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Eisnacht

Eisnacht

Titel: Eisnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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so viel Kaffee getrunken, dass ich bis Juni wach bleiben kann. Ich habe was zu trinken mitgebracht.« Er nickte zu der Flasche Jack Daniel's hin. »Gib mal deine Tasse her.«
    Dutch schob die leere Kaffeetasse über den Schreibtisch. Wes schraubte die Flasche auf, schenkte Whiskey in die Tasse und schob sie zu Dutch zurück. Er selbst nahm einen Schluck aus der Flasche. Nachdem sie beide ein paar Whiskeys gekippt hatten, betrachtete er Dutch kritisch. »Du siehst scheiße aus.«
    Das wusste Dutch selbst. Sein aufgeschürftes, zugeschwollenes Gesicht sah aus, als hätte eine Meute von wilden Hunden daran genagt. »Die Salbe, die Ritt dir mitgegeben hat, bringt gar nichts.«
    »Die Schnitte werden sich entzünden, wenn du sie nicht versorgen lässt. Soll ich dich vielleicht ins Krankenhaus fahren?«
    »Nein.«
    »Zu Ritt?«
    »Erst recht nicht.«
    »Er hat gesagt, er hätte auch was Stärkeres da, falls du was brauchen solltest.«
    Dutch schüttelte den Kopf.
    »Hast du schon was gegessen?«
    »Ab und zu eine Kleinigkeit.«
    »Dora könnte was machen…«
    »Ich bin nicht hungrig.«
    Dutch nahm an, dass Wes früher oder später verraten würde, was ihn hergeführt hatte. Bis dahin wünschte er, er würde verschwinden und ihn in Ruhe lassen. Er konnte es nicht ausstehen, bemuttert zu werden. Und ihm war nicht nach Smalltalk zumute. Er wollte lieber allein in seinem Elend baden. Wenn das paranoid und selbstzerfleischend klang, war das nicht zu ändern. Genau so fühlte er sich.
    Warum auch nicht? Er war absolut gelähmt. Alles, was er anfasste, endete in einer Katastrophe. Sein missglückter Versuch, Gal Hawkins' Laster die Bergstraße hinaufzuschaffen, würde wahrscheinlich mehrere Prozesse nach sich ziehen. Vielleicht würde Hawkins ihn sogar persönlich verklagen.
    Zusätzlich zu diesem Debakel hatte man wiederholt seine Autorität in Frage gestellt. Gegen Begleys ausdrückliche Warnung war er zur Whistler Falls Lodge hinausgefahren, war aber aufgehalten worden, bevor er Bungalow Nummer acht betreten konnte, um mit eigenen Augen zu sehen, was für Beweise gegen Tierney die FBIler wirklich hüteten.
    Er war der oberste, der ranghöchste Gesetzeshüter in dieser Gemarkung, doch Begley war aus Gus Elmers warmem Büro geplatzt, hatte sich vor ihm aufgebaut und ihm unterstellt, er würde die laufenden Ermittlungen der Bundesbehörden gefährden. Er hatte ihn behandelt, als wäre er ein Niemand. Selbst seine eigenen Männer nahmen seine Befehle inzwischen nur noch mürrisch und aufsässig entgegen. »Dutch?«
    Er schreckte aus seinen zermürbenden Gedanken und konzentrierte sich auf Wes. »Was machst du denn hier?«, fragte er grantig. »Warum bist du nicht zu Hause und kuschelst mit deiner Frau?«
    Wes schnaubte und nahm noch einen Schluck aus der Flasche. »Ich würde lieber mit dem Flaggenmast da draußen kuscheln. Der ist entschieden wärmer und kuschliger als meine Frau.«
    »Was ist denn los?«
    Er machte eine wegwerfende Geste. »PMS, Migräne, wer weiß? Wen interessiert's? Dora macht sich doch ständig wegen irgendwas ins Höschen.«
    »Wie geht's Scott? Hat er etwas von seinem Gespräch mit Begley und Wise heute Nachmittag erzählt?«
    »Wieso?«
    Wenn er Wes' aufbrausende Reaktion richtig deutete, war das Gespräch mit dem FBI ein wunder Punkt. »Nur so. Ich hab mich nur gefragt, wie es Scott danach geht.« Dutch nahm einen Schluck Whiskey und behielt Wes über den Tassenrand hinweg im Auge. »Ich hatte den Eindruck, dass Scott bei manchen Fragen mit der Antwort ein bisschen zögerlich war. Hat er gelogen?« Er griff nach einer Büroklammer, bog sie um und streckte sie Wes hin. »Oder hat er nur die Wahrheit ein bisschen zurechtgebogen?«
    »Versetz dich mal in seine Lage«, sagte Wes. »Er war von fünf Erwachsenen umringt, lauter Autoritäten, die ihn nach der Beziehung mit seiner Freundin befragen. Hättest du in seinem Alter gern über dein Sexleben geplaudert?«
    »Ich würde es nicht mal jetzt tun.«
    Wes lachte. »Siehst du?« Er faltete die Hände hinter dem Kopf, legte einen Fuß auf das andere Knie und ließ sich in den Stuhl zurücksinken, als wäre alles in bester Ordnung.
    Dutch nahm ihm die sorglose Pose nicht ab. Wes war nicht hergekommen, um Zeit totzuschlagen. Und er machte sich auch keine Sorgen, ob sich die Schnitte in Dutchs Gesicht entzünden könnten und wann er das letzte Mal gegessen hatte. Der Whisky war eine nette, freundschaftliche Geste, aber Wes war kein wirklich fürsorglicher

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