Eisnacht
griechischen Tragödie enden können. Oder zumindest in einer schmutzigen Ménage à trois. So jedoch war es, wie Wes es darstellte, eine rein körperliche Verstrickung. Einmal erklärte er, sie sei ›ständig brünftig‹.« William grinste. »Man stelle sich vor. All das spielte sich ab, während sie offiziell mit dir ging. Praktisch vor deiner Nase.«
Scotts Herz klopfte wie wild. Er produzierte solche Mengen von Speichel, dass er kaum mit dem Schlucken nachkam. Eine Hitzewelle lief durch seinen Körper und bewirkte, dass ihm der Schweiß ausbrach.
»Also würde ich dir davon abraten, Scott, je wieder in mein Heim zu kommen und mir zu drohen, du würdest mich bloßstellen. Für dich steht viel mehr auf dem Spiel als für mich.« Er legte den Kopf schief. »Weißt du, du bist genau wie Wes, obwohl du ihn offenbar nicht ausstehen kannst. Bis zu diesem Moment war mir nicht klar, wie sehr ihr euch ähnelt.
Genau wie er glaubst du, dein hübsches Gesicht und dein kräftiger Körper würden dir das Recht geben, andere einzuschüchtern. Lass dir eines gesagt sein, Junge. Es gibt verschiedene Arten von Macht, und die effektivste ist es, Dinge über seine Mitmenschen zu wissen, die sie lieber für sich behalten würden.
Beispielsweise glaube ich nicht, dass es dir oder Wes gefallen würde, wenn ich diesen FBI-Agenten, die heute zufällig bei euch zu Hause waren, erzähle, dass er zur gleichen Zeit wie du deine Freundin gefickt hat.
Vielleicht würden sie daraus schließen, dass diese unappetitliche Situation böses Blut unter den Beteiligten erzeugt hat. Vielleicht glauben sie sogar - was der Himmel verhüten möge -, dass eine so primitive Rivalität zwischen Vater und Sohn zu allem möglichen Unglück führen könnte, wozu unter anderem gehört, dass man die Ursache des Problems loszuwerden versucht, was in diesem Fall Millicent wäre.«
»O Gott«, stöhnte Scott. Seine Stiefelspitze verfing sich im Teppich, als er sich umdrehte, und brachte ihn auf seiner Flucht zur Haustür ins Straucheln. In seiner Hast, den Türknauf aufzudrehen, rutschte er erst ab, dann stürzte er durch die offene Tür, ohne sie hinter sich ins Schloss zu ziehen. Die eisige Luft schlug ihm ins Gesicht, aber sie war nicht kalt genug, um seine Übelkeit zu vertreiben. Mit Mühe schaffte er es bis zu der Hecke, die das Grundstück der Ritts vom Nachbarhaus trennte, bevor er sich übergab.
Die Krämpfe schüttelten ihn und zwangen ihn im Schnee auf die Knie, bis ihm der Kopf zwischen den Schultern hing. Auch nachdem sein Magen leer war, würgte er unter Schmerzen weiter.
Schließlich ließen die Krämpfe nach. Er schaufelte sich eine Hand voll Schnee in den Mund, ließ ihn schmelzen und spuckte ihn wieder aus. Dann rieb er sich eine weitere Hand voll über sein fieberheißes Gesicht. Der Schweiß ließ ihn frösteln. Er schlotterte unter Krämpfen und biss die Zähne zusammen, damit sie nicht so laut klapperten. »Scott?«
Er hob den Kopf und sah in die Richtung, aus der die Stimme kam. Marilee Ritt stand in stiller Spannung auf der hinteren Veranda und wollte schon die schneebedeckten Stufen heruntereilen.
»Geh ins Haus!«, rief er ihr zu. »Du bist krank!«
Seine Beine fühlten sich an wie aus Gummi, doch er stand mühsam auf. Inzwischen hatte sie die unterste Stufe erreicht. »Geh wieder ins Haus.« Seine Stimme klang heiser und panisch. Den Rücken ihr zugewandt, schlug er sich durch die dichte Hecke und diagonal über den Vorgarten des Nachbarhauses, durch den tiefen Schnee taumelnd und blindlings auf den Instinkt reagierend, der ihn jetzt leitete - zu flüchten.
»Hey.«
Dutch, der in seinem Schreibtischsessel gedöst hatte, riss die Füße von der Schreibtischplatte und stand automatisch auf.
Das Schlimmste annehmend, fragte er: »Was ist jetzt schon wieder?«
Wes winkte ihn in den Sessel zurück. »Nichts. Soweit ich weiß.« Er zog eine Flasche Whiskey aus der Manteltasche und stellte sie auf Dutchs Schreibtisch ab, bevor er seinen klammen Mantel auszog und die Sachen an den Wandhaken neben der Tür hängte. Dann pustete er in seine Hände, um sie zu wärmen, und ließ sich Dutch gegenüber vor dem Schreibtisch nieder.
»Es hat aufgehört zu schneien«, sagte er. »Aber mit dem Wind fühlt es sich immer noch an wie zwanzig Grad unter null. Sie sagen, dass es noch kälter wird, wenn der Himmel aufklart. Heute Nacht stehen uns Rekordtemperaturen ins Haus.«
»Willst du Kaffee?«, fragte Dutch.
»Nein danke. Ich habe heute
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