wahrheit?«
    »Ich lebe danach.«
    »Dann gibt es auch keinen Grund, beleidigt zu sein.«
    »Es geht nicht darum,
was
Sie gesagt

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