Eisnacht
hat er uns angelogen, Hoot? Wieso haben alle außer uns so einen Affentanz aufgeführt? Das will mir nicht in den Kopf.«
»Ich weiß es nicht, Sir, aber ich glaube, Burton war auch nicht eingeweiht.«
»Er wirkte genauso perplex, nicht wahr?« Nach kurzem, stillem Nachdenken sagte Hoot: »Obwohl er und Wes Hamer angeblich beste Freunde sind, spüre ich Spannungen zwischen ihnen. Eine unausgesprochene… Rivalität.«
Begley drehte sich in seinem Sitz zur Seite und feuerte eine imaginäre Pistole auf ihn ab. »Genau ins Schwarze, Hoot. Das Gefühl habe ich auch. Sie sagen genau das Richtige und benehmen sich wie beste Busenfreunde, aber ich habe das dumpfe Gefühl, dass unter der Oberfläche etwas brodelt.«
»Ärger«, sagte Hoot. »Denn ganz praktisch gesehen ist Hamer als Vorsitzender des Gemeinderates Burtons Boss. Burton findet es unerträglich, dass er seinem Freund unterstellt ist.«
»Vielleicht ist es das, Hoot. Vielleicht ist es das.« Er wischte die Windschutzscheibe mit dem Ärmel frei. »Man sieht immer noch nicht viel, nicht wahr?«
»Nein, Sir.« Begley hörte das Piepen gleichzeitig mit Hoot. Er warf einen Blick auf den Pager an seinem Gürtel. »Perkins.«
Eine Weile hörte man im Auto nur das Schaben der Scheibenwischer, das Surren der Luft aus den Gebläsedüsen und das Knirschen der Reifen auf dem Schnee. Schließlich sagte Begley: »Der Junge wurde besonders zappelig, als Sie ihn fragten, warum er und Millicent sich getrennt hatten. Auch die Eltern spitzten sichtbar die Ohren und schienen sich auffällig für seine Antwort zu interessieren.«
»Vor allem Mrs Hamer.«
»Weil ich davon ausgehe, dass sie diesen Mist von ›Wir haben uns einfach satt gehabt‹ genauso wenig glaubt wie wir.«
»Was ist mit Mr Hamer?«
»Über den habe ich mir noch keine rechte Meinung gebildet , Hoot. Aber mein Instinkt sagt mir, dass der Coach wesentlich mehr weiß, als er uns erzählt.«
»Über die Trennung?«
»Über alles. Niemand außer einem Filmstar, einem Gebrauchtwagenhändler und einem Zuhälter braucht ein Lächeln wie seines.«
Vor der Polizeistation hielt Hoot auf dem freien Platz neben dem Bronco. Sekunden nach Burton stapften sie durch den Eingang. Drinnen roch es nach verbranntem Kaffee, nasser Wolle und ungeduschten Männern, aber immerhin war es warm.
Der Polizist an der Telefonzentrale sagte zu Hoot: »Sie sollen so bald wie möglich Perkins in Charlotte anrufen.«
»Gut. Darf ich noch mal Ihr Telefon benutzen?«
Der Polizist winkte ihn an einen freien Schreibtisch.
Nachdem Begley nichts anderes übrig blieb, als abzuwarten, ob Hoot etwas Neues erfahren würde und wenn ja, was, trat er zu Burton, der sich gerade eine Tasse Kaffee einschenkte. »Was machen Sie aus unserem Besuch bei den Hamers?«
»Ich mache überhaupt nichts daraus«, erwiderte Burton.
»Kein Grund, sich aufzuregen.«
Burton schnaubte in seine Tasse, nahm einen Schluck und fragte dann: »Und was machen Sie daraus?«
»Wes und Dora Hamer sind definitiv nicht die Waltons, und mit ihrem Jungen stimmt was nicht.«
»Und das wissen Sie, nachdem Sie dreißig Minuten mit ihnen verbracht haben?«
»Es waren eher drei Minuten.«
»Egal, wie lang es gedauert hat, es war nichts als Zeitverschwendung und eine Verletzung ihrer Privatsphäre. Wir wissen, wer unser Mann ist. Es ist Ben Tierney.«
»Zurzeit wollen wir Mr Tierney lediglich befragen. Mehr nicht.«
»Sie haben seine Hütte in Gus Elmers Motel durchsucht« , sagte Burton. »Das hat mir Harris erzählt. Irgendwas haben Sie dabei entdeckt, sonst wären Sie nicht so scharf darauf, ihn zu finden. «
Begley weigerte sich, darauf einzugehen. »Wenn Sie so spielen wollen, dann meinetwegen«, sagte Burton wütend. »Dann fahre ich eben selbst hin und schaue mich um.«
»Hören Sie mir zu.« Begleys Stimme war leise, aber sie bebte bedrohlich. »Falls Sie da draußen irgendwas anfassen, falls Sie auch nur einen Fuß in diese Hütte setzen, dann werde ich persönlich dafür sorgen, dass Sie nie wieder einen Job als Gesetzeshüter finden, nicht einmal als Waldhüter. Ich bin dazu in der Lage.«
»Warum versuchen Sie nicht, auf den Berg zu gelangen und Tierney festzunehmen?«
»Weil ein eifersüchtiger Hitzkopf heute Morgen die Straße unpassierbar gemacht hat«, feuerte Begley zurück.
Burton war so aufgebracht, dass die Muskeln in seinen Augenwinkeln zuckten. »Das verfluchte FBI hat nichts Besseres zu tun, als meinen besten Freund und seine Familie wegen einer
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